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Unser Leben wurde in vielen Bereichen besser
Darum war 2018 ein gutes Jahr

Früher war alles besser, behaupten die Pessimisten. Dabei stimmt das gar nicht. 2018 war in vielem ein gutes Jahr – und es wird noch besser.
Publiziert: 31.12.2018 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 03.12.2020 um 12:37 Uhr
Die EU will verschiedene Arten des Plastikmülls verbieten. Die Schweiz müsste sich nicht anschliessen – tut es aber, um zu helfen, dass die Meere nicht weiter vermüllen.
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Christiane Binder, Vinzenz Greiner

Natürlich drohen der Menschheit Katastrophen – man denke an den Klimawandel. Doch zu behaupten, «wir gehen alle unter», heisst, den positiven Teil der Realität auszublenden. In vielem geht es uns heute viel besser als unseren Vorfahren. Wir leben länger und gesünder, wir haben warme Wohnungen und die Diagnose Krebs ist nicht mehr in jedem Fall ein Todesurteil. Darüber hinaus bringt jedes Jahr auch scheinbar kleine Verbesserungen. Sicher ist es nichts Umwälzendes, wenn man als Schweizer jetzt einen Teil der Billag-Mehrwertsteuer zurückfordern kann – aber ein kleines privates Highlight ist es trotzdem. Oder dass heute ein anständiges Smartphone nicht mehr nur was für reiche Leute ist und dass es in der Schweiz weltweit die meisten Biersorten gibt – das ist doch ein Fortschritt, oder nicht? In diesem Sinne: ein tolles 2019!

Zur Sonne, zur Freizeit – schöne neue Arbeitswelt

Menschen, die am Samstagmorgen in der City ein Cüpli trinken – das wäre früher undenkbar gewesen. Samstags wurde gearbeitet! Chrampfte 1950 ein Arbeitnehmer noch 2400 Stunden pro Jahr in Fabrik oder Betrieb, verbringt ein erwerbstätiger Schweizer Erwachsener heute noch 1600 Stunden in der Firma, 800 Stunden weniger. Fünf Wochen bezahlte Ferien sind heute Standard. Früher waren es nur zwei. Doch auch den Leuten, die Arbeit suchen, geht es laut einer vom Schweizer Nationalfonds unterstützten Studie derzeit besser. Die Jugendarbeitslosenquote lag im Jahresschnitt 2018 (Stand November) bei 2,4 Prozent, deutlich unter dem Schnitt von 2017 (3,1 Prozent).

Das Ende der Raschelsäckli

Es geht doch! Seit Ende 2016 verlangen Coop und Migros fünf Rappen fürs Raschelsäckli. Bei Coop sank der Verbrauch nach eigenen Angaben um sensationelle 85 Prozent, bei der Migros um 84 Prozent. Für den guten Zweck hängt sich die Schweiz sogar für einmal an die EU. Die hat zum Jahresende beschlossen, ab 2021 Trinkhalme, Wattestäbchen und Geschirr aus Plastik zu verbieten. Die Schweiz muss nicht mitmachen – aber will es. Ab nächstem Jahr wird die Migros zum Beispiel nur noch Wattestäbchen aus recycelbarem Papier verkaufen. Einsparung: 145 Millionen Stäbchen.

Für Schwule und Lesben gehts voran

Im LGBTI-Country-Ranking hat sich die Schweiz im Vergleich zum Vorjahr um vier Plätze auf Platz 22 verbessert. HIV ist kein Schreckgespenst mehr. Gab es vor zehn Jahren in der Schweiz noch 794 neue HIV-Diagnosen, sind es in diesem Jahr mit 394 nicht einmal halb so viele – und noch mal weniger als im letzten Jahr, erklärt die Aids-Hilfe Schweiz. Erstmals haben sich in diesem Jahr weniger als 100 Frauen angesteckt. Zudem: Mit 32 zu 10 Stimmen hat der Ständerat sehr klar einer Erweiterung der Antirassismusstrafnorm (Art. 261bis StGB) um das Kriterium «sexuelle Orientierung» zugestimmt. Und: Am Umzug des Zurich Pride Festival 2018 durch die Zürcher Innenstadt nahmen 24'000 Menschen teil, so viele wie noch nie.

Vieles wird billiger

Alles wird immer teurer? Keineswegs! So sanken etwa die Medikamentenpreise in den ersten elf Monaten im Vergleich zu den Vorjahresmonaten deutlich. Laut Landesindex der Konsumentenpreise wurden auch Taxifahrten, Garagenstellplätze, Uhren und Spirituosen im Vorjahrsvergleich billiger. Netter Zustupf für Privatleute: Der Staat muss einen Teil der Billag-Mehrwertsteuern zurückerstatten, die er jahrelang unerlaubterweise eingezogen hatte. Der Konsumentenschutz hat das vors Bundesgericht erstritten.

