Keine Lust auf Kamala
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BLICK auf die USA: US-Korrespondent Nicola Imfeld über Joe Bidens Vize-Kandidatin und die Reaktionen in Kalifornien
Keine Lust auf Kamala Harris

Jede Woche schreibt USA-Korrespondent Nicola Imfeld in seiner Kolumne über ein Thema, das jenseits des Atlantiks für Aufsehen sorgt. Heute geht es um Joe Bidens Vize-Kandidatin Kamala Harris.
Publiziert: 14.08.2020 um 01:21 Uhr
|
Aktualisiert: 26.09.2020 um 23:26 Uhr
Nicola Imfeld aus San Diego (USA)

Kamala Harris (55) ist die Frau der Stunde. Und sie ist dieser Zeitung seit Jahren ganz nahe, zumindest geografisch. Ihr Büro in San Diego liegt nur wenige Stockwerke über jenem der BLICK-Aussenstelle in den USA. Die Mitarbeiter von Kamala erscheinen auch gerne bei den Partys des gemeinsamen Bürovermieters. Sie sind voll des Lobes für ihre Chefin: Zielgerichtet und nett soll sie sein, die Vize-Kandidatin von Joe Biden (77).

Der demokratische Präsidentschaftskandidat hat die Afroamerikanerin mit indischen Wurzeln diese Woche zu seinem «running mate» gekürt. Dass sie gemeinsame Sache machen, überrascht nicht. Biden hält viel von Harris. Diese Bewunderung hat auch nicht unter den Seitenhieben von Kamala gelitten, als sich beide bei den Parteivorwahlen um die Nominierung bemüht haben.

Kurz nachdem Harris im Dezember 2019 ihre Kandidatur mangels Zuspruch für beendet erklärte, wurde Biden von Journalisten um eine Stellungnahme gebeten. Dieser war sichtlich überrascht und enttäuscht, wie ein Video von damals zeigt.

Nicola Imfeld, USA-Korrespondent der Blick-Gruppe.
Foto: Zvg
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Warum linke Kalifornier Harris nicht mögen

Mit Kamala Harris als Partnerin will sich Biden die Stimme der Afroamerikaner sichern, die traditionell eine bedeutende Wählergruppe für die Demokraten sind. Doch Kamala wäre nicht nur die erste schwarze (und weibliche) Vizepräsidentin der USA. Die Juristin, die im kalifornischen Oakland aufgewachsen ist, hat in ihrer Karriere immer wieder scheinbar Unmögliches möglich gemacht: 2007 wurde sie als erste Afroamerikanerin Bezirksstaatsanwältin in San Francisco. Drei Jahre später stieg sie als erste Frau überhaupt zur Staatsanwältin von Kalifornien auf. Und im Jahr 2016 schaffte sie den Sprung nach Washington in den US-Senat, als erste Person mit indischen Wurzeln.

Kein Wunder kommt Kamala Harris, die die linke Identitätspolitik wie kaum eine andere verkörpert, bei den demokratischen Wählern in den USA gut an. Erste Umfragen deuten daraufhin, dass Biden mit seinem «running mate» den Vorsprung auf Donald Trump (74) weiter ausbauen konnte. Aber ausgerechnet in Kamalas Bundesstaat Kalifornien bleibt die Euphorie grösstenteils aus. Die «Los Angeles Times» hat diese Woche alte Wegbegleiter, progressive Organisationen und demokratische Wähler befragt. Resultat: Die Kalifornier sind gespalten.

Vor allem der aufstrebende junge linke Flügel der Partei ist von Harris alles andere als begeistert. In Kalifornien erinnert man sich an ihre Zeit als Bezirks- und Staatsanwältin zurück, als sie sich mit der Zahl steigender Verurteilungen und Anklagen rühmte. Oft seien davon ärmliche und afroamerikanische Nachbarschaften betroffen gewesen, behaupten Kritiker. Harris war es auch, die 2014 die Abschaffung der Todesstrafe verhinderte. Hinzu kommt ihre Nähe zu den reichen Konzernen im Silicon Valley. Harris pflegt seit Jahren enge Beziehungen zur Tech-Elite in San Francisco – sehr zum Ärger der Linken.

Wichtigste Vizepräsidentin der Geschichte

Harris wäre die wohl wichtigste Vizepräsidentin in der Geschichte. Denn Biden hat sein Umfeld bereits wissen lassen, dass er kaum für eine zweite Amtszeit zur Verfügung stehen wird. Kein Wunder, wäre er zu diesem Zeitpunkt auch schon 82 Jahre alt. Das würde Harris in die Pole-Position fürs Weisse Haus bringen.

Ob sie das Zeug zur Präsidentin hat, kann Kamala jetzt im Wahlkampf beweisen. Als Senatorin hat sie bislang überzeugt. Harris, die in vier Ausschüssen sitzt, ist bekannt für ihre harten und gut durchdachten Fragestellungen. So erhielt sie viel Zuspruch für ihre Rolle bei den Senatsanhörungen des heutigen Justizministers William Barr (70) oder des Supreme-Court Richters Brett Kavanaugh (55).

«Kamala hat uns mit Füssen getreten»

Vielleicht kann sie in den kommenden Monaten auch die Zweifel in Kalifornien zerstreuen. Bei Terrence, einem 38-jährigen Afroamerikaner aus Harris' Geburtsort Oakland, muss sie allerdings viel Überzeugungsarbeit leisten. Der Unternehmer ist politisch sehr interessiert, hat bislang ausnahmslos für die Demokraten gestimmt. Doch Harris gibt er die Note F (in der Schweiz: Note 1). Seine Begründung:

«Trumps Äusserungen sind verletzend und manchmal rassistisch. Kamalas Worte sind nett. Aber ich bewerte Politiker nach ihren Taten. Und das sieht so aus: Trump kümmert sich nur um sich selbst. Wir Schwarzen interessieren ihn nicht. Kamala Harris hat uns als Staatsanwältin mit Füssen getreten. Und Joe Biden hat die Afroamerikaner mit seiner Politik immer wieder verraten. Warum sollte es jetzt anders werden? Ich kann dieses Jahr keinem der Kandidaten meine Stimme geben.»

US-Wahlen 2020

Am 3. November 2020 fanden in den USA die Präsidentschaftswahlen statt. Der amtierende Präsident Donald Trump konnte sein Amt nicht verteidigen. Herausforderer Joe Biden hat die Wahl für sich entschieden.

Alle aktuellen Entwicklungen zu den Wahlen und Kandidaten gibt es immer im Newsticker, und alle Artikel zum Thema finden Sie hier auf der US-Wahlen-Seite.

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