Sie fragen, EPFL-Chef Martin Vetterli antwortet
Kann sich das Coronavirus mit der Vogelgrippe mischen?

Alle zwei Wochen stellen die ETH-Präsidenten sich den Fragen der Leserinnen und Leser rund um die Wissenschaft. Heute ist Martin Vetterli, Präsident der EPFL in Lausanne und Professor für Informatik, dran. Er beantwortet zwei Fragen zu Corona.
Publiziert: 26.01.2022 um 06:00 Uhr
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Aktualisiert: 18.02.2022 um 10:51 Uhr
Martin Vetterli

Ist es möglich, dass sich das Coronavirus mit dem Vogelgrippevirus mischt? Wenn ja, wie gefährlich wäre das? Mirjam Saladin

Martin Vetterli: Nein, das ist nicht möglich. Die beiden Viren gehören zwar beide zur Gruppe der RNA-Viren, welche die Atemwege befallen. Ihre RNA ist aber so unterschiedlich strukturiert, dass sie sich nicht mischen lässt.

Dahingegen kommt es regelmässig vor, dass zwei unterschiedliche Atemwegsviren, wie zum Beispiel das Covid-19-Virus und das Grippevirus, eine Person gleichzeitig befallen. Man spricht dann von einer Koinfektion. Wie sich das im Detail auf den Krankheitsverlauf auswirkt, ist noch zu wenig bekannt. Es scheint aber nicht so, dass die Person doppelt so krank wird.

Martin Vetterli über die schnelle Entwicklung des Covid-Impfstoffs – und ob sich die Vogelgrippe mit dem Coronavirus mischen kann.
Foto: keystone-sda.ch

Mit bestem Dank an Jacques Fellay, Professor an der Fakultät für Biowissenschaften an der EPFL, für seinen wertvollen Input!

Wieso wurde der Impfstoff von Moderna und Biontech so schnell entwickelt und zugelassen? Beat Zingg

Martin Vetterli: Die Entwicklung und Zulassung der beiden mRNA-basierten Covid-19-Impfstoffe in weniger als einem Jahr ist in der Tat eine unglaubliche Leistung. Nie zuvor wurde ein Impfstoff derart schnell produziert. Bislang lag der Rekord bei vier Jahren für ein Vakzin gegen Mumps.

Dass das Eiltempo, mit dem die neuen Impfstoffe produziert wurden, vielen Menschen ein gewisses Unbehagen bereitet, ist verständlich. Fakt ist: In puncto Sicherheit wurden keine Abstriche gemacht, und die mRNA-Technologie, auf der die Impfstoffe aufbauen, ist alles andere als neu.

An gentechnisch herstellbaren Impfstoffen wird an Universitäten bereits seit über zwanzig Jahren geforscht. Vor der Corona-Pandemie konzentrierten sich die Forschenden vor allem auf die Herstellung von mRNA-Impfstoffen gegen Krebszellen. Aber auch Infektionskrankheiten wie zum Beispiel Grippe, Zika oder Tollwut standen im Visier.

Ende der 2000er-Jahre begannen sich dann auch Pharmakonzerne und Start-ups für die mRNA-Technologie zu interessieren. Auch Moderna und Biontech erkannten das Potenzial und investierten dementsprechend. Als die Corona-Pandemie ausbrach, standen sie bereits in den Startlöchern: die Technologie war einsatzbereit.

Den Impfstoffentwicklern kam zugute, dass die Familie der Coronaviren bestens erforscht war. Nicht zuletzt dank der in den letzten Jahren aufgetretenen Sars- und Mers-Epidemien, die ebenfalls von Coronaviren ausgelöst wurden. Die meisten Resultate waren öffentlich zugänglich, und schnell wurde klar, dass sich das Spike-Protein des Covid-19-Virus am besten zur Impfstoffherstellung eignet.

Ebenfalls ausschlaggebend für die überraschende Geschwindigkeit, mit der die neuen Covid-19-Impfstoffe produziert wurden, war das viele Geld, das von Staaten und internationalen Organisationen zur Verfügung gestellt wurde. Dank dieser finanziellen Absicherung konnten es sich die Impfstoffentwickler leisten, die verschiedenen Phasen der klinischen Studien teilweise parallel – und nicht wie üblich nacheinander – durchzuführen. Wegen der weltweit hohen Infektionszahlen war es zudem relativ einfach, genügend freiwillige Probanden zu finden.

Nicht zuletzt gaben auch die Zulassungsbehörden ihr Bestes. Den klinischen Studien wurde hohe Priorität beigemessen und Daten laufend ausgewertet anstatt erst nach Abschluss einer Phase.

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