Neuer Kick im Fussball

Endlich ist die Dominanz des FC Basel Geschichte und Fussballfans können wieder für jemand anders bibbern. Nach acht rot-blauen Jubeljahren wurde mit den YB endlich mal wieder ein anderer Klub Schweizer Meister. Und die Raiffeisen Super League boomt. Mit durchschnittlich 11'274 Zuschauern gabs in der diesjährigen Vorrunde so viele Zuschauer wie seit 2013 nicht mehr.

Freie Fahrt für E-Trottinetts

Trottinetts mit Elektromotor sind praktisch für den «letzten Kilometer», also etwa den Weg vom Bahnhof nach Hause. Doch bisher fuhr immer der Bammel mit, man würde gebüsst. 2018 nun kam die offizielle Strassenzulassung und das Elektrozweirad ist im Strassenverkehr so legal wie das Velo.

Tophandys für alle

Früher war ein gutes Smartphone ein Prestigeobjekt für reiche Leute. Seit 2018 gibt es nun so viele Mittelklasse-Geräte für 200 bis 400 Franken wie nie zuvor. Samsung, Huawei, Nokia, LG oder aufstrebende Brands wie Xiaomi – fast jeder Hersteller bietet in diesem Preisbereich ein Handy, bei dem man technisch kaum Abstriche machen muss. Auch in die letzte Bastion der teuren Flaggschiffe drang die Mittelklasse 2018 vor, nämlich jene der überdurchschnittlich guten Kameras. Und es wird alles noch billiger!

Weniger Steuern

Der Staat frisst uns die Haare vom Kopf! So hart kann man das nicht mehr sagen. Am 1. Januar 2018 hat die Schweiz die Mehrwertsteuer von 8,0 Prozent auf 7,7 Prozent gesenkt, entsprechend einem weltweiten Trend. In den 36 OECD Ländern wurde in den letzten Jahren diese Konsumsteuer nicht mehr angehoben. Im Schnitt liegt sie derzeit bei 19,2 Prozent, also viel höher als in der Schweiz.

Schweizer Frauenpower

Das gabs noch nie: Erstmals in der Geschichte der Schweiz wählte die Vereinigte Bundesversammlung zwei Frauen auf einmal in den Bundesrat. Die CVP-Nationalrätin Viola Amherd (56, VS) und die FDP-Ständerätin Karin Keller-Sutter (54, SG) schafften die Wahl zudem gleich im ersten Wahlgang. Auch die Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements, Bundesrätin Simonetta Sommaruga (58), erzielte bei ihrer Wahl zur Bundesvizepräsidentin ein Glanzresultat. Bemerkenswert: Selbst die Konservative begrüsste das als Fortschritt.

Fruchtbare Inländer

Die echten Schweizer sterben aus und «die Ausländer machen einen Haufen Kinder»? Das können Rechtspopulisten gern behaupten. Es stimmt bloss nicht. Seit zehn Jahren bekommen Frauen in der Schweiz laut Bundesamt für Statistik in ihrem Leben 1,5 bis 1,6 Kinder. Vergleicht man die Anzahl der Geburten von 2007 und 2017, nahm die Zahl zu – bei der Schweizer Bevölkerung um gut 21 Prozent, in der ausländischen Bevölkerung um 19 Prozent.

Weniger Scheidungen

Heutzutage laufen alle gleich auseinander! Das stimmt so nicht mehr. Mittlerweile wird in der Schweiz nur noch jede dritte Ehe geschieden – nicht mehr jede zweite. 2017 landeten 15'906 Ehen vor dem Scheidungsrichter, viel weniger als 2016, da waren es 17'806.

Das ist unser Bier!

Vergessen ist die Zeit, als es nur Industriebiere gab. Die Vielfalt an Bieren nimmt in der Schweiz gewaltig zu. Im Herbst 2018 waren erstmals mehr als 1000 steuerpflichtige Brauereien in der Schweiz gemeldet. Experten gehen davon aus, dass wir somit die höchste Brauereidichte der Welt haben.

Mehr Wärme

Schlotternd schrieb Liselotte von der Pfalz, Herzogin von Orléans, im Januar 1709 einen Brief an die Kurfürstin Sophie: «Ich sitze bei einem grossen Feuer, habe einen Schirm vor den Türen, habe einen Zobel auf dem Hals, einen Bärensack zu meinen Füssen, und allebenwohl zittere ich vor Kälte und kann kaum die Feder halten.» Frostige Wohnungen kennt heute nicht mal mehr der Ärmste. Fast 90 Prozent der Wohnungen verfügen heute laut amtlicher Statistik über eine Zentralheizung.

Weniger Morde

Wohl in keinem Land der Welt ist das Risiko, um die Ecke gebracht zu werden, so niedrig wie in der Schweiz. Von 2009 bis 2016 kamen jährlich im Schnitt 49 Menschen durch ein Tötungsdelikt um, 38 Prozent weniger als in den Jahren zuvor. Das hängt auch damit zusammen, dass weniger Armeewaffen im Haus gebunkert werden.

