Gopfried Stutz über das Bonusprogramm von Postfinance
Hin und Her macht Taschen leer

Postfinance verleitet Kunden zum Kauf und Verkauf von Aktien, obschon sich das in der Regel nicht lohnt.
Publiziert: 05.08.2019 um 22:56 Uhr
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Aktualisiert: 17.04.2021 um 17:38 Uhr
Claude Chatelain

Hin und Her macht Taschen leer. Kaum eine Börsenweisheit ist so unbestritten wie diese. Bei jedem Kauf und Verkauf von Wertpapieren fallen Kosten an. Ins Gewicht fällt vor allem die Courtage. Das ist die Vermittlungsprovision, welche Banken für die Durchführung der Börsentransaktion in Rechnung stellen.

Von einem Berater dürfte man also erwarten, dass er vom ständigen Hin und Her abrät, weil in den meisten Fällen die Rechnung nicht aufgeht, wenn man mit Kursschwankungen Geld verdienen will.

Postfinance macht hier als Berater eine schlechte Falle. Sie will nicht beraten, sie will verkaufen. Deshalb hat sie ein Bonusprogramm etabliert, mit dem der Anleger (oder vielmehr der Spekulant?) ab einer Anzahl von Transaktionen einen Rabatt auf den Courtageumsatz erhält.

Claude Chatelain, Kolumnist SonntagsBlick und Publizist.
Foto: Paul Seewer

So hat ein Kunde von Postfinance kürzlich Post erhalten. Nach ein paar Worten des Dankes, dass er Börsengeschäfte elektronisch über E-Trading abwickle, machte man ihn darauf aufmerksam, dass er im ersten Halbjahr des laufenden Jahres sechs Trades getätigt habe.

«Haben Sie gewusst, wie Sie von unserem günstigen Preismodell mit Bonusprogramm profitieren können?», schreibt Postfinance. Ab dem 10. Trade profitieren Kunden von zehn Prozent Rückvergütung auf den Courtageumsatz, ab dem 20. Trade von 20 Prozent.

Nun muss man wissen, dass die Kommission bei Postfinance im Vergleich zu anderen eher tief ist. Für den Kauf oder Verkauf eines Aktienpakets unter 5000 Franken beträgt sie 25 Franken. Tätige ich also 10 Trades à 25 Franken, kostet mich das 250 Franken, zehn Prozent davon sind 25 Franken, die ich als Rabatt rückvergütet erhielte.

Angenommen, ich verkaufe 50 Stück meiner Aktie X zu einem Kurs von 99 Franken in der Hoffnung, dass der Kurs bald fallen wird. Auf dem Wert des Aktienpakets von 4950 Franken wird Postfinance eine Kommission von 25 Franken plus ein paar Franken für die Stempelsteuer und Börsengebühren in Abzug bringen – insgesamt also rund 30 Franken.

Um dieselbe Aktie ohne Verlust wieder kaufen zu können, müsste der Kurs auf 97.80 Franken fallen. Dann hätte man die zweimal 30 Franken, die je beim Verkauf und Kauf des Aktienpakets für Courtage und Gebühren draufgehen, ausgeglichen. Das entspricht einem Kursverlust von 1,12 Prozent. Kauft man die erst ab einem Kurs von 96.80 Franken, resultiert sogar ein kleiner Börsengewinn von 50 Franken, steuerfrei.

Kursveränderungen von 1,2 Prozent sind im Aktiengeschäft wirklich keine Seltenheit. Nur haben wir eben keine Garantie, dass sich der Kurs in diese Richtung entwickelt, in der man es gerne hätte, dass also die Aktie derart fallen und nicht in höhere Gefilde steigen wird. Häufig kaufen Anleger die Aktie später wieder zu einem höheren Kurs. Das macht nun definitiv wenig Sinn.

Wie sagte doch Finanzprofessor Erwin Heri in seinen «Acht Geboten der Geldanlage»: Es spreche nichts dagegen, mit einem Teil des Vermögens zu «börsele». Auch die Spiellust soll befriedigt werden. Ganz meine Meinung. Dies aber wegen des Kicks, nicht wegen ein paar Franken Courtage, die einem rückvergütet werden.

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