USA warnen vor «unmittelbar bevorstehendem» Angriff
Iran-Angst – Bluff oder echte Gefahr?

Ein Jahr nach den USA hat der Iran den teilweisen Rückzug aus dem Atomdeal mit dem Westen verkündet. Die USA rasseln mit dem Säbel und warnen vor einem «unmittelbar bevorstehenden» Angriff der Iraner.
Publiziert: 08.05.2019 um 15:00 Uhr
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Aktualisiert: 13.05.2019 um 08:41 Uhr
US-Präsident Trump schickte am Wochenende den Flugzeugträger USS Abraham Lincoln in Richtung Persischer Golf.
Foto: EPA
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Guido Felder

Der Iran reagiert auf die verschärften Sanktionen des Westens mit Gegenmassnahmen: Die Regierung hat verkündet, dass sie teilweise aus dem Atomdeal austreten wolle, den sie mit dem Westen zur Verhinderung des Baus von Atomwaffen geschlossen hatte. Genau vor einem Jahr waren die USA aus dem Vertrag ausgestiegen.

Diese Ankündigung sorgt für grosse Nervosität. Nachdem US-Präsident Donald Trump (72) am Wochenende seinen Flugzeugträger USS Abraham Lincoln Richtung Persischer Golf losgeschickt hatte, hat am Dienstag US-Aussenminister Mike Pompeo (55) ein Treffen mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel (64) platzen lassen und ist überraschend in die irakische Hauptstadt Bagdad gereist.

US-Stützpunkte im Irak als Ziel?

Bei Krisengesprächen mit irakischen Regierungsvertretern warnte Pompeo vor einem «unmittelbar bevorstehenden» Angriff des Irans. Was er genau damit meinte, führte er nicht aus. Der US-Sender CNN berichtete aber über eine Lieferung von Raketen auf Segelbooten aus dem Iran Richtung Irak. Im Irak gibt es mehrere vom Iran unterstützte Milizen, gleichzeitig sind dort immer noch rund 5000 US-Soldaten stationiert.

«Wie gefährlich es werden könnte, ist zurzeit schwer abzuschätzen», sagt Nahostexperte Erich Gysling (82) auf Anfrage von BLICK. Er schliesst nicht aus, dass Pompeos Warnung ein Bluff sein könnte. Gysling: «Die jüngsten Aussagen von Pompeo ähneln stark jenen Aussagen der Amerikaner von 2003, als sie Unsinn über den angeblich gefährlichen Irak erzählten.»

Bauen die Iraner nun die Atombombe?

Auch wenn die Iraner US-Truppen im Irak unter Beschuss nehmen würden, hätten sie kaum eine Chance. Gysling: «Im Persischen Golf kreuzen rund 30 amerikanische Kriegsschiffe. Die US-Truppen sind den Iranern technisch massiv überlegen.»

Die Amerikaner haben angekündigt, dass sie im Falle eines Beschusses auf US-Einrichtungen umgehend zu einem Vergeltungsschlag ausholen würden. Auf einen Krieg würde sich US-Präsident Donald Trump wohl eher nicht einlassen, weil dies die weltweite Wirtschaft massiv erschüttern und den Aufschwung der USA gefährden würde.

Es ist ungewiss, was der teilweise Rückzug des Irans aus dem Atomdeal bedeutet. Bauen die Iraner nun an der Atombombe? Erich Gysling: «Den Iranern fehlen dazu die Zentrifugen. Die Amerikaner sprechen aber davon, dass die Iraner innert eines Jahres die Atombombe herstellen könnten, wenn sie sich ganz aus dem Deal zurückziehen würden. Internationale Fachleute reden hingegen von einer längeren Frist.»

Andere Länder halten an Deal fest

Der Iran stellte den verbleibenden Parteien im Atomabkommen (Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, China und Russland) ein Ultimatum: Sollten deren Zusagen «insbesondere im Öl- und Bankensektor» nicht binnen 60 Tagen wieder aufgenommen werden, werde der Iran weitere seiner Verpflichtungen aufkündigen.

Präsident Wladimir Putin (66) hat die «unüberlegten und willkürlichen Entscheidungen» Washingtons kritisiert, die zu einem «unzumutbaren Druck» auf den Iran geführt und nun in Teheran «ärgerliche Massnahmen hervorgerufen» hätten.

Das internationale Wiener Atomabkommen wurde im Juli 2015 geschlossen. Die Vereinbarung soll es dem Iran mit strengen internationalen Kontrollen unmöglich machen, Atomwaffen zu entwickeln. Im Gegenzug stellten die Vertragspartner, vor allem die USA, einen Abbau von Sanktionen und eine Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen in Aussicht.

Die EU-Staaten, China und Russland halten an den Atomvereinbarungen fest. Über die Zweckgesellschaft Instex wollen die Europäer die US-Wirtschaftssanktionen aushebeln und den Handel mit dem Iran weiterhin ermöglichen. Die Instex-Initiative war jedoch bis jetzt weniger erfolgreich, weil besonders die Grossbanken aus Angst vor US-Strafen keine Handelsprojekte mit dem Iran finanzieren wollen.

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