US-Wahl 2020
Die Religiösen halten Trump die Treue

Herausforderer Joe Biden liegt in den Umfragen bundesweit vorn. Doch eine extrem wichtige Wählergruppe hält fest zu Trump: die religiösen Rechten. Sie sicherten schon Reagan den Einzug ins Weisse Haus.
Publiziert: 04.07.2020 um 23:36 Uhr
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Aktualisiert: 11.11.2020 um 19:58 Uhr
Fabienne Kinzelmann

Corona, Proteste, Wirtschaft ... Trump hat vier Monate vor der Präsidentschaftswahl locker 99 Probleme. Weisse Evangelikale sind keins davon. Diese wichtige Wählergruppe ist treu: Laut einer neuen Pew-Umfrage würden 82 Prozent der Weissen Evangelikalen für ihn stimmen. Acht von zehn – obwohl er sonst gerade weitflächig am Tiefpunkt angelangt ist.

Was die Beziehung zwischen Politik und Religion angeht, sind die USA ein Spezialfall. Je religiöser ein Amerikaner, desto wahrscheinlicher wählt er republikanisch. «God Gap» nennt die Wissenschaft diese Beobachtung. Die Mobilisierung der religiösen Rechten hat schon Reagan den Einzug ins Weisse Haus verschafft. Seither sind sie eng verknüpft mit den Republikanern.

Das nutzt Trump – obwohl er wohl der am wenigsten gottesfürchtige Präsident ist, den die USA je hatten. Die Kirche, in der er das erste Mal vor den Altar trat, distanzierte sich bereits vor Jahren von ihm.

Hat im Gegensatz zu Trumps Aussenminister bei der Arbeit keine aufgeschlagene Bibel vor sich liegen: Auslandredaktorin Fabienne Kinzelmann.
Foto: Paul Seewer
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Doch Evangelikale lieben Trump. Warum verzeihen ihm die religiösen Rechten drei Ehen, zahlreiche Affären, unsaubere Geschäfte und Gewaltaufrufe?

Ein Teil hält Trump für eine Art «Auserwählten». Dazu gehören auch Anhänger der Verschwörungssekte QAnon: Ihrer Theorie nach zerschlägt Heilsbringer Trump einen mächtigen Geheimzirkel, der Tausende Kinder entführt und die Geschicke der Welt lenkt.

Für den anderen Teil der religiösen Rechten ist Trump ein Puzzleteilchen, der endlich jene konservativen Gesetze vorantreibt, an denen seine Vorgänger wie die Bushs oder der «born-again» Christ Carter gescheitert sind.

Trump hat das passende Personal. Seit Amtsantritt gehen Evangelikale wie Fernsehpredigerin Paula White im Weissen Haus ein und aus. Im Kabinett sitzen zahlreiche religiöse Hardliner: Vizepräsident und Abtreibungsgegner Pence würde nie alleine mit einer Frau essen, vor Aussenminister Pompeo liegt bei der Arbeit eine aufgeschlagene Bibel, Bildungsministerin DeVos fördert christliche Privatschulen und Justizminister Barr gilt als erzkonservativer Katholik mit Verbindungen zu Opus Dei.

Evangelikale Wähler sind zufrieden. Etwa wegen Trumps Entscheid, die US-Botschaft in Israel nach Jerusalem zu verlegen. Viele Evangelikale glauben, dass Jerusalem ganz in jüdischer Hand sein muss, um die ersehnte Wiederkehr Jesu und die Apokalypse einzuleiten, nach welcher gläubige Christen in den Himmel auffahren. Seit Mittwoch erwartet man, dass Israel mit einer Annexion im Westjordanland beginnt – Trump gab grünes Licht dafür.

Und die Corona-Krise, die wegen Trumps verheerender Politik in den USA mehr als eine Million Tote fordern könnte? Wird positiv interpretiert: Als Vorbote der Apokalypse, Strafe oder schlicht Zeichen Gottes, dass sich das Land auf christlich-konservative Werte besinnen soll.

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