Schwere Vorwürfe der ukrainischen Marine
Russland feuert offenbar auf ukrainische Boote

Russische Militärs sollen vor der Krim-Halbinsel auf mehrere ukrainische Boote geschossen haben. Mindestens ein Matrose wurde verletzt.
Publiziert: 25.11.2018 um 20:25 Uhr
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Aktualisiert: 26.11.2018 um 10:25 Uhr

Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine droht erneut zu eskalieren. Am Sonntagabend meldeten ukrainische Medien, Russland habe Schiffe des Nachbarlandes am Schwarzen Meer beschossen.

Sechs Besatzungsmitglieder sollen den Angaben zufolge dabei verletzt worden sein. Zudem soll der russische Grenzschutz mindestens zwei dieser Boote beschlagnahmt haben.

Russlands Inlandsgeheimdienst FSB, der auch für den Grenzschutz zuständig ist, sprach laut russischen Medien von drei Verletzten. Es seien Waffen eingesetzt worden, um die ukrainischen Schiffe zum Stopp zu zwingen, hiess es. Drei Boote des Nachbarlandes seien beschlagnahmt worden.

Russen rammen Schiff der Ukraine

In der Nacht auf Montag bestätigte der FSB dann die Informationen in einer Erklärung. Mit Waffeneinsatz seien drei ukrainische Marineschiffe am Sonntag in der Strasse von Kertsch vor der Halbinsel Krim gestoppt worden, erklärte die russische Sicherheitsbehörde. Russische Kräfte seien an Bord gegangen und hätten die Schiffe durchsucht.

Zuvor hatte die ukrainische Marine bereits mitgeteilt, dass ein Schiff des russischen Grenzschutzes einen ihrer Marineschlepper gerammt habe. Ein Motor und der Rumpf des Schiffes seien dabei beschädigt worden. Am Abend tagte in der Ukraine ein Krisenstab. In dem Gremium sitzen neben dem Präsidenten Petro Poroschenko noch der Innenminister, der Verteidigungsminister und der Geheimdienstchef.

Die Lage hatte sich bereits am Morgen zugespitzt, als drei ukrainische Schiffe nach Angaben aus Kiew die Meerenge zwischen dem Schwarzen und dem Asowschen Meer passieren wollten. Russland stoppte sie und sperrte die Meerenge ab. Kiew schickte daraufhin zwei weitere Schiffe zum Asowschen Meer. Diese kehrten inzwischen wieder um.

EU und Nato rufen zu Deeskalation auf

Die Nato rief am Abend zur Zurückhaltung und Deeskalation auf. In einer Mitteilung hiess es, man verfolge die Entwicklungen im Asowschen Meer und in der Strasse von Kertsch aufmerksam. "Wir haben Kontakt zu den ukrainischen Behörden." Die Nato unterstütze uneingeschränkt die Souveränität der Ukraine und ihre territoriale Integrität.

Die Europäische Union forderte Moskau auf, die Strasse von Kertsch wieder freizugeben und so zur Deeskalation beizutragen. "Die Spannungen im Asowschen Meer und in der Strasse von Kertsch haben sich heute gefährlich verstärkt", erklärte EU-Kommissionssprecherin Maja Kocijanic am Sonntagabend in Brüssel. Sie rief überdies alle Beteiligten auf, "mit grösster Zurückhaltung zu agieren, um die Situation sofort zu deeskalieren".

Die Kommissionssprecherin wies in der Erklärung darauf hin, dass es Berichte gebe, wonach Russland sich ukrainischer Schiffe bemächtigt und Schüsse auf diese abgegeben habe.

Die jüngsten Vorfälle zeigten, "wie Instabilität und Spannungen wachsen müssen, wenn die grundlegenden Regeln internationaler Zusammenarbeit missachtet werden". "Die EU erkennt die illegale Annexion der Halbinsel Krim durch Russland nicht an und wird dies auch nicht tun", endete die Erklärung.

Putin spricht von Provokation

Russland hatte das Passieren der ukrainischen Schiffe als Provokation gedeutet. Das Nachbarland wolle eine "Konfliktsituation" schaffen, zitierten Medien aus einer Stellungnahme der russischen Behörden. Es würden alle Schritte unternommen, um eine Provokation zu verhindern. Russland warf demnach der ukrainischen Marine vor, die russische Grenze ohne Erlaubnis passiert zu haben. Kiew dementierte. Die Russen sprachen von "gefährlichen Manövern".

In Kiew hiess es den Angaben zufolge, Moskau verstosse gegen das Uno-Seerechtsübereinkommen und den Vertrag zwischen der Ukraine und Russland zur Nutzung des Asowschen Meers und der Strasse von Kertsch. Die Schiffe waren demnach in der Nacht zum Sonntag auf dem Weg von der ukrainischen Hafenstadt Odessa nach Mariupol am Asowschen Meer.

Das Asowsche Meer nordöstlich der Halbinsel Krim entwickelt sich seit Monaten zu einem weiteren Schauplatz des Konflikts der Nachbarländer. Das Verhältnis ist wegen der 2014 von Russland annektierten Krim und der Ostukraine, wo Moskau aus westlicher Sicht die prorussischen Separatisten militärisch unterstützt, zerrüttet.

Kiew hatte angekündigt, die Präsenz der Marine im Asowschen Meer zu erhöhen. In den vergangenen Monaten hatten beide Seiten Fischkutter in dem Meer festgesetzt und beschlagnahmt. Am Sonntag soll Moskau auch zwei Kampfhelikopter dort eingesetzt haben.

Die Agentur Interfax berichtete, es sollten russische Kampfflugzeuge auf der Krim stationiert werden. Auf Bildern war zu sehen, dass ein grosses Frachtschiff direkt unter der Brücke zur Halbinsel quer im Wasser stand und so die Durchfahrt blockierte. (SDA)

Krieg in der Ostukraine - Europas blinder Fleck

Im Ukrainekonflikt kämpft die ukrainische Armee gegen Separatisten der Volksrepubliken ­Donezk und Luhansk. Der Konflikt eskalierte ab April 2014, nachdem in der Ukraine die ­russlandtreue Regierung unter Wiktor Janukowitsch durch die Maidan-Revolution vertrieben wurde. Auf sie folgte eine proeuropäische Übergangsregierung. Anfang 2014 begann ein von Russland gelenkter Aufstand, erst auf der Krim, dann im Donbass, dem ­Osten der Ukraine, wo eine Mehrheit russisch spricht. Im September 2014 vermittelte die OSZE einen ersten Waffenstillstand. Er wurde bis heute nie eingehalten. Der Konflikt hat bisher über 13'000 Tote gefordert.

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