Nur die Kranken dürfen von Bord
Der Horror auf dem Coronavirus-Kreuzfahrtschiff in Japan

Seit dem 3. Februar liegt ein Luxus-Kreuzfahrtschiff in Japan vor Anker. Die rund 3700 Menschen an Bord stehen unter Quarantäne. Verlassen darf den Luxusliner nur, wer mit dem Coronavirus infiziert ist. Die Verzweiflung an Bord wächst.
Publiziert: 11.02.2020 um 04:41 Uhr
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Aktualisiert: 21.02.2020 um 14:08 Uhr
Die Diamond Princess liegt seit dem 3. Februar im japanischen Yokohama vor Anker.
Foto: Getty Images
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Die offizielle Gesamtzahl der Todesopfer der Epidemie hat in Festlandchina die 1000er Marke geknackt: Mindestens 1016 Menschen starben an dem Coronavirus, fast 43'000 sind infiziert - und die Zahlen steigen unaufhaltsam. Millionen Menschen bleiben in chinesischen Städten in Wuhan, im Zentrum der Epidemie, von der Aussenwelt abgeschottet.

Es handelt sich dabei um die wohl grösste Quarantänemassnahme der jüngeren Geschichte. Ebenfalls unter Quarantäne stehen Menschen an Bord des Kreuzfahrtschiffs Diamond Princess, das im japanischen Yokohama vor Anker liegt. Rund 3700 Passagiere und Crew-Mitglieder harren auf dem Luxusliner aus. Sie dürfen das Schiff nicht verlassen. Laut der «Japan Times» haben sich inzwischen mindestens 136 Menschen an Bord mit dem Virus infiziert.

Grösstes Coronavirus-Krisengebiet ausserhalb Chinas

Schaulustige und Gaffer stehen am Hafen von Yokohama und blicken das riesige Schiff hoch, das gespenstisch still wie ein Mahnmal der unsichtbaren Gefahr aus dem Meer ragt. Die Diamond Princess ist das derzeit grösste Coronavirus-Krisengebiet ausserhalb Chinas.

Die meisten Menschen an Bord sind Japaner, die restlichen kommen aus den USA, aus Australien, Argentinien, Deutschland Grossbritannien, Kanada, den Philippinen und der Ukraine. Es wird vermutet, dass der Ausbruch des Lungenfiebers auf dem Schiff begann, als ein infizierter Passagier, der später in Hongkong von Bord ging, das Virus auf das Schiff brachte.

«Wollen einfach nur von Bord»

16 Ärzte an Bord und medizinisches Personal kümmern sich um die Eingeschlossenen. Ihre Kabinen dürfen diese nur im Ausnahmefall verlassen. Um die Zeit totschlagen und besser mit der Angst umgehen zu können, wurde das Unterhaltungsprogramm in den Kabinen mit neuen TV-Kanälen, Videos, Zeitungen und Spielen aufgebessert. Dazu gibt es kontrollierte Ausgangszeiten, psychologische Betreuung, Telefonate mit Familienmitgliedern draussen und Mahlzeiten per Zimmerservice.

Die Verzweiflung an Bord ist auch trotz dieser Extraleistungen gross. Am Freitag hängte eine Frau eine japanische Flagge mit der Aufschrift über die Reling: «Zu wenig Medikamente.» Doch vom Schiff kann nur, wer den Erreger ins sich hat und ins Krankenhaus muss.

Der «Washington Post» sagte die 69-jährige amerikanische Passagierin Vana Mendizabal, dass sie statt der gebuchten Traumreise jetzt einen Albtraum erlebt: «Wir sind auf unsere Kabinen beschränkt, wir atmen Umluft, und es ist keine gesunde Umgebung für uns, in der wir uns aufhalten. Wir wollen einfach nur von Bord gehen.»

Eine Stunde frische Luft an Deck

Die Passagiere haben Thermometer zur Kontrolle ihrer eigenen Körpertemperatur erhalten. Die einzigen Menschen, die sie noch sehen, sind Ärzte und das Personal, das mehrmals täglich die Essenstabletts bringt und wieder holt. Einige Passagiere dürfen sich abwechselnd für je eine Stunde an Deck aufhalten und frische Luft atmen - solange sie Gummihandschuhe und Masken tragen, mindestens einen Meter Abstand voneinander halten und keine Aufzüge benutzen.

Nicht alle können es mit dem bitterbösen Humor von Tourist Matthew Smith nehmen, der die bessere Küche unter Quarantäne lobt. Das Essen habe an Qualität zugelegt, schrieb Smith auf Twitter. Man dürfe keinen Flitterwöchnern glauben, die lieber in einem amerikanischen Spital wären: «Ihr müsst mich vielleicht vom Schiff schleppen, wenn die Quarantäne endet»:

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Erst zehn Prozent der Passagiere auf Virus getestet

Am 3. Februar hat die Diamond Princess in Yokohama angelegt, die zweiwöchige Quarantäne soll am 19. Februar enden. Doch laut Japans Gesundheitsbehörden sind erst 336 Passagiere auf das Virus getestet worden. Zuerst würden Verdachtsfälle und ältere Menschen untersucht - und von den rund 1850 Passagieren, die Medikamente verlangt hätten, reiche die Versorgung nur für knapp die Hälfte.

Wer nach der zweiwöchigen Quarantäne nicht positiv auf das Virus testet, soll laut Behörden das Schiff verlassen und per Flugzeug nach Hause reisen dürfen. Doch jeden Tag werden neue Ansteckungen gemeldet. Menschen an Bord haben Angst, dem neuartigen Krankheitserreger besonders ausgesetzt zu sein.

Die Quarantäne, so fürchten sie, setzt sie dem Virus aus, statt vor diesem zu schützen. Die japanischen Behörden beruhigen. Es gebe keine Hinweise, dass die Erreger über das Lüftungssystem übertragen werden. (kes)

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