iPad ausgewertet
Lubitz wollte sich mit Zyankali umbringen

Ermittler haben ein iPad von Andreas Lubitz gefunden. Die Auswertung zeigt: Noch kurz vor dem Unglück dachte der Germanwings-Pilot an einen einsamen Tod – mit einem Gift-Cocktail. Doch er hatte Angst, dass das nicht genügen könnte.
Publiziert: 12.06.2015 um 13:56 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 00:35 Uhr
Germanwings-Copilot Andreas Lubitz während einer Sportveranstaltung 2009 auf dem Flughafen Hamburg.
Foto: Keystone
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Der Germanwings-Pilot Andreas Lubitz, der 149 Menschen mit in den Tod riss, hat Tage vor dem Absturz offenbar überlegt, alleine aus dem Leben zu scheiden. Das berichten «Süddeutsche Zeitung», NDR und WDR.

Ermittler hätten in Lubitz Düsseldorfer Wohnung ein iPad gefunden und ausgewertet. Dabei stellte sich heraus, dass er im März im Internet nach Möglichkeiten suchte, sich Zyankali und rezeptfreies Valium zu beschaffen. Ausserdem informierte er sich über tödliche Medikamenten-Cocktails.

Auch Infos zu Patientenverfügung gesucht

Offenbar hatte Lubitz jedoch Angst, dass ein Suizid misslingen könnte. Noch am Tag vor dem Absturz habe der 27-Jährige auf der Webseite der Hamburger Ärztekammer über eine Patientenverfügung gelesen. Diese regelt beispielsweise, wie weit Ärzte lebensverlängernde Massnahmen durchführen oder anordnen dürfen, wenn jemand schwer verletzt ist und sich nicht mehr äußern kann.

Bisher war nur bekannt gewesen, dass Lubitz Möglichkeiten der Selbsttötung recherchierte und sich dazu auch im Netz über den Verriegelungs-Mechanismus von Cockpit-Türen informierte.

Justiz ermittelt wegen fahrlässiger Tötung

Der zuständige französische Staatsanwalt Brice Robin erklärte gestern in Paris, Lubitz sei zum Zeitpunkt des Unglücks flugunfähig gewesen.Der 27-jährige sei niedergeschlagen, instabil und psychisch krank gewesen, sagte Robin. Die französische Justiz werde ihre Ermittlungen ausweiten. So würden Untersuchungsrichter in Marseille die Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung übernehmen, teilte der Staatsanwalt weiter mit.

«Der Täter ist gestorben»

Robin sagte mit Blick auf den Copiloten, der das Flugzeug den Ermittlern zufolge absichtlich abstürzen liess, er könne keine Untersuchung wegen Mordes eröffnen, «denn der Täter ist gestorben». Nun sollen die Untersuchungsrichter nach seinen Angaben die Frage beantworten, «wie das Arztgeheimnis und die Sicherheit von Flügen» gewährleistet werden könnten, «wenn man einen labilen Piloten hat».

Der Staatsanwalt hatte zuvor über vier Stunden lang in Paris mit etwa 200 Angehörige von Opfern gesprochen, darunter Deutsche und Spanier, um sie über den Stand der Ermittlungen zu informieren. Der Präsident der Opfervereinigung Fenvac, Stéphane Gicquel, sagte danach, es gehe bei den künftigen Ermittlungen «ganz klar» um die Frage «nach Fehlern oder Versäumnissen bei der Feststellung des Gesundheitszustandes» von Copilot Lubitz «durch die Fluggesellschaft Lufthansa».

In fünf Jahren 41 Ärzte aufgesucht

Die Maschine der Lufthansa-Tochter Germanwings war am 24. März auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf in den französischen Alpen zerschellt. Alle 150 Insassen kamen ums Leben, darunter 72 Deutsche. Den Ermittlungen zufolge hatte Copilot Lubitz, der schon länger unter Depressionen litt, den Airbus in den französischen Alpen absichtlich in den Sinkflug gebracht. Den Flugkapitän hatte Lubitz zuvor aus dem Cockpit ausgesperrt.

Lubitz hatte laut Staatsanwalt Robin in «fünf Jahren 41 Ärzte» aufgesucht, davon sieben in den Monaten unmittelbar vor dem Absturz. Demnach hatte der Copilot eine «Psychose begleitet von Sehstörungen».

Erste Bestattungen in Deutschland noch diese Woche

Der Germanwings-Muttergesellschaft Lufthansa war nach dem Unglück vorgehalten worden, den Copiloten womöglich nicht ausreichend medizinisch überprüft zu haben. So wurde die Frage gestellt, warum Lufthansa-Mediziner den Copiloten während seiner Ausbildung 2009 für flugtauglich erklärt hätten, obwohl bekannt gewesen sei, dass er weiterhin psychologisch behandelt werden müsse.

Nach der Katastrophe waren diese Woche die ersten 44 Särge mit Überresten von Opfern von Marseille nach Düsseldorf geflogen worden, darunter auch die 16 Schüler und zwei Lehrerinnen aus dem nordrhein-westfälischen Haltern, die auf dem Rückflug von einem Schüleraustausch waren. Die ersten Bestattungen in Deutschland sind noch diese Woche vorgesehen.

Gemeinschaftsgrab am Absturzort für nicht identifizierbare Leichenteile

Die sterblichen Überreste weiterer Opfer sollen bis Ende des Monats übergeführt werden. Etwa 30 Särge werden am Montag von Marseille nach Barcelona geflogen. Nach Angaben von Staatsanwalt Robin sollen nicht identifizierbare Leichenteile in einem Gemeinschaftsgrab im Dorf Vernet in der Nähe des Absturzortes bestattet werden. (pom/sda)

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