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Erhellende Momente der Lichtforschung

Von der Bestimmung der Lichtwellen über die Entdeckung von Photonen bis zum heutigen Laser: Die Lichtforschung ist eine faszinierende und facettenreiche Wissenschaft mit tragischen Helden.
Publiziert: 17.05.2022 um 11:23 Uhr
ausgelesen von Dr. phil. Daniel Arnet

Bei der Geburt erblickt es jeder Mensch als Erstes, es reimt sich auf «nicht», ist eigentlich ein Nichts, doch es bedeutet alles fürs Leben, und Goethe (1749–1832) forderte auf dem Totenbett angeblich mehr davon: Licht. Pythagoras (570–510 v. Chr.) und Euklid (um 300 v. Chr.) gingen davon aus, dass es als heisser Sehstrahl vom Auge ausgehe, den die begutachteten Objekte zurückdrängen. Allerdings gab es in der Antike auch schon die Ansicht, die Helligkeit gehe von einer Lichtquelle aus.

«Licht. Eine Geschichte» lautet der Titel des kürzlich erschienenen Buchs des französischen Physikers Serge Haroche (76). Vor zehn Jahren erhielt er den Nobelpreis für seine Erkenntnisse zur Wechselwirkung von Licht und Materie. Hier berichtet er anekdotenreich von seinem Forscherleben und bettet darin faktenreich die Forschungsgeschichte ein. «Die Wissenschaft ist eine unteilbare Einheit», schreibt Haroche, «die Entdeckungen entstehen meist durch den Zusammenschluss von Informationen, die man in verschiedenen Wissenschaftsbereichen gesammelt hat.»

Physiker, Chemiker und Biologen leisten im Laufe der letzten vier Jahrhunderte grosse Beiträge zum heutigen Wissensstand übers Licht. Am Anfang steht der italienische Universalgelehrte Galileo Galilei (1564–1642), der mit einem Assistenten und zwei Laternen auf zwei toskanischen Hügeln die Lichtgeschwindigkeit berechnen will: Sobald der Assistent Galileis ein Lichtsignal sieht, soll er zurückleuchten – aus der Verzögerung lässt sich das Tempo bemessen. Heute weiss man, dass sie auf die kurze Distanz nur Millionstelssekunden beträgt, somit von Auge nicht wahrnehmbar ist.

Das Laserlicht revolutionierte die Forschung.
Foto: Keystone

Der französische Physiker Hippolyte Fizeau (1819–1896) macht es 1849 besser. «Fizeau führte sein Experiment nun nicht mehr zwischen zwei toskanischen Hügeln aus, sondern zwischen seinem Haus in Suresnes und der 8,6 Kilometer entfernten Wohnung seiner Eltern auf dem Montmartre», so Haroche. Und er verbessert Galileis Methode, indem er den menschlichen Assistenten durch einen Spiegel ersetzt, der das Licht unmittelbar zurückstrahlt. Fizeau errechnet eine Geschwindigkeit von 315’000 Kilometern pro Sekunde.

Damit kommt er den heute offiziellen 299’792 Kilometern pro Sekunde recht nahe. «Es waren die ersten mechanischen Uhren der Neuzeit, die eine Bestimmung der Lichtgeschwindigkeit ermöglichten», schreibt Haroche. Heute verleihe das Laserlicht umgekehrt den Zeitmessmethoden Möglichkeiten, wie sie sich die frühen Uhrmacher nie hätten vorstellen können. «Die Geschichte ist hier nicht zu Ende, sie wird fortgesetzt», so Harouche. Sie werde uns neuartige Geräte liefern, die noch ungewöhnlichere und erstaunlichere Formen annehmen werden, als man es sich heute vorstellen könne.

Serge Haroche, «Licht. Eine Geschichte», Klett-Cotta

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