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Kolumne von Stefan Meierhans
Bei den Prämien könnten wir 20 Prozent einsparen

Schnappen Sie auch noch nach Luft, nachdem die neuen Prämien verkündet wurden? «Schlimmer geht immer», scheint das Motto zu sein. Auch der Letzte muss nun begreifen: Ohne ernsthafte Massnahmen wirds nicht besser.
Publiziert: 26.09.2024 um 16:35 Uhr
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Aktualisiert: 26.09.2024 um 17:04 Uhr

Kurz zusammengefasst

  • Wir könnten 20 Prozent bei der Krankenversicherung sparen
  • Gesetzliche Regelungen treiben die Kosten in die Höhe
  • Die Schweiz hat 250 Spitäler – viel mehr als nötig
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Wieder steigen die Prämien. Preisüberwacher Stefan Meierhans erklärt, wie sie um bis zu 20 Prozent gesenkt werden könnten.
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Stefan MeierhansPreisüberwacher

Ganze 20 Prozent – so viel könnten wir jedes Jahr bei der Krankenversicherung einsparen, ohne dass unsere Gesundheit leiden würde. Doch wir tun es nicht – im Gegenteil, die Kosten explodieren weiter. Bezüglich der Gründe, wird gern auf das Älterwerden der Gesellschaft verwiesen und natürlich auf den medizinischen Fortschritt, der natürlich auch teuer sei.

Das sind die beiden Punkte, die man ja gar nicht ändern will und die sich hervorragend eignen, um alles abzuwinken.

Die zahlreichen anderen Gründe werden hingegen gern übergangen, denn irgendwer hat immer ein Interesse, dass sich hier nichts ändert. Dabei reden wir von vielen Millionen, wenn nicht gar Milliarden. Hier eine Auswahl der Sparmöglichkeiten, die am meisten einschenken:

Die kleine Schweiz leistet sich 250 Spitäler. Gemäss Experten würden auch viel weniger reichen. 250 scheinen aber noch nicht zu genug zu sein – es werden immer noch neue Spitäler gebaut und investiert, dass es «tätscht». Auch, wenn es viele Leute sehr angenehm finden, dass das nächste Spital gerade um die Ecke liegt: der Gesundheit ist es nicht immer zuträglich. Denn wenn Spitäler wenig Routine haben, weil sie Manches viel zu selten machen, dann ist das nicht qualitätsfördernd. Vom Fachkräftemangel und anderem will ich gar nicht erst anfangen.

Auch die gesetzlich verankerte Regel, dass wir medizinische Leistungen, Medikamente und Hilfsmittel nur im Inland beziehen dürfen, damit sie von der Krankenkasse vergütet werden, treibt die Kosten so richtig hoch und ist gleichzeitig der beste Schutzschild für das Beibehalten eines «Schweiz-Zuschlags» bei Gesundheitsprodukten, die hier verkauft werden.

Dann das leidige Thema der Fehlanreize. Davon gibt es leider viele. Gemäss dem ambulanten Arzttarif zum Beispiel, wird quasi jeder Handgriff einzeln vergütet. Was aus Sicht der niedergelassenen Praxis, die gleichzeitig auch ein Unternehmen ist, Sinn macht. Leider ist das aber nicht deckungsgleich mit unseren Interessen und unserem Geldbeutel.

Niemand will dem medizinischen Fortschritt an den Kragen. Auch dass wir älter werden, ist wunderbar, und wir wollen und können uns das leisten.

Aber wir haben nicht das Geld, alle Exponenten der Gesundheitsindustrie zu vergolden. Deshalb müssen wir nun endlich die längst bekannten Massnahmen nicht nur diskutieren, sondern auch umsetzen. Mit «wir» ist vor allem die Politik gemeint: Denn für die Massnahmen, die einschenken, braucht es Gesetzesänderungen – und über die kann in unserem Lande nur Regierung und Parlament entscheiden.

Konkret: Mehr Effizienz, sprich weniger oder fokussiertere Spitäler, mehr ambulante Behandlungen, mehr Pauschalen statt Einzelleistungsvergütung, falsche Anreize aus dem System putzen und eine verbindliche Zielgrösse für das Kostenwachstum schaffen. Wenn wir dann noch den Fokus auf die Heilung statt auf Behandlung und Untersuchung legen, dann wären wir ein grosses Stück weiter. Anybody out there?

Die Politik ist am Zug und braucht jetzt auch etwas Standfestigkeit – denn der Gesundheitsindustrie liebgeworden Pfründe zu entreissen, dürfte in etwa so angenehm werden wie ein Besuch in Dantes Höllenkreisen.

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