Salvini der grosse Verlierer
Giuseppe Conte darf italienische Regierung bilden

Der Weg für eine Regierung aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und Sozialdemokraten in Italien ist frei. Staatspräsident Sergio Mattarella beauftragte am Donnerstag den bisherigen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte mit der Bildung einer neuen Regierung.
Publiziert: 29.08.2019 um 10:44 Uhr
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Aktualisiert: 29.08.2019 um 15:29 Uhr

Dies teilte ein Präsidentensprecher am Donnerstag in Rom mit. Vor allem in der EU dürfte eine Koalition mit Beteiligung der europafreundlichen Sozialdemokraten für Erleichterung sorgen. Denn mit der würde der Rechtspopulist Matteo Salvini in der Opposition landen, der bisher als Innenminister die Regierungspolitik prägte.

Conte muss nun ein Kabinett zusammenstellen, das dann noch das Vertrauen beider Parlamentskammern braucht. Dieser Prozess dauert voraussichtlich einige Tage und ist nicht ohne Hindernisse. Erst dann steht die Koalition, die vor allem Salvini ausbooten würde.

Conte sieht wie der Sieger aus

Dieser hatte das Bündnis aus Sternen und seiner rechten Lega Anfang August platzen lassen und auf eine Neuwahl gesetzt. Conte hatte daraufhin seinen Rücktritt eingereicht. Laut Umfragen hätte der Europakritiker Salvini gute Chancen auf einen Sieg bei einer Wahl gehabt. Doch die ist nun vom Tisch.

Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte tritt zurück
1:24
Abrechnung mit Salvini:Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte tritt zurück



Sowohl Sterne als auch PD hatten sich am Mittwoch dafür ausgesprochen, dass Conte das Mandat bekommen soll, eine Regierung zu bilden. Die Zustimmung zu der Personalie Conte galt als Voraussetzung für das Bündnis der beiden ungleichen Parteien, die bisher auf Kriegsfuss gestanden haben.

Giuseppe Conte (rechts) ist von Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt worden.
Foto: AFP
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«Das Experiment versuchen»

«Wir lieben Italien und wir denken, es ist es wert, dieses Experiment zu versuchen», sagte PD-Chef Nicola Zingaretti. Er forderte eine Wende in der Europa- und Migrationspolitik.

Unklar ist jedoch, ob es diese mit den Sternen geben kann. Diese hatten Salvinis harte Linie gegen Migranten mitgetragen und liegen zudem in Haushaltsfragen im Streit mit Brüssel. Die Protestbewegung will zudem noch über eine Onlineplattform über die angestrebte Koalition abstimmen lassen - das wurde als eine der Hürden für eine neue Regierung angesehen. (SDA)

Wer ist eigentlich Giuseppe Conte?

Bis vor Juni 2018 war Giuseppe Conte für die Öffentlichkeit in Italien ein Unbekannter. Der Professor für Privatrecht tauchte damals als Kompromisskandidat für den Premierposten einer Regierung aus Lega und Fünf Sternen auf.

Als «Strohmann» wurde der 55-jährige Conte bei seinem Amtsantritt als Regierungschef von Europas erstem populistischen Kabinett geschmäht. Der Rechtsanwalt mit den pomadisierten Haaren und den eleganten Anzügen wurde von seinen zwei Vizes bestimmt, Luigi Di Maio von den Cinque Stelle und Matteo Salvini von der Lega. Seine Kritiker warfen ihm vor, für seine populistischen Stellvertreter nur als reiner Erfüllungsgehilfe zu dienen und in der neuen Regierung nicht das Sagen zu haben.

Conte überzeugt mit Leistung

Inzwischen hat sich die Lage geändert. Der Ministerpräsident hat in den letzten Monaten sehr an politischer Statur, an staatsmännischer Erfahrung sowie auch an Popularität gewonnen. Zweimal konnte dank Contes Einsatz in Brüssel ein Defizitverfahren abgewendet werden. 

In seiner schwierigen Aufgabe, zwischen den ungleichen Partnern Fünf Sterne und Lega zu vermitteln, hat er stets als sachlicher Moderator gewirkt, der über den Parteien steht und immer die Verfassung im Auge behält. Dabei hat er viel Dialogbereitschaft und Kompetenz bewiesen.

Dank seiner Ruhe und seines diplomatischen Geschicks ist Conte laut Umfragen zum populärsten Politiker aufgerückt und überragte sogar den polternden Lega-Chef Salvini, der vor dem Bruch der Regierungskoalition auf Erfolgskurs segelte.

