Coronavirus - Schweiz
Verschärfte Massnahmen in Tessin - Rekordanstieg an Ansteckungen

Der Kanton Tessin hat am Samstag die Massnahmen gegen das Coronavirus verschärft. Ältere Menschen dürfen nicht einkaufen gehen und Arbeiten auf Baustellen werden sofort eingestellt. Derweil steigt die Zahl der Infizierten schweizweit im Rekordtempo an.
Publiziert: 21.03.2020 um 17:06 Uhr
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Aktualisiert: 21.03.2020 um 21:49 Uhr
Ärzte behandeln einen Coronavirus Patienten im Kantonsspital La Carita in Locarno.
Foto: Alessandro Crinari

Für ältere und gefährdete Menschen gibt es ein «explizites Verbot, selber einkaufen zu gehen», sie dürfen nur in einigen Fällen zum Arzt gehen oder arbeiten, wie Regierungspräsident Christian Vitta an einer Pressekonferenz in Bellinzona sagte. Die ältere Bevölkerung müsse sich Hilfe von Verwandten holen oder die kommunalen Dienste für die Hauszustellung nutzen. Vom 22. bis 29. März werde die gesamte Bevölkerung ihre Bewegungen auf das Notwendigste reduzieren müssen.

Im Gegensatz zu dem, was auf Bundesebene beschlossen wurde, müssen im Tessin die Aktivitäten auf den Baustellen sofort eingestellt werden, «ungeachtet der Arbeiten, die notwendig sind, um die Arbeitsplätze sicher zu machen», hiess es an der Pressekonferenz in Bellinzona weiter. Der kantonale Führungsstab könne Ausnahmen gewähren, wenn eine eindeutige Dringlichkeit oder ein überwiegendes öffentliches Interesse bestehe.

Die kantonale Verwaltung bleibt bis zum 27. März geschlossen, mit Ausnahme von dringenden Aktivitäten. In diesem Fall werden die Büros mit reduziertem Personal und ohne Kontakt zur Öffentlichkeit arbeiten.

Nach Angaben von Daniel Koch vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) gibt es in der Schweiz inzwischen über 6100 positiv getestete Fälle und 56 Todesfälle. Diese Zahlen würden in den nächsten Tagen weiter steigen und erst dann möglicherweise abflachen.

Im Tessin gab es am Samstag 934 bestätigte Fälle, davon waren 184 Personen hospitalisiert. 40 von diesen Menschen befanden sich in Intensivpflege, die Zahl der Toten erhöhte sich auf 28. Die Situation im Tessin sei angespannt - in Italien sei sie dramatisch, sagte Koch. Dort habe es bereits über 4000 Todesfälle gegeben. «Wir werden alles daran setzen müssen, dass wir in der Schweiz nicht zu einer so hohen Todesfallrate kommt.»

Momentan müssten im Tessin keine Patienten in Spitälern abgewiesen werden, sagte Koch. «Es gibt zurzeit noch genügend Betten.» Das habe ihm der dortige Kantonsarzt am Samstagmittag versichert.

Am Samstagmittag gab es laut BAG schweizweit bereits 6113 bestätigte Fälle, das sind 1273 mehr als noch vor 24 Stunden. 56 Personen sind verstorben. Es handelt sich um den bisher grössten Zuwachs an Infizierten innerhalb eines Tages.

Doch die Experten des Bundes haben Hoffnung auf Besserung. «Ich erwarte, dass in rund einer Woche der Anstieg nicht mehr so stark ist», sagte Koch vor den Bundeshausmedien. Damit es tatsächlich so weit komme, müsse die gesamte Bevölkerung Eigenverantwortung zeigen.

Armeeangehörige, die jetzt im Dienst sind, müssen sich auf eine längere Dienstzeit einstellen. Das kündigte Brigadier Raynald Droz am Samstag vor den Medien in Bern an. Eine Verlängerung der Dienstzeit sei unvermeidlich, sagte er.

Auch über 4000 Zivildienstleistende standen in der laufenden Woche im Einsatz - unter anderem in Spitälern, Heimen und Gesundheitseinrichtungen. Laut Christoph Hartmann, Direktor des Bundesamts für Zivildienst (Zivi), sollen ab Montag weitere Personen bereitstehen.

Eine positive Zwischenbilanz zieht die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV). Das neue Grenzregime werde grösstenteils akzeptiert, sagte Direktor Christian Bock. Trotzdem würden die Kontrollen verstärkt - unter anderem mit zusätzlichen Helikoptern.

Es gebe noch immer Versuche, über Feldwege oder abgesperrte Strassen die Grenze zu überqueren, sagte Bock in Bern vor den Medien. Das wolle man mit allen Mitteln verhindern. Deshalb werde das Zwischengelände nun noch genauer überwacht. In den vergangenen zwei Tagen wurden laut Bock rund 16'000 Personen die Einreise verweigert - das sei eine Zunahme von 5000 Personen.

Gesundheitsminister Alain Berset hat unter dem Hashtag #soschützenwiruns (#voicicommentnousprotéger) eine Social-Media-Kampagne gestartet und dazu Promis wie Roger Federer, Christa Rigozzi und Stress ins Boot geholt. Unter dem Hashtag kann jedermann zeigen, wie er oder sie den erzwungenen Alltag zu Hause meistert und andere dazu aufrufen, die Vorgaben des Bundes einzuhalten.

Federers Auswahl erfolgte natürlich nicht zufällig, hat er doch über 7 Millionen Follower auf Instagram. Federer reagierte prompt und forderte auch andere Prominente wie NHL-Star Roman Josi oder Skirennfahrerin Wendy Holdener auf, an der Challenge teilzunehmen.

(SDA)

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