Hier werden die Aktivisten von der Polizei abgeführt
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Sechseläuten-Umzug gestört:Hier werden die Aktivisten von der Polizei abgeführt

Klimakleber Max Voegtli war 48 Stunden im Knast
«Ich sollte mich vor der Polizei nackt ausziehen»

Klima-Aktivist Max Voegtli wurde beim Sechseläuten am Montag festgenommen und kam erst heute wieder frei. Blick konnte mit dem wohl bekanntesten Klimakleber der Schweiz sprechen.
Publiziert: 17.04.2024 um 17:00 Uhr
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Aktualisiert: 17.04.2024 um 22:27 Uhr
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Raphael RauchBundeshausredaktor

Herr Voegtli, Sie haben zwei Nächte im Knast verbracht. Wie geht es Ihnen?
Max Voegtli:
Gut, auch wenn ich das Ganze erst noch verdauen muss. Ich wurde wie ein Schwerverbrecher behandelt. Dabei will ich das Klima schützen und eine Katastrophe verhindern

Sie haben beim Sechseläuten Öl über sich gekippt, um fossile Energien anzuprangern. Hat Sie die Polizei erst einmal unter die Dusche gestellt?
In der Hauptwache konnte ich Haare und Gesicht waschen. Und ich bekam Knast-Klamotten: Trainerhose und Pullover.

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Klima-Aktivist Max Voegtli versuchte, das Sechseläuten zu stören.
Foto: keystone-sda.ch
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Hat Sie die Polizei gut behandelt?
Naja. Ich wurde mit Schmerzgriffen verhaftet. Dabei habe ich mich nicht gewehrt. Auch war ich nicht gewalttätig. Das Verhalten der Polizei war nicht verhältnismässig – auch später im Gefängnis nicht.

Was ist passiert?
Ein Polizist wollte, dass ich mich nackt ausziehe. Ich habe mich dagegen gewehrt und gesagt, dass ich das Recht habe, nicht komplett nackt vor ihm zu stehen. Und dass ich erst meinen Oberkörper und später den unteren Bereich ausziehe – aber nicht beides gleichzeitig. Ich hatte den Eindruck, der Polizist wollte mich demütigen und mich mit einer Machtgeste erniedrigen.

Und dann?
Der Polizist hat mir mein T-Shirt zurückgegeben. Ich konnte mich oben anziehen, dann wurde mein Unterleib kontrolliert. Dabei hat mich der Polizist beleidigt und irgendetwas mit «Idiot» gesagt. An den genauen Wortlaut kann ich mich nicht erinnern. Ich wollte dann den Namen des Polizisten erfahren, aber er hat ihn mir nicht gesagt.

Sie wurden am Montag verhaftet. Warum kamen Sie erst 48 Stunden später frei?
Ich finde das völlig unverhältnismässig. Ich wohne in der Schweiz, die Polizei hat meine Adresse. Es gibt keine Flucht- und Verdunkelungsgefahr. Bislang bin ich zu jedem Gerichtstermin persönlich erschienen. Ich schätze, dass mich der Staatsanwalt einschüchtern wollte. Er sagte zu mir: Wenn ich nochmals mit Protesten etwas störe, dann wird er U-Haft beantragen.

Hatten Sie eine Einzelzelle?
Nein, wir waren zu zweit in einer Zelle. Der andere war kein Klimaaktivist.

Gab es im Knast veganes Essen?
Nein, nur vegetarisches Essen. Beim Frühstück habe ich Butter, Milch und Yoghurt weggelassen.

Die Stadtpolizei Zürich untersteht einer grünen Stadträtin. Sind Sie von Karin Rykart enttäuscht?
Nein. Nur weil Frau Rykart bei den Grünen ist, heisst es nicht, dass die Polizei sich grünenfreundlich verhält. Ich mache auch der Polizei als ganzes keinen Vorwurf – aber einzelnen Polizisten. Ich kann bezeugen, dass die Polizei nicht korrekt und anständig vorgeht. Die Polizisten müssen besser geschult werden und sich professioneller verhalten. Und die Polizeichefs und Staatsanwälte müssen ihre Einstellung ändern und den verfassungsrechtlich geschützten Protest als solchen behandeln.

Werden Sie weiterhin Klimaproteste machen?
Natürlich. Zum Zürcher Staatsanwalt, der mich einschüchtern wollte, sage ich: Auf welcher Seite der Geschichte möchten Sie stehen? Wie verhalten Sie sich gegenüber der Klimakrise? Spätere Generationen werden Ihr Handeln beurteilen!

Werden Sie gegen den Polizisten, der Sie beleidigt haben soll, Anzeige erstatten oder eine Dienstaufsichtsbeschwerde einleiten?
Das werde ich mit meiner Anwältin prüfen.

Blick hat die Zürcher Stadtpolizei und Stadträtin Karin Rykart um eine Stellungnahme gebeten. Die Stadtpolizei teilte mit, die Vorwürfe abzuklären und sich dann zu äussern.

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