Weniger Verkehrstote

2017 kamen auf den Schweizer Strassen 230 Menschen bei Unfällen ums Leben. Es gab 6,1 Millionen Autos und Motorräder. Das sind 60 Tote weniger als 1945 nach dem Krieg – und damals hatte in der Schweiz praktisch niemand ein Auto. Wie ein Überblick des Bundesamts für Statistik (BFS) zeigt, gab es 1971 noch fast 2000 Verkehrstote.

Der Schweizer Wald wächst

Rund ein Drittel der Schweizer Landesfläche ist heute bewaldet.
Der Zuwachs auf der Alpensüdseite und in den Alpen ist am höchsten – um 8 bis 28 Prozent. Denn viele aufgegebene Wiesen verwalden. Um 1840 gab es nur halb so viel Wald. Denn damals war der Wald Weidefläche für die armen Leute (z. B. den Geissenpeter), bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts fand die Schweinemast ausschliesslich im Wald statt, wo sich die Säue an Wurzeln, Pilzen, Larven und Eicheln gütlich taten. Erst im 19. Jahrhundert kamen Kartoffeln auf den Tisch und in die Schweineställe – der Wald spriesste wieder.

Alles elektrisch

Nach Einbruch der Dunkelheit flackerten nur noch Kerzen oder Ölfunzeln, die Männer rasierten sich mit dem Messer und was ein Staubsauger ist, wusste kein Mensch – noch 1915 gab es in der Schweiz in weniger als 3 Prozent der Haushalte elektrische Geräte. Heute haben weltweit 87 Prozent der Menschen Zugang zur Elektrizität. Die Entwicklung verlief rasant, 1971 waren es nur 71 Prozent.

Krebs – keine Geissel mehr

War die Diagnose Krebs in den 70er-Jahren noch quasi ein Todesurteil, sind dank moderner Therapien die Sterblichkeitsraten der meisten Krebsarten heute um 50 bis 67 Prozent gesunken. Bei Prostatakrebs zum Beispiel stieg die 5-Jahres-Überlebensrate von 68 auf 99 Prozent.

Weniger Selbstmorde

In der Schweiz ist, so lässt sich im Bundesamt für Statistik nachlesen, die Suizidrate von 18,2 Personen pro 100'000 Einwohnern im Jahr 1969 auf statistisch 11,8 Menschen pro 100'000 pro Jahr gesunken.

Höhere Lebenserwartung

Heute ist in der Schweiz ein 90. Geburtstag nicht mehr exotisch. In der Schweiz ist die Lebenserwartung heute eine der höchsten der Welt: 1997 lag sie bei Männern bei 76,3 Jahren, bei Frauen bei 82,1. Im Jahr 2017 war sie bei Männern auf 81,4 und bei Frauen auf 85,4 Jahre gestiegen. Die Lebenserwartung hat sich in rund 200 Jahren mehr als verdoppelt.

Touristen lieben Zürich

Allein in den ersten sechs Monaten des Jahres 2018 besuchten laut dem Portal travel.ch 2'918'217 Touristen die Region Zürich. Das entspricht einem Wachstum von 6,2 Prozent zum Vorjahr.

International Anzahl Putsche

Weltweit wird geputscht, was das Zeug hält. Seit 1950 wurden in 233 Fällen Machthaber mit Gewalt vertrieben. Nicht so in diesem Jahr. Obwohl der Jemen heftig umkämpft wird, ist das dort kein Putsch. 2018 wurde in keinem Land der Welt geputscht.

Luftverschmutzung weltweit

Mehr Autos werden auf die Strasse gebracht, mehr neue Kohlekraftwerke wachsen in den Himmel, Megastädte dehnen sich aus. Da muss doch die Welt immer dreckiger werden, oder? Die Weltgesundheitsorganisation hat trotzdem festgestellt, dass die Luftverschmutzung in den letzten Jahren auf einem ähnlichen Niveau bleibt. In Teilen Europas und Amerikas sinkt sie sogar, wie der in diesem Jahr aktualisierte Bericht der Organisation zeigt.

Kriegstote

Manchmal kommt es einem vor, als läge der halbe Globus im Schützengraben. Falsch! Zwar steigt die Anzahl bewaffneter Konflikte weltweit insgesamt, doch die Anzahl staatlicher Konflikte sinkt. Ebenfalls jene der Kriegstoten – seit Mitte 2014 sind es immer weniger. Auch in diesem Jahr werden die Zahlen wohl weiter absinken.

«Wir haben allen Grund, uns auf eine goldige Zukunft zu freuen», sagt Christian Dorer, Chefredaktor Blick-Gruppe. Lesen Sie hier seinen Kommentar zum neuen Jahr.

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