Gerichte
Präsidium des Bundesstrafgerichts bleibt trotz Kritik in SVP-Hand

Das Präsidium des Bundesstrafgerichts bleibt in der Amtszeit 2020-2021 in SVP-Hand. Die Vereinigte Bundesversammlung hat Sylvia Frei zur Präsidentin und Stephan Blättler zum Vizepräsidenten des Gerichts gewählt, trotz Kritik aus dem Parlament.
Publiziert: 18.12.2019 um 09:41 Uhr
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Aktualisiert: 18.12.2019 um 09:59 Uhr
Das Präsidium des Bundesstrafgerichts in Bellinzona bleibt in SVP-Hand. Das hat die Vereinigte Bundesversammlung trotz Kritik entschieden. (Archivbild)
Foto: Alessandro Crinari

Frei erhielt am Mittwoch alle 117 gültigen Stimmen und Stephan Blättler 119 von 120 gültigen Stimmen. Das absolute Mehr lag bei 59 respektive 61 Stimmen.

Frei und Blättler gehören nicht nur beide der SVP an, sondern sie sind auch beide deutschsprachig. Das hatte in der Vereinigten Bundesversammlung für Kritik gesorgt. Nicht weniger als 116 respektive 114 Ratsmitglieder legten leere Zettel in die Wahlurnen.

Blättler - heute Präsident - und Frei - heute Vizepräsidentin - stehen dem Gericht in Bellinzona auf Grund einer Doppelvakanz bereits seit 1. April des laufenden Jahres vor. Schon damals hatte die Gerichtskommission (GK) festgehalten, dass der Vorschlag dem Prinzip der angemessenen Vertretung widerspreche.

Nachdem das Gericht für die neue Amtszeit wieder Frei und Blätter vorgeschlagen hatte, verlangte die GK einen ausgewogeneren Antrag. Doch das Gericht blieb bei seinen Vorschlägen und wies darauf hin, dass das dritte Mitglied der Verwaltungskommission des Gerichts, Olivier Thormann, der FDP angehöre und französischsprachig sei.

Angesichts der grossen Mehrheit am Gericht für Frei und Blättler und mangels anderer eingereichter Kandidaturen unterstützte die Kommission den Vorschlag aber doch, trotz Unzufriedenheit. Es sei «aus institutioneller Sicht ungünstig», Frei und Blättler nicht zu wählen, schrieb sie.

Die SVP, aber auch die FDP sowie die Mitte-Fraktion von CVP, BDP und EVP unterstützten den Antrag. Die SP dagegen wollte mit einem am Dienstag deponierten Ordnungsantrag die Wahl verschieben und neue Wahlvorschläge verlangen. Kurz vor der Wahl waren in mehreren Medien Berichte über Missstände am Bundesstrafgericht erschienen.

Der Antrag mit zwei Angehörigen der gleichen Partei und aus der Deutschschweiz sei nicht akzeptabel und ein Affront gegenüber einer sprachlichen Minderheit, kritisierte Roger Nordmann (SP/VD). Wolle man, dass die Probleme in Bellinzona gelöst würden, müsse der Respekt vor den Regeln durchgesetzt werden.

Es liege in der Verantwortung des Parlaments, für eine ausgewogene Parteienvertretung und Vertretung der Sprachen zu sorgen, sagte auch Sibel Arslan (Grüne/BS). Es gehe um das Vertrauen in Institutionen und in die Rechtsstaatlichkeit.

An die Verantwortung appellierten namens ihrer Fraktionen auch Christian Lüscher (FDP/GE), Leo Müller (CVP/LU) und Thomas Aeschi (SVP/ZG). Sie verlangten eine Wahl, damit das Bundesstrafgericht Anfang 2020 nicht ohne Führung dastehe. Man könne nicht einen Wahlvorschlag ändern, der seit Wochen vorliege, sagte Lüscher.

Das Präsidium des Bundesstrafgerichts könne für die Missstände nicht verantwortlich gemacht werden, sagte Aeschi. Die Bundesversammlung lehnte den Antrag mit 140 zu 94 Stimmen von SP, Grünen und Grünliberalen ab. Die Ständeräte stimmten mit Namensaufruf ab.

Zu wählen bedeute nicht, dass am Bundesstrafgericht alles in Ordnung sei, sagte Müller. Er und auch Lüscher forderten, dass die zuständigen Organe des Parlaments die Lage in Bellinzona untersuchen sollten. Spätestens zum Zeitpunkt der Neuwahlen am Gericht müsse die Untersuchung vorliegen, verlangte Müller.

Für das Bundesgericht wählte die Bundesversammlung die 1991 geborene Sarah Bechaalany (Grüne) und den 1978 geborenen Yann Hofmann (CVP) als nebenamtliche Richterin respektive nebenamtlichen Richter. Bechaalany erhielt 199 von 230 gültigen Stimmen, Hofmann 230 Stimmen Stimmen.

Neue Richterin am Bundesverwaltungsgericht ist Deborah D’Aveni (SP). Sie wurde mit allen 212 gültigen Stimmen gewählt.

Bestätigt wurden die Mitglieder des Militärkassationsgerichts für die Amtsdauer 2020 bis 2023. Es sind Paul Tschümperlin (CVP) als Präsident sowie André Jomini (FDP), Michael Beusch (SP), Laurent Schneuwly (CVP) und Stefan Wehrenberg (SVP) als Richter. Ersatzrichter sind Nicolas von Werdt (SVP), Beat Hirt (FDP), Mattia Pontarolo (CVP) und Olivier Bleicker (parteilos).

(SDA)

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