Gopfried Stutz
Trump wäre gut für die Aktien – sagt man

Auf Vorhersagen über den Ausgang von Präsidentschaftswahlen oder auf Analysen, wie die Märkte darauf reagieren werden, ist wenig Verlass.
Publiziert: 28.12.2019 um 23:20 Uhr
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Aktualisiert: 28.12.2019 um 23:22 Uhr
Claude Chatelain, Publizist und Wirtschaftsjournalist.
Claude Chatelain

Legt man für Donald Trump ein gutes Wort ein, macht man sich hierzulande wenige Freunde. Dennoch gibt es auch diesseits des Atlantiks durchaus Individuen und Institutionen, die auf eine Wiederwahl des fleissigen Twitterers hoffen: Banken, Versicherungen, Finanzchefs Investoren und andere Anlegerinnen und Anleger. Trump, so die gängige Meinung, ist gut für die Aktien.

Was aber, sollte ein Mitglied der Demokraten die Wahl gewinnen? «Es kommt darauf an, wer dieser Demokrat sein wird», sagte kürzlich der CS-Mann Michael Strobaek an einem Medienfrühstück. Düster sieht er die Aussichten, sollte Elizabeth Warren das Rennen machen. Die Senatorin aus Massachusetts will die Ölförderung via Fracking einschränken, die Steuern für Reiche erhöhen und Medicare für alle einführen. Alles Massnahmen, die die Wirtschaft stark belasten würden und für Aktienmärkte laut Strobaek verheerende Folgen hätten.

Doch wie war das im November 2016, als Donald Trump in der Präsidentschaftswahl seine Konkurrentin Hillary Clinton bodigte, was Monate zuvor kaum jemand für möglich gehalten hatte?

Nur Tage vor der Wahl prophezeite Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman, ein Wahlsieg des unerträglichen Immobilienmoguls würde einen Börsencrash auslösen. Auch die St. Galler Kantonalbank schrieb in einem Kommentar, die Reaktion an den Märkten werde heftig sein, sollte Trump die Wahl gewinnen. Und Willem Buiter, immerhin Chefökonom der mächtigen Citigroup, erklärte: «Ein US-Präsident Donald Trump wäre nicht gut für die Weltwirtschaft.»

Die Prophezeiung des Princeton-Professors und Nobelpreisträgers Paul Krugman veranlasste Harvard-Professor Kenneth Rogoff zum trockenen Kommentar: «Anlegerinnen und Anleger, die sich auf Krugmans Einschätzung verliessen, haben viel Geld verloren.» Denn statt zu fallen, wie vorhergesagt, stiegen die Aktien nach Trumps Wahlsieg.

So oder so: Ich gebe nicht viel auf solche Prophezeiungen. Anfang der Neunzigerjahre lebte ich als USA-Korrespondent in New York. Ich erinnere mich, als wäre es gestern gewesen: Anfang 1992 ritt George Bush, der Vater von George W., auf einer Sympathiewelle. Geschuldet unter anderem dem als heroisch eingestuften Blitzkrieg in Kuwait. Wer sollte ihn herausfordern? All die demokratischen Schwergewichte wie Mario Cuomo oder Al Gore winkten ab. Sie wollten sich nicht blamieren.

Und da kam ein Nobody aus Arkansas, den niemand ernst nehmen wollte. Was danach geschah, ist bekannt: Bill Clinton wurde Präsident; der amtierende Präsident George Bush musste nach vier Jahren das Weisse Haus verlassen.

Was lernt man daraus? Man kann sehr wohl Prognosen machen, wenn man dies als Spielerei betrachtet. Doch auf Vorhersagen über den Ausgang von Präsidentschaftswahlen oder auf Analysen, wie die Märkte darauf reagieren werden, ist wenig Verlass.

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