72'843 Brände wüten im Amazonas-Regenwald
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Notstand in Südamerika:72'843 Brände wüten im Amazonas-Regenwald

Brasiliens Amazonas-Regenwald steht in Flammen – angeheizt vom Präsidenten
Brandstifter Bolsonaro

Die grüne Lunge der Welt stirbt. Schuld an der Misere: Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro (64). Statt sich für den Schutz des Regenwalds einzusetzen, unterstützt er dessen Zerstörung.
Publiziert: 22.08.2019 um 23:13 Uhr
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Aktualisiert: 23.08.2019 um 09:27 Uhr
Johannes Hillig und Fabienne Kinzelmann

Millionen Bäume stehen in Flammen, unzählige Tiere verbrennen jämmerlich: Der Amazonas-Regenwald brennt lichterloh – und das bereits seit Wochen. 

Hunderte Quadratkilometer sind betroffen. Das Regenwald-Inferno ist sogar rund 2700 Kilometer weit zu spüren. Gigantische Rauchschwaden verdunkelten am helllichten Tag den Himmel über Brasiliens Metropole São Paulo. Plötzlich wurde es dort stockdunkel. 

Brände schlimmer denn je

Das Ausmass der Brände ist noch schwer abzuschätzen. Klar ist nur: So schlimm war es noch nie. Allein in diesem Jahr gab es bereits 72'843 Waldbrände. Zum Vergleich: Im Jahr 2018 waren es 39'759. Der grünen Lunge der Welt droht ein Totalschaden.

Millionen Bäume stehen in Flammen, unzählige Tiere verbrennen jämmerlich: Der Amazonas-Regenwald brennt lichterloh – und das bereits seit Wochen.
Foto: Keystone
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Schuld an der Katastrophe: Brandrodung! Eine verbreitete Technik, um Plantagenfläche zu gewinnen, wie Johanna Michel vom Bruno Manser Fonds erklärt. Der Basler Verein setzt sich für den Erhalt von tropischen Regenwäldern ein. Und Michel weiss: «Hinter der Brandrodung stecken meist grosse Firmen, sie wollen möglichst produktiv sein und brauchen grosse Flächen für Monokulturen.» Im Klartext: Es geht um Geld. 

Bolsonaro als Brandbeschleuniger

Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro (64) unterstützt genau diese Entwicklung, um die Wirtschaft anzukurbeln. Abholzung, Rodung, Zerstörung. Nicht ohne Grund wird er auch «Kapitän Kettensäge» genannt. 

Der Tropen-Trump trat im Januar mit dem Versprechen an, Umweltschutzauflagen zu lockern. Eine seiner ersten Amtshandlungen: Er kürzte die Gelder für den Kampf gegen den Klimawandel um 95 Prozent, die Finanzmittel für Massnahmen gegen Waldbrände um 40 Prozent.

Keine Einsicht, kein Einlenken, keine Massnahmen

Jetzt, da der Regenwald in Flammen steht, bleibt Bolsonaro weiter eiskalt. Einsicht? Fehlanzeige! Stattdessen wettert er gegen Hilfsorganisationen. Er behauptet: Aktivisten hätten die Brände gezielt gelegt. Um ihn und seiner Regierung zu schaden. Einen Beweis für seine krude Theorie hat er nicht. 

Wie brenzlig die Situation ist, scheint der Staatschef, in dessen Land zwei Drittel des insgesamt sechs Millionen Quadratkilometer grossen Amazonas-Regenwalds liegen, nicht zu verstehen. Denn Fakt ist: Ohne den Regenwald ist der Klimawandel kaum aufzuhalten.

«Der Regenwald im Amazon ist eines der grössten Gebiete und ein gigantischer CO2-Speicher. Wenn wir ihn abholzen, wird das CO2 in die Luft gehen und den Klimawandel zusätzlich beschleunigen», erklärt Reto Knutti (46), Klima-Professor an der ETH Zürich. Heisst: Eigentlich bräuchte es mehr Bäume, nicht weniger, um etwas gegen die globale Erwärmung zu tun. 

EU könnte Druck aufbauen

Doch Bolsonaro bleibt seiner Linie treu. Ein Skandal für viele Umweltschützer. «Es ist in den letzten Jahren gelungen, die Zerstörung zu reduzieren. Und jetzt das», sagt Myriam Stucki von der Umweltorganisation WWF.

Um Druck auf die Regierung in Brasilien auszuüben, könnte die EU ihren kürzlich geschlossenen Freihandelsvertrag mit den Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay in Frage stellen – oder die darin enthaltenen Umwelt- und Sozialstandards konsequent umsetzen.

Eine Überlegung, die sich auch die Schweiz machen müsste: Auch sie arbeitet daran, Zölle mit den Mercosur-Ländern abzubauen. Der Vertrag mit Bolsonaro soll noch in diesem Jahr kommen.

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