Folgen des Frauenstreiks
Das bisschen Fortschritt reicht nicht mehr!

In Bundesbern geht es nur langsam vorwärts und in Basel werden Streikende entlassen. Nach dem kraftvollen Zeichen in der vergangenen Woche, tauchen die nächsten Hürden auf.
Publiziert: 22.06.2019 um 23:37 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2024 um 00:04 Uhr
Simon Marti, Politik-Redaktor.
Foto: Shane Wilkinson
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Simon Marti
Simon MartiRedaktor SonntagsBlick

Eine erste kleine Folge hatte der Frauenstreik bereits: Der Ständerat stimmte Richtwerten für die Vertretung der Geschlechter in Verwaltungsräten und Geschäftsleitungen börsenkotierter Unternehmen zu. Noch im Mai hatte die zuständige Kommission den Vorschlag abgelehnt. Eine Position, die angesichts der überwältigenden Kundgebung am 14. Juni nicht aufrechtzuerhalten war.

Der gnädige Entscheid des Stöcklis ist freilich gratis: Folgen hat ein Verstoss gegen die Pseudoquoten für die Unternehmen nicht.
Tags darauf befürwortete derselbe Rat einen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub. Doch auch hier votierte er zögerlich: Eine Initiative, die vier Wochen forderte, lehnte er ab. Zu teuer, warnen die Bürgerlichen. Dass Frauen bald ein Jahr länger arbeiten müssen bis zur Rente, ist in Bern dagegen wohl mehrheitsfähig.

Weit drastischere Konsequenzen hatte die Teilnahme an der grössten Demonstration in der jüngeren Schweizer Geschichte aber für zwei Mit­arbeiterinnen des Kunstmuseums Basel: Weil sie die Arbeit niederlegten, verloren sie ihre Stelle. Ignoranter kann dem Signal vom 14. Juni nicht begegnet werden.

Gleichstellungspolitik im Zeitlupentempo in Bern, zugleich die Entlassung von Streikenden in Basel: Kein Wunder, versucht die Linke nun mit Initiativen und Vorstössen den Druck im Bundeshaus hoch zu halten. Zu Recht kritisiert sie die zu geringe Vertretung der Frauen im Parlament. Gerne erwähnt die SP dabei, dass die Hälfte ihrer Bundeshausfraktion aus Politikerinnen besteht. Angeführt wird die Fraktion aber von Roger Nordmann, an der Parteispitze steht Christian Levrat. Gerade einmal zwei Präsidentinnen hat die SP in ihrer Geschichte hervorgebracht.

Die abtretende Tamara Funiciello ist wiederum die erste Chefin der Juso. Im «Magazin» des «Tages- Anzeigers» sagt Funiciello: «Die SP ist erfolgreich, weil die Frauen dermassen gut arbeiten.» Sichtbar seien aber nicht sie, sondern die lauten Männer. Das wolle sie ändern. Wenn bei der SP, einer der wichtigsten Vorkämpferinnen für die Gleichstellung, noch ein gehöriger Aufhol­bedarf in ebendieser Frage besteht, lässt sich ermessen, wie viel noch zu tun bleibt in den Monaten und Jahren nach dem Streik.

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