39 Leichen in Lastwagen entdeckt
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Er kam von Belgien:39 Leichen in Lastwagen entdeckt

Die 39 Toten im Lastwagen waren Chinesen
Zwei weitere Verdächtige verhaftet

39 Leichen hat die britische Polizei in einem Lastwagen entdeckt. Bei den Toten handelt es sich um Chinesen. Der Chauffeur (25) wurde am Mittwoch verhaftet. Am Freitag wurden zwei weitere Verdächtige festgenommen.
Publiziert: 23.10.2019 um 10:45 Uhr
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Aktualisiert: 22.01.2021 um 16:13 Uhr
Die Polizei fahndet nach Ronan Hughes (links) und seinen Bruder Christopher Hughes.
Foto: Essex Police
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Dieser Fund erschüttert Grossbritannien: In der Grafschaft Essex, 30 Kilometer östlich von London, stiess die Polizei am frühen Mittwochmorgen in einem Lastwagen-Container auf 39 leblose Personen. Bei den Opfern handelt es sich um Chinesen – 31 Männer und 8 Frauen. Am Donnerstag wurden die ersten elf Leichen ins Broomfield Spital zur Obduktion gebracht.

Der Lastwagenfahrer, ein 25-Jähriger namens Mo Robinson, wurde unmittelbar nach dem Fund verhaftet. Jetzt wurden zwei weitere Personen festgenommen. Dabei handelt es sich um eine Frau und einen Mann (beide 38). Diese wurden laut «The Sun» in der Stadt Warrington, in der Nähe von Liverpool, angehalten.

Container kam aus Belgien

Die chinesischen Opfer wurden in einem Kühlcontainer entdeckt, wie die «Sun» berichtete. In einem solchen können die Temperaturen laut Experten bis zu minus 25 Grad betragen. Unter diesen Umständen würden Menschen relativ schnell zu Tode kommen.

Der Container soll am 15. Oktober in Irland von der Firma Global Trailer Rental Europe (GTR) für eine Woche an eine andere Firma vermietet worden sein. Welche das ist, ist unbekannt. Kostenpunkt: etwa 300 Franken. Der Anhänger verfügt laut GTR über ein Ortungssystem. Die Daten würden nun ausgewertet. Der Container soll laut «Times» via Holland nach Belgien gekommen sein.

Im Hafen von Seebrügge (Belgien) wurde er am Dienstag um 14.49 verschifft. Die Fähre brachte ihn nach Purfleet, einem Hafen in der Themse-Mündung. Dort wurde er um 00.30 Uhr auf den Lastwagen verladen. Eine halbe Stunde später verliess der LKW zusammen mit dem Container den Hafen.

Um 1.40 Uhr rückten die Rettungskräfte zum Waterglade Industrie-Park an der Eastern Avenue in Grays aus. Grund war ein anonymer Anruf. Dort stand der Transporter. Für die Chinesen kam jede Hilfe zu spät.

Die Leichen waren gefroren, und die Menschen bereits seit mindestens zwölf Stunden tot, schreibt der «Mirror». Der Bürgermeister von Seebrügge, Dirk De Fauw, glaubt, dass die Opfer vor ihrer Ankunft in Belgien starben. Ansonsten «hätten die Wärmekameras die Personen registriert.»

Der Leiter des belgischen Hafens, Joachim Coens, pflichtet ihm bei. Es sei «unwahrscheinlich», dass die Leichen im Hafen in den Container geladen wurden. «Ein Kühlcontainer in der Hafenzone ist vollständig versiegelt. Bei der Inspektion wird die Dichtung überprüft und auch das Nummernschild und der Fahrer werden mit Kameras kontrolliert.»

Die belgischen Behörden ermitteln nun gemeinsam mit den Briten. Ein belgischer Sprecher sagte: «Wir haben momentan keine Ahnung, wie lange der Container in Belgien war, es könnten Stunden oder auch Tage sein.»

Sind bulgarische Schmuggler involviert?

Der Lastwagen, der den Container abholte, ist gemäss Medienberichten auf eine irische Firma zugelassen. Er wurde vor zwei Jahren in der bulgarischen Stadt Warna registriert, verliess das Land jedoch und kam nicht mehr zurück. Die Ermittler überprüfen derzeit, ob eine irische Schmugglergang mit Verbindungen nach Bulgarien hinter dem Drama steckt.

Hauptkommissar Andrew Mariner: «Dies ist ein tragischer Vorfall, bei dem eine grosse Zahl von Menschen ihr Leben verloren hat. Unsere Ermittlungen laufen, um festzustellen, was passiert ist.» Die genaue Identifikation der Opfer sei im Gange, könne aber längere Zeit in Anspruch nehmen, sagt er. Ob es sich bei den Chinesen um ins Land geschleuste Flüchtlinge handelt, bleibt weiterhin offen. Der chinesische Botschafter ist unterwegs nach Essex.

Fahrer unter mehrfachem Mordverdacht

Mo Robinson war mit dem LKW vergangenen Samstag aus Nordirland über Wales nach England gereist. Er hätte den Container weitertransportieren sollen. Wohin, ist unklar. Ebenso, was er bis zum Abholtermin getrieben hatte.

