Gopfried Stutz!
Vincenz hat Raiffeisen zu gross gemacht

Raiffeisen wurde unter Pierin Vincenz nicht nur «big», sondern auch «too big to fail»
Publiziert: 09.04.2018 um 14:16 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 23:00 Uhr
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Claude ChatelainKolumnist und Wirtschafts-Publizist

Viel war in letzter Zeit von den dubiosen Machenschaften des früheren Raiffeisenbosses Pierin Vincenz zu lesen. Es wurde aber auch wiederholt betont, wie er – um es in den Worten der «Bilanz» zu formulieren –aus «dem verschlafenen Genossenschaftsverbund die drittgrösste Bankengruppe des Landes formte». Auch Finanzprofessor Martin Janssen rühmte den monetär getriebenen Bündner im Schweizer Fernsehen: «Vincenz hat einen sehr guten Job gemacht.»

Genossenschafterinnen und Genossenschafter werden dem Professor beipflichten: Bis vor vier Jahren standen sie in der Pflicht, Nachschüsse bis 8000 Franken zu leisten, sollte das Genossenschaftskapital nicht mehr gedeckt sein. Ein grosser Teil der Genossenschafter dürfte sich dessen gar nicht bewusst gewesen sein. Oder sie hielten den Kollaps des Raiffeisennetzes für ein Ding der Unmöglichkeit. Neukunden wurden zum Kauf von Genossenschaftsscheinen ermuntert, ohne dass sie auf ihr persönliches Risiko in diesem Fall aufmerksam gemacht wurden.

Als diese verdeckte Haftung in den Medien mehr und mehr thematisiert wurde, schaffte Vincenz die Vorschrift kurzerhand ab. Zeitgleich wurde die Raiffeisengruppe immer grösser und grösser und stiess mit der zweifelhaften Akquisition der Privatbank Notenstein zunehmend ins Vermögensverwaltungsgeschäft vor. Gross heisst auf Englisch «big». So wurde die Raiffeisengruppe nicht nur «big», sondern vor allem «too big to fail». Systemrelevant, nennt sich das. Zu gross, als dass deren Insolvenz von uns Steuerzahlern hingenommen werden könnte. Und da die Haftung der Genossenschafter abgeschafft wurde, zahlen bei ­einem Zusammenbruch nur noch wir Steuerzahler.

Das starke Wachstum von Raiffeisen ist das Verdienst von Pierin Vincenz, der eben, wie wir gehört haben, einen sehr guten Job gemacht hat. Das Wachstum war zweifellos auch gut für sein Portemonnaie – und womöglich auch gut fürs Portemonnaie seiner Kumpane.

War es auch gut für die Schweiz? Mir wäre wohler, wenn wir eine Wettbewerbssituation hätten, in der die Banken gar nie so gross und mächtig und somit gar nicht systemrelevant werden können.

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