Von Flatulenzen geplagt – Meyer rät
Versuchen Sie, es locker zu nehmen

Mein neuer Freund furzt ständig. Nicht vor anderen Leuten, aber wenn wir zu zweit zu Hause sind. Ich finde das eklig. Er meint, das sei doch natürlich. Und er fühle sich halt wohl mit mir. Was soll ich tun?
Publiziert: 05.06.2021 um 17:41 Uhr
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Aktualisiert: 15.06.2021 um 22:11 Uhr
Thomas Meyer

Wenn zwei Menschen zusammenkommen, prallen all ihre Bedürfnisse und Anschauungen aufeinander – und das läuft nie ohne Konflikte ab. Zwar wäre es uns am liebsten, unser Partner würde uns in sämtlichen Aspekten entsprechen, aber das ist nicht realistisch und bliebe ausserdem sehr oberflächlich, weil wir uns dann nicht ernsthaft aufeinander einlassen müssten. Andererseits sind zu grosse charakterliche Unterschiede ein Problem, weil sie zu einem ständigen Machtkampf führen, in dem beide Partner einander die Eigenschaften auszutreiben versuchen, die sie am anderen stören.

Man muss sich also jemanden suchen, der einem in den entscheidenden Punkten möglichst ähnlich ist – Humor, Intelligenz, Sexualität, Lebensumstände, Wertvorstellungen und in der Vision der gemeinsamen Zeit. Darüber hinaus ist eine ganze Reihe von Kompromissen zu schliessen, und die Frage ist nur: Mit welchen kann man leben? Und mit welchen auf keinen Fall? Vieles zeigt sich halt erst, wenn man zusammen ist. Ihr Freund hat sich Ihnen wohl kaum mit den Worten «Guten Abend, ich bin ein hemmungsloser Furzer» vorgestellt. Seine diesbezügliche Haltung zeigte sich erst aufgrund einer gewissen Intimität – und ist in der Tat als Zeichen davon zu werten.

Die Flatulenz ist, und auch da muss man Ihrem Freund zustimmen, nun einmal ein natürlicher Körpervorgang. Gewiss, man muss ihn nicht unbedingt als abendfüllendes Hobby gestalten, aber auch Sie haben Winde. Wie gehen Sie denn damit um? Es ist ja nicht so, dass Ihr Freund Kettenraucher ist und Sie noch nie eine Zigarette im Mund hatten. Vielmehr liegen hier unterschiedliche Umgänge mit dem gleichen Thema vor. Vielleicht werden Sie buchstäblich etwas lockerer, und er nimmt sich buchstäblich etwas zusammen? Ein Partnerwechsel würde das Problem jedenfalls nicht lösen.

Thomas Meyer ist Schriftsteller und schreibt jede Woche im Magazin.
Foto: Thomas Meier
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