Nachhaltige Weihnachten?
Büssen kann ich immer noch

Auch vor Weihnachten machen Themen wie Nachhaltigkeit und Klimabewusstsein nicht halt. Tobias Gysi, Fotochef Blick-Gruppe, kann mit dieser lustfeindlichen Moral nichts anfangen.
Publiziert: 21.12.2019 um 23:05 Uhr
Masslosigkeit ...
Foto: Getty Images
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Tobias Gysi

Ich liebe Weihnachten. Ich liebe Rituale, sie geben dem Leben Stabilität. Seit meiner Kindheit ist das Weihnachtsfest eine Art Heimkommen. In der digitalisierten Welt vermittelt Heiligabend Wieder­erkenntnis. Schon den Geruch in der heimischen Stube kann und will ich nie vergessen. Auch nicht die verklärten Kinderaugen im Moment der Bescherung.

An Weihnachten musste ich nie vernünftig sein, die grössten Päckli waren mir die liebsten. Für gescheite, nachhaltige, sinnvolle Geschenke bedankte ich mich zwar artig. Doch eigentlich mochte ich ­keine sündhaft teuren Holzspielzeuge von karitativen Hilfswerken – ich wollte Lego, Carrera, Playmobil und Märklin: einfach normales, unvernünftiges Spielzeug. Nichts mit moralischer Verpflichtung. Das liebe Gewissen versuchte mir schon damals einen Streich zu spielen. Muss ich vor Scham im Boden versinken, wenn mir etwas Freude bereitet?

Schon vor 30 Jahren kam allmählich eine lustfeindliche Moral auf, doch das war nichts im Vergleich zu heute, wo ich mich sogar schuldig fühlen muss, wenn ich meinen Kindern etwas schenke oder wenn wir überschwänglich feiern. Dabei ist es doch genau das, was ich an Weihnachten will. Meine Liebsten reich beschenken, mich in Masslosigkeit ertränken, Völlerei betreiben! Christus wurde doch an Heiligabend geboren, um uns von unseren Sünden zu befreien! Also sündige ich ohne schlechtes Gewissen. Busse tun kann ich immer noch im Ja­nuarloch!

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