Ehemaliger Rocker (35) erzählt von brutaler Attacke
Kodiaks verprügeln Aussteiger

Mit Gewalt setzen Hells Angels und ihre Supporter ihren Machtanspruch durch. Dabei setzen sie Gewalt auch gegen ihre eigenen Mitglieder ein.
Publiziert: 26.05.2019 um 12:52 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2024 um 00:05 Uhr
Die Kodiaks Thun wurden im Herbst 2016 gegründet. Der Support-Klub untersteht den Hells Angels Basel und geniesst viele Privilegien.
Foto: zVg
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Cyrill Pinto

Fünf Verletzte, zwei Männer in Haft. So lautet die Bilanz des Rocker-Überfalls von Belp BE von Ende April (SonntagsBlick berichtete). Hintergrund für die Straf­aktion, bei der auch Pistolen zum Einsatz kamen, ist die Rivalität zwischen den Rockerklubs Hells Angels und Bandidos.

So beanspruchen die Hells die Schweiz als ihr alleiniges Gebiet. Rocker mit Bandidos-Kutte oder gar ein Ableger dieses Klubs werden hierzulande nicht geduldet und mit Gewalt bekämpft. Das Bundesamt für Polizei (Fedpol) warnt jetzt vor dem «ernst zu nehmenden Konfliktpotenzial», das von der Szene ausgeht.

Um ihre Macht zu zementieren, greifen die Hells Angels auf die ­Unterstützung sogenannter Supporter-Klubs zurück, wie etwa den Thuner Kodiaks.

Unter Vorwand ins Klubhaus gelockt

Recherchen von SonntagsBlick zeigen: Die Rocker wenden nicht nur Gewalt gegen verfeindete Rockergruppen an, sondern auch gegen ihre eigenen Leute.

Mehrere Kodiak-Mitglieder wurden von anderen Kodiaks verprügelt, als sie den Klub verlassen wollten. Zuletzt traf es Michael M.* aus Bern. Mehrere Monate hatte er den Kodiak-Patch auf ­seiner Kutte getragen, er galt als Anwärter auf die Vollmitgliedschaft. Doch Michael M. wollte die Kodiaks wieder verlassen.

Unter ­einem Vorwand wurde der 35-Jährige Mitte März ins Klubhaus nach Mühlethurnen BE gelockt. Dort wurde er von sechs Kodiaks während mehreren Stunden verprügelt. Sogar ein Baseball-Schläger soll dabei zum Einsatz gekommen sein. Dutzende Prellungen und Schürfungen sowie ein geplatztes Trommelfell mussten anschliessend im Berner Inselspital behandelt werden. 
Obwohl M. von den Kodiaks davor gewarnt wurde, hat er eine Anzeige gegen seine Peiniger eingereicht.

Die Schweizer Szene ist im Umbruch

Unter anderem gegen den President der Kodiaks, Daniel S.* (40), und gegen den Sergeant at Arms, Lorenz F.* (31), beide in der Re­gion Thun wohnhaft. Gegen sie und vier weitere Kodiaks läuft nun ein Verfahren wegen Tätlichkeit, Körperverletzung und Drohung.

Daniel S., der sich auf Anfrage nicht zu den Vorfällen äussern wollte, ist erst seit kurzem President des 2016 gegründeten Support-Klubs. In ihrem Klublokal beim Bahnhof Mühlethurnen treffen sie sich regelmässig und veranstalten Partys.

Es ist nicht das erste Mal, dass Hells Angels und ihre Supporter Strafaktionen gegen ihre eigenen Leute durchziehen. In der Szene sorgte ein Überfall auf Mitglieder der Broncos Thun für Empörung. Die Hells Angels wollten damit die ihnen untergeordneten Broncos für die Gründung eines vierten Ab­legers im Kanton bestrafen. Insgesamt ist die Schweizer Szene im Umbruch – besonders im Kanton Bern.

Unter den jüngeren Broncos herrscht grosse Unzufriedenheit wegen des unterwürfigen Verhaltens der Führung gegenüber den Hells Angels. Auf Kritik reagiert die Berner Führungsriege meist mit ­einem Rausschmiss: So wurden mehrere Mitglieder aus dem Klub geworfen, etwa als bekannt wurde, dass die Broncos Westside mit ­einem Wechsel zu den Bandidos liebäugeln. Unter ihnen war auch die Führung des Chapters, President Ronnie und Sergeant Daniel N.

* Namen bekannt

 

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