Bewohner plündern Läden in Buffalo
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Wintersturm legt Stadt lahm:Bewohner plündern Läden in Buffalo

Horror-Kälte in den USA treibt einen Vater zur Verzweiflung
«Wenn ich im Auto bleibe, sterbe ich mit meinen Kindern»

58 Tote in den USA – der «Schneesturm des Jahrhunderts» wütete über das Weihnachtswochenende. Familien erzählen von ihren dramatischen Kälte-Momenten.
Publiziert: 27.12.2022 um 16:46 Uhr
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Aktualisiert: 27.12.2022 um 19:18 Uhr

Grosse Teile des Ostens der USA versinken unter meterhohem Schnee. Seit Tagen herrschen bis zu -40 Grad. Allein im Westen des US-Bundesstaats New York kostete die Kälte 27 Menschen das Leben. Insgesamt stieg die Zahl der Todesopfer auf mindestens 58, wie BBC schreibt. Der US-Wetterdienst ging für Montag weiter von starkem Frost aus, erst am Dienstag sollte gemässigteres Wetter einsetzen. US-Präsident Joe Biden (80) versprach Kathy Hochul (64), Gouverneurin von New York, Bundeshilfen nach dem «Schneesturm des Jahrhunderts».

Auch wenn die Intensität des Sturmes nachlasse, bleibe es «gefährlich, draussen zu sein», sagte Hochul bei einem Besuch in der besonders betroffenen Stadt Buffalo. Es sei mit weiteren 30 Zentimetern Neuschnee zu rechnen. Die Strassen der Stadt waren am Montag grösstenteils noch von Schneemassen blockiert. Auf Bildern aus dem Stadtzentrum waren quer auf den Strassen stehende Autos unter Schneebergen zu sehen. Videos zeigen, wie Menschen Läden leer räumen. Die Polizei bestätigt zwei Plünderungen. Die Dunkelziffer dürfte aber um einiges höher sein.

Schneesturm fordert mehrere Tote
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Fahrverbot bleibt bestehen

Die Strassen von Buffalo waren am Montag grösstenteils weiter von beeindruckenden Schneemassen blockiert. Auf Bildern aus dem Stadtzentrum waren quer auf den Strassen stehende Autos unter Schneebergen zu sehen.

Meterhohe Schneemassen setzen den USA zu. Seit Tagen kämpfen sie dagegen an.
Foto: Getty Images
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Die Zahl der Toten rund um Buffalo ist auf 25 gestiegen. Behördenvertreter Mark Poloncarz (55) befürchtet noch mehr Tote als bei dem bislang schwersten Wintersturm in Buffalo im Jahr 1977, als fast 30 Menschen starben. «Bitte fahrt nicht, ausser wenn ihr zu den Rettungsdiensten gehört», appellierte er. «Die Bedingungen sind schlecht.» Im Westen des Landkreises gelte weiterhin ein Fahrverbot.

«Wir bringen die Leute heute zu Ärzten, Krankenschwestern und Krankenhäusern», sagte der örtliche Sheriff, John Garcia, dem Sender CNN. Der Wintersturm sei der «Schlimmste», den er je gesehen habe. Phasenweise habe man nichts gesehen. Zudem hätten die Behörden nicht auf Notrufe reagieren können. «Es ist herzzerreissend, wenn man Anrufe von Familien mit Kindern bekommt, die sagen, dass sie erfrieren», sagte er dem Sender CNN.

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Haustüren verschwanden plötzlich

Eine lokale Familie mit kleinen Kindern im Alter von zwei bis sechs Jahren musste 11 Stunden warten, bevor sie in den frühen Morgenstunden des ersten Weihnachtstages gerettet wurde. «Ich war im Grunde hoffnungslos», sagte der Vater, Zila Santiago, gegenüber CBS News. Dank dem laufenden Motor sei es ihm gelungen, Wärme zu generieren. Die Verzweiflung hielt er in Schach, in dem er mit den Kindern spielte.

Buffalo war über Weihnachten zeitweilig von der Aussenwelt abgeschnitten, Rettungsdienste konnten besonders stark betroffene Bezirke nicht erreichen. Haustüren verschwanden hinter bis zu drei Meter hohen Schneeverwehungen, durch Stromausfälle bei eisigen Temperaturen wurde die Situation lebensbedrohlich.

Nationalgarde musste ausrücken

Ditjak Ilunga aus Gaithersburg, Maryland, erzählte CBS News, dass er mit seinen Töchtern auf dem Weg zu Verwandten in Hamilton, Ontario, war, als ihr Geländewagen in Buffalo steckenblieb. Nachdem er Stunden mit laufendem Motor verbracht hatte, traf er die verzweifelte Entscheidung, sich dem heulenden Sturm auszusetzen, um eine nahe gelegene Unterkunft zu erreichen. Er trug die sechsjährige Destiny auf dem Rücken, während die 16-jährige Cindy ihren Pomeranian-Welpen festhielt und seinen Fussspuren folgte.

«Wenn ich in diesem Auto bleibe, werde ich hier mit meinen Kindern sterben», erinnerte sich Ilunga. Er sagte, er habe geweint, als die Familie durch die Türen der Unterkunft ging. «Das ist etwas, das ich nie im Leben vergessen werde.»

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Hochul entsandte rund 200 Mitglieder der Nationalgarde nach Buffalo und Umgebung, die hunderte Menschen aus eingeschneiten Autos und Häusern ohne Strom in Sicherheit brachten. Nach Angaben der Behörden waren aber weiterhin Menschen von der Aussenwelt abgeschnitten.

Flugchaos in den USA

Mehrere Menschen seien in ihren Autos erfroren, andere wurden auf der Strasse in Schneewehen entdeckt, wieder andere erlitten beim Schneeräumen einen Herzinfarkt, sagte Poloncarz. Er sprach vom «wahrscheinlich schlimmsten Sturm in unserem Leben und in der Geschichte der Stadt». Der internationale Flughafen von Buffalo sollte bis Dienstag geschlossen bleiben. Aufgrund eingefrorener Umspannwerke kann ein Teil der Bewohner erst am Dienstag wieder mit Strom rechnen.

Die extremen Wetterbedingungen führten dazu, dass die Temperaturen am Wochenende in insgesamt 48 Bundesstaaten unter den Gefrierpunkt sanken. Durch grossflächige Stromausfälle, unpassierbar gewordene Strassen und gestrichene Flüge wurden die Reisepläne von Millionen US-Bürgern über Weihnachten durchkreuzt. An zahlreichen Flughäfen herrschte Chaos. Laut der Website Flightaware.com wurden in den vergangenen Tagen mehr als 15'000 US-Flüge gestrichen, am Montag fielen erneut mindestens 2600 US-Flüge aus. (SDA/abt)

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