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Er ist der Sieger der CS-Rochade
So funktioniert Teflon-Banker Urs Rohner

CS-Präsident Urs Rohner hat schon manche Krise überstanden. Dass der Lieblingsstreifen des Filmfans einen unerschütterlichen Helden feiert, passt.
Publiziert: 09.02.2020 um 12:39 Uhr
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Aktualisiert: 30.03.2021 um 10:32 Uhr
Urs Rohner (60) begann seine Karriere als TV-Manager in München. 2003 holte er Radiomann Roger Schawinski (74) als Geschäftsführer zu SAT.1. «Damals hat er mir erzählt, dass der Film Last Man Standing gut zu ihm passe.»
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Danny Schlumpf

Als er mit den Gangstern fertig ist, verlässt Revolverheld John Smith die zerschossene Grenzstadt in Richtung Mexiko. «Last Man Standing» – der Film aus dem Jahr 1996 feiert die Figur des unerschütterlichen Helden, den nichts und niemand aufhalten kann.

Urs Rohner (60), Verwaltungsratspräsident der Credit Suisse, mag den Streifen. Und tatsächlich: Der Film mit Bruce Willis in der Hauptrolle passt zu dem Zürcher Wirtschaftsanwalt, der in der Fernseh- und Bankenbranche Karriere machte – und sich auch von heftigen Krisen nicht erschüttern liess.

Die Grundlagen dafür erarbeitete sich Rohner in den Neunzigern als Jurist bei der renommierten Zürcher Anwaltskanzlei Lenz & Staehelin. Als Kunden betreute er auch den deutschen Medienmogul Leo Kirch. Der war mit seinem Rechtsvertreter so zufrieden, dass er ihn 1999 nach München (D) holte und mit einer wichtigen Aufgabe betreute: die Fusion der Privatsender Sat.1 und Pro7 zu einem neuen Konzern. So wurde Rohner auf einen Schlag zu einem der einflussreichsten TV-Manager Europas mit einem Umsatz von damals vier Milliarden Mark. Der spätere Unterstützer des Zurich Film Festivals entdeckte bei Kirch die Liebe zum Medium und dessen Stars. In diesem Umfeld lernte er auch seine heutige Partnerin kennen: Model, Moderatorin und Unternehmerin Nadja Schildknecht (46).

2003 holte Rohner den Radiomann Roger Schawinski (74) als Geschäftsführer zu Sat . 1. Dieser sagt über Rohner: «Er ist sehr wach, schnell und intelligent. Damals hat er mir erzählt, dass der Film ‹Last Man Standing› gut zu ihm passe.» Zu Recht, meint Schawinski: «Er hat das immer wieder bewiesen.» Rohner sei erfolgsgetrieben, sagen andere, die den einstigen Spitzenhürdenläufer kennen. 2004 ergriff er die Chance, in die Bankenwelt einzusteigen, und folgte dem Ruf von Verwaltungsratspräsident Walter Kielholz (68) zur Credit Suisse.

Zürcher Establishment

Nach Kirch war Kielholz der zweite Mächtige, der Rohners Karriere förderte. Er gab ihm Zugang zum Zürcher Establishment, in dem sich Rohner wie ein Fisch im Wasser bewegte. Der emeritierte Finanzprofessor Martin Janssen (71) kennt ihn seit vielen Jahren: «Rohner ist intelligent, leistungswillig und liebenswürdig, er kennt die richtigen Leute, er war oft zur richtigen Zeit am richtigen Ort.»

In der Bank arbeitete Rohner zunächst als Chefjurist. 2006 machte ihn CEO Oswald Grübel (76) zum Chief Operating Officer (COO) und Leiter des Corporate Centers – eine Drehscheibenfunktion mit grossem Einfluss. Damals begannen Entwicklungen, die schliesslich in den US-Steuerstreit mündeten. 2014 bezahlte die Bank für dessen Beilegung 2,6 Milliarden Dollar. Teuer wurden auch Geschäfte mit amerikanischen Wohnhypotheken, die die CS von 2005 bis 2007 betrieb. 2016 bezahlte sie dafür eine Busse von 5,3 Milliarden. In beiden Fällen liegen die Ursprünge in der Zeit Rohners als Mitglied der CS-Führungsriege. Mit seiner intimen Kenntnis der US-Rechtsverhältnisse trug er als Verwaltungsratspräsident später allerdings dazu bei, dass es für die CS in den Auseinandersetzungen mit Gerichten und Steuerbehörden nicht schlimmer kam.

2009 wurde Rohner Vizepräsident des Verwaltungsrats, 2011 Präsident. Noch einmal war es Kielholz, der ihn unterstützte. «Anders als bei Topmanagern wie Iqbal Khan oder Tidjane Thiam, die überall auf der Welt viele Millionen pro Jahr verdienen können, spielten die schweizerischen Geschäftsbeziehungen bei Urs Rohner eine viel wichtigere Rolle für seinen Erfolg», meint Janssen.

Angriffe perlten an ihm ab

Nach der grossen Finanzkrise nahm die Kritik am Investmentbanking zu. Der damalige CS-CEO Brady Dougan (60) hielt dennoch daran fest. Rohner half ihm, was ihm den Vorwurf der Entscheidungsschwäche eintrug. 2015 handelte er schliesslich doch und ersetzte Dougan durch den Versicherungsmann Tidjane Thiam (57). Der senkte die Kosten, doch den Fall der CS-Aktie konnte auch er nicht stoppen – und Millionen-Boni sorgten für rote Köpfe. Bundesrat Johann Schneider-Ammann (67) sprach von «Rücksichtslosigkeit». Rohner liess die Angriffe abperlen. Er und Thiam sassen fest im Sattel.

Bis letzten Herbst, als die Überwachung des zur UBS übergelaufenen Vermögensverwalters Iqbal Khan (43) öffentlich wurde. Rohner stützte Thiam, solang es ging. Wieder wurde ihm Entscheidungsschwäche vorgeworfen. Als klar wurde, dass die Beschattung Khans kein Einzelfall war, schritt er ein. Am Donnerstag beschloss der Verwaltungsrat einstimmig, dass Thiam zu gehen habe.

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«Man muss dem Verwaltungsrat gratulieren», sagte Oswald Grübel zu BLICK. Er habe es im letzten Moment geschafft, die Sache geradezubiegen. Auch diese Krise hat Rohner also überstanden. Spätestens in einem Jahr wird er das Präsidium der Credit Suisse abgeben. Wie fällt die Bilanz aus? Geschäftlich könne man im Vergleich zur UBS oder gar zu US-amerikanischen Banken keine gute Bilanz ziehen, sagt Martin Janssen. Was hätte er von Rohner erwartet? «Ein klares Konzept, wohin die Bank steuern soll. Das ist bis heute nicht wirklich klar.»

Man spüre da vielleicht, dass Rohner trotz seiner langen Berufserfahrung in einer Bank Jurist geblieben und nicht zum Banker geworden sei.

Und ganz konkret? Wie steht es um Rohners Leistungen? Wen man auch fragt, die Antworten führen ins Unbestimmte. Vielleicht ist es am Ende das, was bleibt: Dieser Mann ist schwer zu fassen. Thiam geht. Rohner bleibt. Am Freitag machte der Präsident noch einmal klar, warum. Thiam müsse die Verantwortung übernehmen.

Und er selbst, der oberste Verantwortliche der Bank? Davon will Rohner nichts wissen. Last Man Standing.

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