Zoologisch – Direktor Severin Dressen erklärt
So arbeiten wir am Zoo der Zukunft

Severin Dressen (32) ist Direktor des Zoos Zürich und kennt die wilden Geheimnisse seiner Bewohner.
Publiziert: 15.09.2021 um 00:00 Uhr
|
Aktualisiert: 11.09.2021 um 12:46 Uhr
Severin Dressen

Der nächste Masterplan muss her. Mit der Einweihung der Lewa-Savanne im Sommer 2020 arbeitete mein Vorgänger Alex Rübel fristgerecht den letzten Baustein seiner langjährigen Vision ab: die Idee «Afrikaanlage 2020». Jetzt gilt es, den nächsten Schritt zu wagen und die nächsten 30 Jahre des Zoos zu planen. Doch wie geht man so einen Entwicklungsplan überhaupt an?

Wichtig ist zuerst einmal der Blick auf das Jetzt. Wo stehen wir heute? Was funktioniert gut? Wo können wir noch besser werden? Diese und viele weitere Fragen beantworteten die Zoomitarbeiterinnen und Zoomitarbeiter vor über einem Jahr in einer Situationsanalyse. Anhand der dabei gesammelten Themen bildeten wir dann verschiedene Arbeitsgruppen. Diese trafen sich fortan mindestens einmal pro Monat zum Diskutieren und Entwickeln – mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, der Geschäftsleitung und dem Verwaltungsrat. Auch Expertinnen und Experten von ausserhalb des Zoos zogen wir bei. Und wir guckten, was bei anderen Zoos und Kultureinrichtungen gut funktioniert und wie wir dies auf unsere Bedürfnisse anpassen könnten. Und natürlich haben wir auch immer versucht, den Extra-Schritt zu machen. Wo können wir innovativ sein? Wie können wir mit gutem Beispiel vorangehen und neue Standards setzen?

Die Themen im Entwicklungsplan sind sehr vielfältig. Nur schon unsere ideellen Ziele als moderner Zoo – Bildung, Artenschutz, Naturschutz und Forschung – bieten eine Fülle von Projekten. Und diese laufen dann auch noch auf ganz unterschiedlichen Zeitschienen ab. Bei Bauprojekten muss man zum Beispiel langfristig denken, in Jahrzehnten. Denn bei Anlagen wie etwa der Lewa-Savanne vergehen zwischen Idee und Fertigstellung schnell zehn Jahre oder noch mehr. Andere Dinge sind viel schnelllebiger, etwa die Kommunikation. Hier können wir höchstens auf wenige Jahre hinaus planen. Vor 15 Jahren gab es noch keine Smartphones, heute ist ein Leben ohne sie fast undenkbar – wer kann sich da schon vorstellen, wie wir in weiteren 10 oder 15 Jahren miteinander kommunizieren werden?

Ein Roter Vari auf einer Bananenblüte im Masoala-Regenwald. Auch ihn nimmt sicher Wunder, wie der Zoo der Zukunft aussieht.
Foto: Enzo Franchini
1/2

Es gibt auch Gegensätze, die wir auflösen müssen. Ein gutes Beispiel dafür sind die Informationen im Zoo. Also zum Beispiel, wie wir die Infos zu einem Tier darstellen. Unsere Gäste haben jedes Alter, vom Kleinkind bis zur Seniorin. Jede Altersgruppe lernt aber unterschiedlich und hat ein anderes Vorwissen. Zudem sprechen unsere Gäste viele verschiedene Sprachen. Das alles auf einem Schild zu berücksichtigen, ist fast unmöglich. Eine Möglichkeit wäre, diese Infos künftig auf dem Smartphone anzubieten. So könnte jeder Gast die Infos in seiner Sprache und nach seinen Vorlieben abrufen. Allerdings möchten wir aber auch nicht, dass die Gäste mit der Nase auf dem Smartphone durch unseren Masoala-Regenwald laufen, sondern dass sie diesen stattdessen mit allen Sinnen erfahren und die Tiere im dichten Grün der Pflanzen suchen. Wir müssen also ein Gleichgewicht finden zwischen Naturerfahrung und moderner Technik.

Sie sehen, wir hatten viel zu besprechen …

Nun aber steht der Entwicklungsplan 2050. Am Mittwoch stellen wir ihn der Öffentlichkeit vor. Wir sind gespannt, was Sie dazu sagen werden, und hoffen, er gefällt Ihnen genauso gut wie uns.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?