Contes Karriere

Der 1964 geborene Conte stammt aus Volturara Appula, einem 400-Einwohner-Dorf nahe der apulischen Stadt Foggia. In die Schule musste er daher ins nahe gelegene San Giovanni Rotondo pendeln, den Wallfahrtsort des italienischen Nationalheiligen Padre Pio. Hier arbeitete auch Contes Vater einst in der Gemeindeverwaltung als Beamter. 

1988 promovierte Conte an der römischen Universität «La Sapienza» summa cum laude. Conte war vor seinem Wechsel in den Regierungssitz in Rom Professor für Privatrecht in Florenz und an der römischen Universität LUISS. Er war Mitglied des Obersten Verwaltungsgerichts und Direktor verschiedener Rechtspublikationen sowie Mitglied des Wissenschaftlichen Komitees der italienischen Notariatsstiftung.

Wie sieht seine Politik aus?

Politisch gilt Conte als progressiv und europafreundlich. Der geschiedene Vater eines elfjährigen Sohnes hatte sich auf Druck seines Freundes Alfonso Bonafede, scheidender Justizminister und rechte Hand von Fünf-Sterne-Chef Di Maio, der populistischen Bewegung genähert, war ihr jedoch nie beigetreten. (SDA)

Bis vor Juni 2018 war Giuseppe Conte für die Öffentlichkeit in Italien ein Unbekannter. Der Professor für Privatrecht tauchte damals als Kompromisskandidat für den Premierposten einer Regierung aus Lega und Fünf Sternen auf.

Als «Strohmann» wurde der 55-jährige Conte bei seinem Amtsantritt als Regierungschef von Europas erstem populistischen Kabinett geschmäht. Der Rechtsanwalt mit den pomadisierten Haaren und den eleganten Anzügen wurde von seinen zwei Vizes bestimmt, Luigi Di Maio von den Cinque Stelle und Matteo Salvini von der Lega. Seine Kritiker warfen ihm vor, für seine populistischen Stellvertreter nur als reiner Erfüllungsgehilfe zu dienen und in der neuen Regierung nicht das Sagen zu haben.

Conte überzeugt mit Leistung

Inzwischen hat sich die Lage geändert. Der Ministerpräsident hat in den letzten Monaten sehr an politischer Statur, an staatsmännischer Erfahrung sowie auch an Popularität gewonnen. Zweimal konnte dank Contes Einsatz in Brüssel ein Defizitverfahren abgewendet werden. 

In seiner schwierigen Aufgabe, zwischen den ungleichen Partnern Fünf Sterne und Lega zu vermitteln, hat er stets als sachlicher Moderator gewirkt, der über den Parteien steht und immer die Verfassung im Auge behält. Dabei hat er viel Dialogbereitschaft und Kompetenz bewiesen.

Dank seiner Ruhe und seines diplomatischen Geschicks ist Conte laut Umfragen zum populärsten Politiker aufgerückt und überragte sogar den polternden Lega-Chef Salvini, der vor dem Bruch der Regierungskoalition auf Erfolgskurs segelte.

Contes Karriere

Der 1964 geborene Conte stammt aus Volturara Appula, einem 400-Einwohner-Dorf nahe der apulischen Stadt Foggia. In die Schule musste er daher ins nahe gelegene San Giovanni Rotondo pendeln, den Wallfahrtsort des italienischen Nationalheiligen Padre Pio. Hier arbeitete auch Contes Vater einst in der Gemeindeverwaltung als Beamter. 

1988 promovierte Conte an der römischen Universität «La Sapienza» summa cum laude. Conte war vor seinem Wechsel in den Regierungssitz in Rom Professor für Privatrecht in Florenz und an der römischen Universität LUISS. Er war Mitglied des Obersten Verwaltungsgerichts und Direktor verschiedener Rechtspublikationen sowie Mitglied des Wissenschaftlichen Komitees der italienischen Notariatsstiftung.

Wie sieht seine Politik aus?

Politisch gilt Conte als progressiv und europafreundlich. Der geschiedene Vater eines elfjährigen Sohnes hatte sich auf Druck seines Freundes Alfonso Bonafede, scheidender Justizminister und rechte Hand von Fünf-Sterne-Chef Di Maio, der populistischen Bewegung genähert, war ihr jedoch nie beigetreten. (SDA)

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