Wirtschafts-Briefing von Nicola Imfeld über das Krypto-Valley in Zug
Weniger Selbstdarstellung, mehr Kritik!

Dem Zuger Krypto-Valley würde eine offenere Kommunikation und eine selbstkritischere Haltung gut stehen. Die heile Welt, die die Blockchain-Unternehmen uns vorgaukeln, kauft man ihnen nicht mehr ab, sagt Blick-Wirtschaftsredaktor Nicola Imfeld.
Publiziert: 17.12.2022 um 13:11 Uhr
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Nicola ImfeldTeamlead Wirtschaft-Desk

Wie schnell sich doch alles ändern kann. Für eine viertägige Blockchain-Serie bin ich im Herbst unter anderem ins Krypto-Valley nach Zug gereist. Eine heile Welt, voller Zuversicht und Aufbruchstimmung.

Kurz danach der Knall: Mit FTX ging die drittgrösste Kryptobörse der Welt pleite. Auch andere Handelsplattformen gerieten ins Wanken, zuletzt machten Spekulationen die Runde, dass selbst Binance – die grösste Kryptobörse der Welt – in Schwierigkeiten stecke. Aus dem Krypto-Valley folgten Durchhalteparolen. Die Botschaft gegen aussen blieb gleich: Alles ist gut – und wird in Zukunft noch viel besser.

Nur Fassade. Die Blick-Wirtschaftsredaktion hat in den vergangenen Wochen mit zahlreichen Menschen aus dem Valley gesprochen. Ihre Aussagen zeichnen ein Bild der Angst. Wilde Gerüchte machen die Runde. Immer wieder fällt der Name von Olga Feldmeier, eines der Aushängeschilder der Szene. Es sind teilweise berechtigte Fragen – teilweise wird Feldmeier im Männer-dominierten Krypto-Valley wohl besonders scharf attackiert, weil sie eine Frau ist.

Idyllischer Blick auf die Stadt Zug – doch der Schein trügt. Das Krypto-Valley macht gerade eine unsichere Zeit durch.
Foto: Shutterstock
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Was auffällt: Gegen aussen will niemand mit seinem Namen hinstehen und sich kritisch äussern. Die Angst vor einem Image-Schaden für das Krypto-Valley, von dem letztlich alle profitieren, ist zu gross.

Den Exponenten des Valleys würde eine offenere Kommunikation und eine selbstkritischere Haltung gut stehen. Die heile Welt, die sie uns vorgaukeln, kauft man ihnen nicht mehr ab. Die Glaubwürdigkeit leidet, wie man auch den Zuschriften der Blick-Community entnehmen kann.

Dabei kann sich die Schweiz glücklich schätzen, mit Zug eines der grössten Krypto-Valleys auf der Welt zu haben. 1200 Firmen, 6000 Arbeitsplätze – das lässt sich sehen. Die Blockchain ist die Technologie von morgen und hat gewaltiges Potenzial. Vergleiche zu den 1990er-Jahren und dem Durchbruch des Internets sind nicht aus der Luft gegriffen.

Es ist im Interesse der Schweizer Wirtschaft, dass wir im Blockchain-Bereich federführend bleiben. Damit wir alle auch etwas davon haben, wenn die Technologie massentauglich und zum Big Business wird.

Also, liebes Krypto-Valley: Weniger Selbstlob und Selbstdarstellung, mehr Kritik und Transparenz. Ihr seid ja schliesslich gekommen, um zu bleiben – oder?

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