EU - China
EU-Parlament zeichnet Ilham Tohti mit dem Sacharow-Preis aus

Das EU-Parlament hat Ilham Tohti am Mittwoch mit dem Sacharow-Preis für geistige Freiheit ausgezeichnet. Der frühere Wirtschaftsprofessor war 2014 zu lebenslanger Haft verurteilt worden und sitzt seither im Gefängnis.
Publiziert: 18.12.2019 um 13:07 Uhr
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Aktualisiert: 18.12.2019 um 13:08 Uhr

Der 50-Jährige gehört zur mehrheitlich muslimischen Minderheit der Uiguren, die vorrangig in der nordwestchinesischen Xinjiang-Provinz leben. Mehr als eine Million Menschen dieser Volksgruppe und andere Muslime befinden sich dort Menschenrechtsaktivisten zufolge in Umerziehungslagern der chinesischen Behörden, wo sie demnach willkürlich festgehalten und teils misshandelt werden.

Xinjiang wurde jahrelang von islamistischen Anschlägen erschüttert. Die uigurische Minderheit fühlt sich von Peking benachteiligt und durch die systematische Ansiedlung von Han-Chinesen an den Rand gedrängt. In diesem Kontext betrieb Tohti zusammen mit Studenten einer Pekinger Universität ab Mitte der 2000er Jahre eine Webseite, auf der er Artikel zu sensiblen Themen auf Chinesisch und Uigurisch veröffentlichte.

Seine Aussagen etwa zur Zweisprachigkeit in Xinjiang und zu Schwierigkeiten von Uiguren auf dem Arbeitsmarkt erregten das Aufsehen der Behörden. Nach jahrelanger strenger polizeilicher Überwachung wurde er 2014 unter dem Vorwurf des «Separatismus» angeklagt und zu lebenslanger Haft verurteilt.

Den Behörden zufolge hatte er sich gegenüber seinen Studenten positiv über gewaltbereite uigurische Aktivisten geäussert und sie zur Auflehnung angestachelt. Auch mehrere der Studenten erhielten mehrjährige Haftstrafen. Tohti selbst gab an, niemals eine Abspaltung Xinjiangs von China angestrebt zu haben.

Der Prozess zog scharfe Kritik ausländischer Regierungen und Menschenrechtler auf sich. Das Urteil wurde als Versuch der regierenden Kommunistischen Partei Chinas gewertet, einen prominenten Kritiker ihrer Politik gegenüber den Uiguren zum Schweigen zu bringen.

Mittlerweile steht die gesamte Provinz Xinjiang unter strenger militärischer Kontrolle. Die Berichte über die massenhafte und willkürliche Internierung von Uiguren weist die Regierung zurück. Ihr zufolge handelt es sich bei den umstrittenen Lagern um «Zentren der beruflichen Ausbildung», um die Integration in den Arbeitsmarkt zu fördern und Islamismus und Terrorismus vorzubeugen.

Seit seiner Verurteilung sass Tohti seiner Tochter Jehwer Ilham zufolge in Einzelhaft. Seit 2017 habe sie keinen Kontakt mehr zu ihm gehabt. «Ich weiss nicht einmal, ob er noch lebt», sagte sie zu AFP. Die 25-Jährige nahm stellvertretend für ihren Vater die Auszeichnung des EU-Parlaments entgegen.

Ende September war er bereits wegen seines Engagements «für Dialog und Versöhnung» mit dem Vaclav-Havel-Preis des Europarats ausgezeichnet worden. Auf Initiative von Abgeordneten des US-Kongresses war er auch für den Friedensnobelpreis im Gespräch.

(SDA)

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