Ex-Mitarbeiterin Nadine K.* (48) und Kollegen erheben schwere Vorwürfe gegen Sicherheitsfirma
«Die Daru Wache täuscht Bund und Kantone»

Die Daru Wache AG sorgt bei vielen Liegenschaften von Gemeinden, Kantonen und Bundesämtern für Sicherheit. Auch Ikea ist Kunde. Ehemalige Mitarbeiter sagen nun: Die Firma vergibt öffentliche Aufträge weiter an unbekannte Drittfirmen – und täuscht ihre Kunden.
Publiziert: 23.10.2019 um 23:01 Uhr
|
Aktualisiert: 24.10.2019 um 08:05 Uhr
Die Sicherheitsfirma Daru Wache, die diesen Sommer unter anderem beim Rastplatz Wileroltigen BE bei den Fahrenden für Sicherheit und Ordnung gesorgt hatte, hat einen guten Ruf.
Foto: Thomas Meier
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Flavio Razzino

Den privaten Sicherheitsdienst Daru Wache gibt es seit über 40 Jahren. In dieser Zeit hat sich der Dienst mit über 300 Angestellten einen guten Namen gemacht. Zu seinen Kunden zählen Bund, Kantone und Gemeinden. So weit, so gut.

Doch nun packen mehrere Mitarbeiter im BLICK über das Geschäftsgebaren der Daru Wache aus – und erheben schwere Vorwürfe gegen die Aargauer Firma mit Hauptsitz in Riniken.

Teure Dienste – zu wenig Leistung

So auch Nadine K.* (48), die im September aus der Firma ausgeschieden ist. Sie sagt: «Die Daru Wache täuscht ihre Kunden – das musste ich selber erleben.»

Betroffen soll auch das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) sein. Dieses vergab im Mai einen Überwachungsauftrag für den Campus Liebefeld bei Köniz BE an die Daru Wache. Vereinbart wurden nächtliche Patrouillengänge vom 1. Mai bis zum 31. Oktober, 156 Kontrollgänge insgesamt. Bei mindestens der Hälfte sollte ein Diensthund dabei sein – für die Sicherheitsfirma besonders attraktiv, da Patrouillen mit Diensthund wesentlich teurer sind.

Nadine K., in Bern die einzige ausgebildete Hundeführerin bei der Daru Wache, hätte darum die Dienste für das BBL übernehmen sollen. Doch: «Ich war bis zu meinem Ausscheiden Ende August gerade mal bei 30 Kontrollgängen mit Hund vor Ort.» Tatsächlich hätten bis dahin aber 51 Einsätze mit Hund geleistet werden müssen.

Vorwürfe wegen Vertragsbruch

Ein Vertragsbruch, von dem das BBL erst durch BLICK erfahren hat. «Uns lagen bisher keine Hinweise vor, dass die Firma ihre Einsätze nicht wie vertraglich vereinbart erbringt», sagt Bundesamt-Sprecher Jonas Spirig zu BLICK. Man müsse der Sache nachgehen.

Die Daru Wache weist die Vorwürfe zurück. «Zwischen Juni und Oktober 2019 wurden Diensthunde-Einsätze geleistet. Auch im Oktober sind noch Einsätze durch einen der bestehenden Mitarbeiter geplant», sagt Daru-Chef Yves Opper zu BLICK.

Zwei voneinander unabhängige Quellen, die aktuell für die Daru Wache arbeiten, sagen zu BLICK indes das Gegenteil: Es gebe noch keinen Ersatz für Nadine K. Darum seien seit August gar keine Patrouillen mit ausgebildetem Diensthund gemacht worden.

Das Astra baut ebenfalls auf Dienste der Daru Wache

Aber nicht nur das Bundesamt für Bauten und Logistik, sondern auch das Bundesamt für Strassen (Astra) hat die Daru Wache engagiert: Beim Rastplatz in Wileroltigen BE, wo Fahrende seit 2018 den Einsatz eines Ordnungsdienstes nötig machen.

Einsatzpläne und Telefonlisten, die BLICK vorliegen, zeigen: Die Sicherheitsfirma zog für den Auftrag zig Mitarbeiter von nicht genannten Subunternehmen bei. Davon weiss das Astra nichts. «Es bestand auch kein Anlass daran zu zweifeln, dass die Mitarbeiter direkt bei der beauftragten Firma arbeiten», sagt Astra-Sprecher Mark Siegenthaler zu BLICK. Auch hier heisst es: Man müsse den Sachverhalt genau anschauen.

Die Daru Wache räumt ein, Subunternehmen beizuziehen. Das sei in der Branche Usus, wenn Personalmangel herrsche. «Wir haben uns renommierte Partner nach strengen Kriterien ausgesucht», sagt Chef Yves Opper hierzu. Welche Subunternehmer das sein sollen, will er aber nicht sagen.

BLICK-Recherchen zeigen: Eine Mitarbeiterin (33) eines solchen Subunternehmens, das für die Daru Wache in Bern unter anderem im Kultur Casino eingesetzt wird, wurde 2015 in Basel wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Weil sie zwischenzeitlich untergetaucht war, wurde der Strafbescheid öffentlich kommuniziert.

