Professor Hengartner erklärt
So funktionieren die Züge der Zukunft

Michael Hengartner ist Präsident des ETH-Rats – und damit so etwas wie der Chef-Forscher der Schweiz. In seiner Kolumne erklärt er Wissenswertes aus der Wissenschaft. Diese Woche: Wie Hyperloops unsere Mobilität verändern könnten.
Publiziert: 06.09.2021 um 11:29 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2021 um 13:56 Uhr
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Michael HengartnerPräsident des ETH-Rats

Vor ziemlich genau 100 Jahren hat die holländische Fluggesellschaft KLM ihren Piloten verboten, Eisenbahnlinien entlangzufliegen. Der Grund: Man fürchtete, dass die Passagiere sehen könnten, wie sie von den Expresszügen überholt wurden. Seither hat sich viel getan, die Flieger haben die Züge tempomässig abgehängt – aber das kann sich durchaus wieder ändern!

Das Zauberwort heisst Hyperloops. Das sind Züge mit zwei wichtigen Änderungen: Erstens fahren sie nicht auf Rädern, sondern schweben auf Magnetbahnen. Und zweitens bewegen sie sich durch Vakuumröhren. So erreichen sie Geschwindigkeiten von bis zu 1200 km/h. Zum Vergleich: Ein Verkehrsflugzeug fliegt mit rund 900 km/h.

Noch kann man nirgendwo mit diesen Superzügen reisen. Forscherteams weltweit arbeiten aber gerade intensiv daran, die Idee Realität werden zu lassen – auch in der Schweiz. An der ETH Zürich gibt es das Projekt Swissloop, das von ETH-Studierenden auf dem Gelände des zukünftigen Innovationsparks in Dübendorf betrieben wird. Seit vier Jahren wird hier getüftelt, getestet und perfektioniert. Dabei gibt es eine Vielzahl von Fragen zu klären. Wie baut man das ideale Chassis? Wie soll der Schwebeantrieb genau funktionieren – und wie die Bremsen? Und wie konstruiert man einen Hyperloop so, dass er am Ende auch wirklich wirtschaftlich betrieben werden kann?

Hyperloops könnten künftig auf Strecken zwischen 400 und 1500 Kilometern eine überzeugende Alternative zum Fliegen anbieten.
Foto: Screenshot

Der neuste Prototyp trägt den Namen Simon Ammann (frühere waren unter anderem nach Mujinga Kambundji, Claude Nicollier oder Simona de Silvestro benannt). Und dieser Prototyp hat diesen Sommer am Treffen der europäischen Hyperloop-Forschenden in Valencia so richtig abgeräumt. In vier von sechs Kategorien landete das Schweizer Team auf dem ersten Platz!

Aber auch an der EPFL in Lausanne gibt es ein vielversprechendes Projekt: EPFLoop hat gerade kürzlich eine eigene Teststrecke in Ecublens gebaut, auf der die neusten Entwicklungen erprobt und weiter verbessert werden können. Beide Projekte arbeiten übrigens eng mit Partnern aus der Industrie zusammen.

Noch stecken die Superzüge in den Kinderschuhen. In Zukunft könnten Hyperloops aber gerade als Ersatz für die ökologisch fragwürdigen Kurzstreckenflüge interessant werden. Denn pro Passagier muss im Hyperloop weniger als ein Zehntel der Energie aufgewendet werden, die ein Flugzeugpassagier verbraucht. Und klimaschädliches Kerosin muss dafür auch keines verbrannt werden.

Für einen Städtetrip nach Paris macht es dank TGV bereits heute kaum Sinn mehr, mit dem Flugzeug zu reisen. Dank Hyperloops könnte das Fliegen aber beispielsweise auch auf Strecken nach Spanien, England oder Berlin uninteressant werden. Experten rechnen damit, dass Hyperloops gerade für Distanzen zwischen 400 und 1500 Kilometern eine überzeugende Alternative zum Fliegen anbieten können.

Wer weiss, vielleicht sagen die Fluggesellschaften ihren Piloten schon in nicht allzu ferner Zukunft, sie sollen aufpassen, dass ihre Passagiere keine Hyperloop-Röhren sehen!

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