Wenn Klimaaktivisten den Verkehr aufhalten
Warum seid Ihr so wütend?

Die Emotionen schwingen hierzulande hoch, wenn Klimaaktivisten eine Strasse blockieren. Wirklich ärgerlich sind aber andere Dinge.
Publiziert: 16.10.2022 um 09:39 Uhr
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Aktualisiert: 16.10.2022 um 09:41 Uhr
Dana Liechti

Ja, es ist mühsam! Wenn man morgens – vielleicht noch müde, vielleicht schon gestresst – auf dem Weg zur Arbeit, zu einem Termin oder zur Verwandtschaft anhalten muss, weil Klimaaktivistinnen die Strasse blockieren. So geschehen diese Woche in Bern und Zürich.

Mit ihren Aktionen wollen die Aktivisten der Organisation Renovate Switzerland auf die Klimakatastrophe aufmerksam machen – und den Bundesrat dazu bringen, in die thermische Sanierung von Gebäuden zu investieren.

Natürlich ist es fraglich, ob Strassenblockaden die erwünschte Wirkung haben. Sie nerven viele Menschen, könnten darum sogar kontraproduktiv sein – weil sie den Kampf gegen die Erderwärmung in den Augen der breiten Bevölkerung als Anliegen radikaler Einzelkämpfer erscheinen lassen.

Dana Liechti ist Redaktorin beim SonntagsBlick.
Foto: Thomas Meier

Andererseits könnte man sich auch fragen, weshalb eine Handvoll Aktivisten auf einer viel befahrenen Strasse die Gemüter sehr viel mehr erhitzen als die Tatsache, dass es die Entscheidungsträger bis heute verpasst haben, die verheerende Erderwärmung einzudämmen. Das ist tragisch!

Nicht weniger frustrierend: dass es überhaupt demonstrierende Teenager brauchte, damit das Klima in der breiten Öffentlichkeit zum Thema wurde. Früher machten sich Jugendliche Gedanken über Popstars, Pickel oder die erste grosse Liebe, nicht über das Fortbestehen der Menschheit. Unverständlich auch, dass es Konsumentinnen und Konsumenten nach wie vor so schwer gemacht wird, sich klimafreundlicher zu verhalten. Oder dass sich die grösste Schweizer Partei immer wieder querstellt, wenn es um den Klimaschutz geht – zuletzt, als die SVP das Referendum gegen den vom Parlament beschlossenen Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative ergriff.

Ja, viele von uns echauffieren sich über die Strassenblockaden der Aktivisten. Vielleicht tun wir es auch darum, weil wir uns dann nicht mit dem eigentlichen Problem beschäftigen müssen: dass wir bereits mitten in der Klimakrise stecken – und längst nicht genug getan wird, um ihr zu begegnen.

Keine Frage: Mit ihren Strassenblockaden oder Velodemos verspielen die beteiligten Klimaaktivisten viele Sympathien in der Bevölkerung. Doch mit ihrem Alarmismus liegen sie (leider) gar nicht so verkehrt.

Wichtig ist, dass ihre Proteste gewaltfrei sind – und es auch bleiben.

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