Knall im Kreml
Putin will neuen Regierungschef

Paukenschlag in Russland! Nach der Ansprache von Wladimir Putin tritt die Regierung zurück – es könnte ein cleverer Schachzug des russischen Präsidenten sein.
Publiziert: 15.01.2020 um 14:52 Uhr
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Aktualisiert: 16.01.2020 um 10:32 Uhr

Die russische Regierung unter Ministerpräsident Dmitri Medwedew (54) hat ihren Rücktritt angekündigt. Das meldete die russische Nachrichtenagentur Tass am Mittwoch unter Berufung auf den Regierungschef. BLICK beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was passiert jetzt?

Staatspräsident Wladimir Putin (67) verliert auf einen Schlag die gesamte Regierung seines Landes. Doch von Spaltung keine Spur: Bis Putin eine neue Regierung berufen hat, bleibt die alte im Amt. Die Regierung stand wegen der Wirtschaftskrise im Land unter grossem Druck. Putin hatte erst kurz zuvor mehr Hilfen für einkommensschwache Familien versprochen. Die nächste Parlamentswahl ist für Herbst 2021 geplant.

Für den Posten des neuen Regierungschefs hat Putin den Chef der Steuerbehörde, Michail Mischustin (53) vorgeschlagen. Der Wirtschaftsexperte aus Moskau steht seit 2010 an der Spitze der Behörde. Das Parlament muss Putins Vorschlag zwar noch bestätigen, das gilt aber als Formsache. Laut der russischen Nachrichtenagentur Ria hat Mischustin dem bereits zugestimmt.

Rücktritt, aber kein Zoff: Staatspräsident Putin und Ministerpräsident Medwedew.
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Medwedew soll nach Angaben Putins künftig Vize-Vorsitzender des nationalen Sicherheitsrates werden und diesen zusammen mit Putin leiten. Dort soll der aus St. Petersburg stammende Jurist Medwedew die Bereiche Verteidigung und Sicherheit verantworten. Zudem ist Medwedew auch Vorsitzender der Kremlpartei Geeintes Russland ist. «Ich halte es für möglich und bat ihn, sich in Zukunft mit Fragen dieser Kategorie zu befassen», so Putin.

Warum trat die Regierung jetzt zurück?

Der Rücktritt folgt unmittelbar auf Putins Ankündigung für eine Verfassungsänderung. Der russische Präsident will mit einer Verfassungsreform dem Parlament mehr Macht einräumen. So sollen die Abgeordneten unter anderem künftig den Ministerpräsidenten bestimmen, wie Putin am Mittwoch in einer Rede zur Lage der Nation ankündigte.

Zudem sollten die Kriterien für Präsidentschaftskandidaten verschärft werden, meinte Putin. An dem starken Präsidialsystem wolle er aber festhalten. Dazu schlug er ein Verfassungsreferendum vor.

Sichert sich Putin nur selbst mehr Macht?

Kritiker werfen Putin vor, bereits an seinem Machterhalt über das Jahr 2024 hinaus zu arbeiten, in dem seine Amtszeit als Präsident endet und er gemäss der Verfassung abtreten muss.

Ein möglicher cleverer Schachzug: Statt einer Verfassungsänderung für eine erneute Kandidatur könnte Putin dem Parlament auch mehr Macht verleihen und als Ministerpräsident mit grösseren Befugnissen weiter regieren.

Will Putin Präsident bleiben?

Im Dezember hatte sich Putin offen für eine Verfassungsreform gezeigt, die die Zahl der Amtszeiten eines Präsidenten stärker begrenzen könnte. Er signalisierte, die Zahl der präsidialen Amtszeiten könnte grundsätzlich auf zwei limitiert werden.

Bisher begrenzt die Verfassung lediglich die Zahl der aufeinanderfolgenden Amtszeiten auf zwei. Putin selbst ist seit 1999 entweder als Präsident oder als Ministerpräsident an der Macht. 2024 endet seine vierte Amtszeit als Präsiden. (SDA/kin/rad)

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