Kolumne von Stefan Meierhans
Zwischen Einsparungen und Preiserhöhungen

Seit diesem Juli gelten neue Regeln für die Vertriebskosten rezeptpflichtiger Medikamente. Das Ziel: Fehlanreize bei der Abgabe zu reduzieren und Kosten für die obligatorische Krankenpflegeversicherung zu senken.
Publiziert: 22.07.2024 um 15:46 Uhr
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Stefan MeierhansPreisüberwacher

Die Reform betrifft hauptsächlich verschreibungspflichtige Medikamente. Es geht dabei um den Vertriebsanteil des Preises, der die Logistikkosten etwa für die Apotheken abdecken soll.

Der Vertriebsanteil besteht aus zwei Teilen: aus einem Prozentzuschlag auf dem Grundpreis (Fabrikabgabepreis) der Medis und einem sogenannten Packungszuschlag, der nach dem Grundpreis abgestuft aufgeschlagen wird.

Der Grundpreis und der Vertriebsanteil ergeben den Gesamtpreis eines Medikaments (exklusive Mehrwertsteuer). Der Vertriebsanteil betrug bisher in den meisten Fällen 7 bis 12 Prozent des Grundpreises plus noch 4 bis 240 Franken pro Packung. Er ist also kein unwesentlicher Kostenblock.

Seit Juli gelten neue Regeln für die Vertriebskosten verschreibungspflichtiger Medikamente. Für Kranke mit hohen Franchisen kann die Reform Nachteile haben.
Foto: Keystone

Für beide Teile des Vertriebsanteils galt: je höher der Preis, desto höher der Zuschlag. In anderen Worten: Apotheken verdienten viel mehr mit teuren Medis als mit günstigen. In so einem Setting ist es wenig erstaunlich, dass es beispielsweise die preisgünstigeren Generikamedikamente weniger als erhofft über den Apotheken-Tresen schafften.

Was hat sich nun verändert? Die Prozentsätze auf den Grundpreis wurden reduziert und damit deren Preisabhängigkeit. Neu gibt es statt sechs gestaffelter Packungszuschläge nur noch drei. Ausserdem sind die Vertriebsanteile für wirkstoffgleiche Medis vereinheitlicht worden. Das bedeutet, dass teure Originalpräparate den gleichen Vertriebsanteil erhalten wie preiswertere Generika mit gleicher Wirkung.

Der Wermutstropfen besteht darin, dass die günstigsten Medikamente nun einen höheren Zuschlag haben als früher. Doch insgesamt werden knapp zwei Drittel der Medikamente günstiger und lediglich ein Drittel teurer.

Zwei Beispiele: Ein im Preis gestiegenes Medikament ist das schmerz- und fiebersenkende Novalgin. Vor der Reform kostete es 5.55 Franken, neu sind es 10.60 Franken.

Günstiger wird hingegen der Cholesterinsenker Crestor. Statt wie bisher 35.85 Franken, kostet er nun noch 27 Franken.

Was bedeutet das Ganze nun für die einzelnen Patientinnen und Patienten und was heisst es für die Krankenkassen-Prämien?

Für Kranke mit hohen Franchisen kann die Reform Nachteile haben. Da viele Menschen infolge der stetig steigenden Prämien höhere Franchisen wählen, dürfte die Zahl der Betroffenen nicht unerheblich sein.

Positiv ist, dass mit den Massnahmen der Fehlanreiz, möglichst teure Medikamente abzugeben, deutlich reduziert werden sollte. Das Bundesamt für Gesundheit rechnet, dass die Reform insgesamt zu Kosteneinsparungen in Höhe von rund 60 Millionen Franken führt.

Meine Freude über diese Reform ist jedoch getrübt: Die Bemühung, Fehlanreize zu beseitigen, ist erkennbar und ich würdige sie. Der gefundene Kompromiss ist jedoch leider recht unausgewogen und schöpft das immense Einsparungspotential nur unzureichend aus – es wäre eine Sparwirkung im Umfang eines mittleren dreistelligen Millionenbetrags drin gelegen.

Ich hoffe, dass die weiteren anstehenden Massnahmen wie etwa die Senkung der Generika-Preise mit mehr Mut angegangen werden.

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