Ungereimtheiten auch in Basel

Auch die Daru-Filiale in Basel fällt wegen Tricksereien auf. Einerseits betraute auch sie Subunternehmen ohne das Wissen der Kantonspolizei Basel-Stadt mit der Kontrollaufgaben bei den Gemeinschaftszollanlagen.

Der Sicherheitsfirma wird aber auch noch Urkundenfälschung vorgeworfen. Das bestätigt Darko Janjic (33), ehemaliger Angestellter der Daru Wache in Basel und dort oft für die Kundin Ikea im Einsatz.

So wurden der Ikea Ausbildungszertifikate der Firma Awareness Training Academy vorgelegt. Darin wird behauptet, dass mehrere Mitglieder am 23. September 2018 den Workshop «Brandbekämpfung» besucht hätten. Die Ikea fordert, dass dieser Workshop jährlich besucht wird, daran hängt letztendlich auch der Auftrag an die Daru Wache.

Bloss: Das Zertifikat ist gefälscht. Der 23. September war ein Sonntag – und die Mitarbeiter bestätigen, dass sie niemals bei der Awareness Training Academy einen solchen Kurs besucht haben. Und: Die Firma, welche die Workshops angeblich durchgeführt haben will, gehört dem Filialleiter der Daru Wache in Basel. 

Ein Mitarbeiter, zwei Personalblätter?

Dass mit den Zertifikaten etwas nicht stimmt, räumt die Daru Wache gegenüber BLICK ein. «Da bei einem unserer Kunden ein Sicherheitsaudit bevorstand und diese Zertifikate noch nicht vorhanden waren, wurde selbständig durch unseren Basler Filialleiter dieser Kurs separat in einem Zertifikat bestätigt, sodass das Zertifikat im Audit vorgelegt werden konnte», so Yves Opper von der Daru Wache. Beim Datum sei ein Fehler passiert. Die Mitarbeiter hätten einen solchen Kurs aber besucht.

Auch in einem weiteren Fall machte die Firma dem Kunden falsche Angaben. So fordert die Ikea bei 40 Prozent aller Daru-Mitarbeiter die Ausbildung «Fachfrau/Fachmann Sicherheit und Bewachung (FSB)».

Bei mindestens einem Mitarbeiter, der laut Personalblatt (liegt BLICK vor) die FSB-Ausbildung haben soll, stimmt das aber nicht. Das gibt auch die Daru Wache zu. Laut Chef Opper liegt ihm aber auch ein anderes Personalblatt vor, auf dem das «klar ersichtlich» sei. Warum zu einem Mitarbeiter zwei unterschiedliche Personalblätter existieren, bleibt sein Geheimnis.

* Name geändert

Das dürfen Security-Leute (nicht)

Dürfen Mitarbeiter von Sicherheitsdiensten Gewalt anwenden? Auf öffentlichem Territorium Ausweise fotografieren? Oder jemanden festnehmen?

Nein, nein und nochmals nein.

Tatsächlich dürfen Mitarbeiter von Sicherheitsdiensten nicht mehr als normale Privatpersonen. Sie können Störenfriede darum bitten, einen Ort zu verlassen. Die Wegweisung durchsetzen dürfen sie jedoch nicht.

Auch bei einer Taschenkontrolle müssen die Kontrollierten zuerst ihr Einverständnis geben. Bei Konzerten oder Fussballspielen geben Zuschauer dieses Einverständnis automatisch beim Kauf der Tickets. 

Selbst das Festhalten von Menschen ist den Mitarbeitern nur erlaubt, wenn es sich um einen Täter handelt, der gerade bei einer Straftat erwischt worden ist.

Grund: In der Schweiz liegt das Gewaltmonopol ausschliesslich beim Staat. Sicherheit und Ordnung müssen private Sicherheitsdienste daher mit viel Kommunikationsgeschick durchsetzen. Nützt das alles nichts, muss und darf nur die richtige Polizei einschreiten. (fr)

Dürfen Mitarbeiter von Sicherheitsdiensten Gewalt anwenden? Auf öffentlichem Territorium Ausweise fotografieren? Oder jemanden festnehmen?

Nein, nein und nochmals nein.

Tatsächlich dürfen Mitarbeiter von Sicherheitsdiensten nicht mehr als normale Privatpersonen. Sie können Störenfriede darum bitten, einen Ort zu verlassen. Die Wegweisung durchsetzen dürfen sie jedoch nicht.

Auch bei einer Taschenkontrolle müssen die Kontrollierten zuerst ihr Einverständnis geben. Bei Konzerten oder Fussballspielen geben Zuschauer dieses Einverständnis automatisch beim Kauf der Tickets. 

Selbst das Festhalten von Menschen ist den Mitarbeitern nur erlaubt, wenn es sich um einen Täter handelt, der gerade bei einer Straftat erwischt worden ist.

Grund: In der Schweiz liegt das Gewaltmonopol ausschliesslich beim Staat. Sicherheit und Ordnung müssen private Sicherheitsdienste daher mit viel Kommunikationsgeschick durchsetzen. Nützt das alles nichts, muss und darf nur die richtige Polizei einschreiten. (fr)

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