«Wir sind nicht alle gleich, und das ist ‹normal›»
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Gewalt gegen Schwule und Lesben
Attacken werden oft nicht angezeigt

Die Zahl der Übergriffe auf sexuelle Minderheiten ist im Jahr 2019 gestiegen. Meist schlagen die Täter auf der Strasse zu – vor aller Augen.
Publiziert: 17.05.2020 um 14:44 Uhr
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Aktualisiert: 09.02.2021 um 09:13 Uhr
Simon Marti

Seit die Stimmbevölkerung ­ die Diskriminierung weiterer Minderheiten mit deutlicher Mehrheit unter Strafe stellte, sind Aufrufe zu Hass und öffentliche Beschimpfungen wegen sexueller Orientierung in der Schweiz offi­ziell verboten.

Das Votum vom 9. Februar 2020 ­markiert eine Zäsur im Kampf für die Gleichstellung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgenders und Queers (LGBTQ).

Attacken und Übergriffe auf ­sexuelle Minderheiten, sogenannte Hassdelikte, hatten im vergan­genen Jahr aber deutlich zu­genommen, wie die Schwulen­organisation Pink Cross, die Lesbenorganisation Schweiz und das Transgender Network anlässlich des heutigen Internationalen Tages gegen Homo-, Bi-, Inter- und Trans­phobie festhalten.

Die Attacken auf Schwule und Lesben nahmen 2019 wieder zu.
Foto: keystone
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Die Organisationen betreiben seit vier Jahren eine Beratungsplattform für Betroffene. 2019 gingen dort 66 Meldungen ein, 42 waren es im Jahr davor. Rund ein Drittel der Betroffenen wurden ­Opfer von Gewalt – zum Teil mit gravierenden Folgen wie Gehirnerschütterungen oder Knochen­brüchen. ­Einem ­weiteren Drittel wurde Gewalt ­angedroht, Beleidigungen und Beschimpfungen inklusive.

Viele Opfer melden sich nicht

Die Berater vermuten, dass Opfer das Erlittene häufig für sich behalten. «Die Dunkelziffer ist enorm. Viele ­Betroffene scheuen sich noch immer, Übergriffe zu melden», sagt Roman Heggli, Geschäftsleiter von Pink ­Cross. Was aber auch da­ran liegen könne, dass viele die Helpline überhaupt nicht kennen.

Andererseits scheuten manche Opfer auch den Gang zur Polizei. Nicht einmal alle von Pink Cross registrierten gewalttätigen Attacken seien angezeigt und ju­ristisch verfolgt worden. Diese Hemmschwelle müsse ab­gesenkt werden, fordert Heggli: «Die Politik muss die Weichen stellen. Wir sind mit unserer Helpline bereits am Anschlag.» Eine breite Sensi­bilisierungskampagne sei notwendig, ebenso eine nationale Meldestelle.

Angriffe draussen im Sommer

Was auffällt: Zwei Drittel der ­Attacken geschahen nicht etwa im Verborgenen, sondern auf offener Strasse, an Haltestellen oder in Fahrzeugen des öffentlichen Verkehrs. Im Jahr 2019 häuften sich die Fälle während der Sommer­monate, als viele Personen im ­Freien unterwegs waren.

Roman Heggli lässt sich aber nicht einschüchtern: «Ich laufe bewusst Hand in Hand mit meinem Partner durch die Stadt. Angst wäre falsch, doch es besteht die ­Gefahr, dass man an die ­falschen Leute gerät.»

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