Kolumne «Alles wird gut» über Freundschaft und Einsamkeit
Ein Zukunftsprojekt für das Silicon Valley

Statt sich dem Weltall und dem ewigen Leben zuzuwenden, sollten die Tech-Milliardäre ihr Vermögen in den Kampf gegen die Einsamkeit investieren. Dann würden auch sie selbst glücklicher.
Publiziert: 15.11.2021 um 11:09 Uhr
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Ursula von ArxJournalistin und Buchautorin

Unsterblichkeit und Überfluss waren lange die grossen Träume der Menschheit. Die Bewohner der Insel der Seligen lagen auf blumigen Wiesen und tranken unablässig Nektar, kein Mangel, kein Leiden, kein Alter störte ihr Glück.

Der technische Fortschritt hat dem Überfluss das Utopische genommen. Darum wenden sich mit Überfluss bereits überladene Menschen wie Amazon-Gründer Jeff Bezos, der Investor Peter Thiel oder die Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin jetzt dem ewigen Leben zu. Sie investieren im grossen Stil in Unternehmen wie Calico oder Altos Labs, die versuchen, den Alterungsprozess zu stoppen.

Länger leben – aber wo?

Aber blöd: Je älter diese Leute werden, desto gezählter sind die Tage der Erde als bewohnbarer Planet.

Multimilliardäre wie Elon Musk …
Foto: keystone-sda.ch
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Mit ihrem verschwenderischen Lebensstil, ihren SUVs, Privatjets und tausendzimmerigen Villen werden die ein Prozent reichsten Menschen der Welt im Jahr 2030 97-mal mehr CO2 ausstossen, als das Klima verträgt, schätzt eine Oxfam-Studie. Für einen einzigen Weltraumflug verpusten Milliardäre wie Bezos oder Elon Musk mehr Emissionen, als ein Armer in einem ganzen Leben verbrauchen würde. Schon heute sind die reichsten zehn Prozent für fast die Hälfte des Energieverbrauchs im Verkehr über Land und für drei Viertel im Flugverkehr verantwortlich. Der Ausstoss der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung hingegen ist klimaverträglich.

Mitleid mit den Superreichen

Soll man die Superreichen deswegen als Dreckschleudern ächten? Ihren Egoismus anprangern?

Vielleicht sollte man sie auch dafür bemitleiden, dass sie nicht anders können, als ihren Überfluss in Fluchtträume Richtung Weltall und Ewigkeit zu investieren. Denn glücklicher werden sie so kaum.

Die Glücksforschung weiss: Sind die Grundbedürfnisse abgedeckt, zählt vor allem eins: gute Beziehungen.

Wer Freunde hat, lebt länger

Wer Freunde hat, lebt nicht nur glücklicher, sondern auch länger. Gute Freunde sind verlässlichere Indikatoren für ein langes Leben als Geld, Gene oder Status. Aber allein in der Schweiz fühlt sich von den über 75-Jährigen jeder Dritte manchmal oder häufig einsam.

Ein Leben ohne Einsamkeit für alle – das wäre ein zukunftsweisendes Projekt für die Leute aus dem Silicon Valley. Und nein, Apps wie Facebook oder Twitter tun das nicht, im Gegenteil. Sie fördern eher Hass und Vereinzelung. Alles wird gut.

Ursula von Arx hält es für schwierig, Geld sinnvoll auszugeben. Und für extrem schwierig, extrem viel Geld sinnvoll auszugeben. Von Arx schreibt jeden zweiten Montag im Blick.

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