Robinson ist seit über fünf Jahren als Lastwagenfahrer tätig. Gegen ihn wird nun wegen mehrfachen Mordes ermittelt. Angeklagt ist Robinson allerdings noch nicht. In der Nacht auf Donnerstag wurden drei Wohnungen in Nordirland durchsucht.

Chronologie einer Tragödie
  • Am Mittwochmorgen, dem 23. Oktober, fand die Polizei in Essex (GB) 39 Leichen in einem Kühlcontainer.
  • Bei den Opfern handelt es sich um Chinesen – 31 Männer und 8 Frauen.
  • Die Todesursache der Chinesen ist noch unbekannt. Sie könnten aber erfroren sein. Berichten zufolge waren sie am Mittwoch bereits seit mindestens 12 Stunden tot.
  • Der Container kam mit der Fähre aus Belgien nach England. Zuvor soll er in Holland gewesen sein. Vermietet hat ihn eine irische Firma an eine andere unbekannte Firma.
  • In England wurde der Container im Hafen von einem in Irland zugelassenen Lastwagen abgeholt. Das Fahrzeug wurde vor zwei Jahren in Bulgarien registriert.
  • Der LKW-Chauffeur ist Mo Robinson (25) aus Nordirland.
  • Er wurde verhaftet. Gegen ihn wird wegen mehrfachen Mordverdachts ermittelt.
  • Berichten zufolge hat Robinson die Leichen entdeckt und die Behörden alarmiert, bevor er ohnmächtig wurde.
  • Am Freitag wurden drei weitere Verdächtige festgenommen. Zunächst das Ehepaar Thomas und Joanna Maher in Warrington, nahe Liverpool. Auf ihre Verhaftung folgte die Festnahme eines Nordiren (48) am Flughafen London-Stansed.
  • Die belgischen Behörden glauben, dass die Opfer im Container vor der Ankunft in Belgien schon tot waren. Ansonsten wären sie von den Wärmebildkameras entdeckt worden.
  • Am Mittwochmorgen, dem 23. Oktober, fand die Polizei in Essex (GB) 39 Leichen in einem Kühlcontainer.
  • Bei den Opfern handelt es sich um Chinesen – 31 Männer und 8 Frauen.
  • Die Todesursache der Chinesen ist noch unbekannt. Sie könnten aber erfroren sein. Berichten zufolge waren sie am Mittwoch bereits seit mindestens 12 Stunden tot.
  • Der Container kam mit der Fähre aus Belgien nach England. Zuvor soll er in Holland gewesen sein. Vermietet hat ihn eine irische Firma an eine andere unbekannte Firma.
  • In England wurde der Container im Hafen von einem in Irland zugelassenen Lastwagen abgeholt. Das Fahrzeug wurde vor zwei Jahren in Bulgarien registriert.
  • Der LKW-Chauffeur ist Mo Robinson (25) aus Nordirland.
  • Er wurde verhaftet. Gegen ihn wird wegen mehrfachen Mordverdachts ermittelt.
  • Berichten zufolge hat Robinson die Leichen entdeckt und die Behörden alarmiert, bevor er ohnmächtig wurde.
  • Am Freitag wurden drei weitere Verdächtige festgenommen. Zunächst das Ehepaar Thomas und Joanna Maher in Warrington, nahe Liverpool. Auf ihre Verhaftung folgte die Festnahme eines Nordiren (48) am Flughafen London-Stansed.
  • Die belgischen Behörden glauben, dass die Opfer im Container vor der Ankunft in Belgien schon tot waren. Ansonsten wären sie von den Wärmebildkameras entdeckt worden.
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Nachbarn der Eltern in Laurelvale zeigten sich überrascht über die Festnahme des 25-Jährigen. Die Familie sei angesehen im Dorf, und der Fahrer habe alle paar Wochen seine Eltern besucht, heisst es. Robinson scheint ein begeisterter Lastwagenfahrer zu sein. Auf Facebook und Instagram postete er fleissig Bilder der Fahrzeuge. Seine Partnerin soll mit dem ersten gemeinsamen Kind schwanger sein.

Chinesen waren seit mindestens 12 Stunden tot

Eine Quelle aus Ermittlerkreisen sagt zum «Telegraph», Robinson selber habe die Behörden alarmiert. Es sei «sehr unwahrscheinlich», dass der 25-Jährige von den 39 Chinesen im Container etwas gewusst habe. «Als er den Container öffnete und alle Leichen sah, war er absolut erschüttert – wie jeder andere auch – und rief den Rettungsdienst an, der wiederum die Polizei alarmierte.»

Offenbar öffnete der Fahrer die Türen, um noch Papierkram zu erledigen. Eine Zeugin sagte gegenüber dem «Evening Standard», Robinson sei in Ohnmacht gefallen, nachdem er die Leichen gesehen und die Ambulanz alarmiert hatte.

Johnson kondoliert

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Der britische Premierminister Boris Johnson ist tief betroffen. «Meine Gedanken sind bei all denen, die ihr Leben oder ihre Lieben verloren haben», schrieb er in einem Tweet. (man/bra/nbb/nim/hah)

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