Generäle, Bischöfe und Milliardäre
Diese Reichen und Mächtigen sind Impfdrängler

Ministerpräsidenten, Bischöfe und reiche Leute: Auffallend oft werden Leute mit Einfluss oder Geld gegen das Coronavirus geimpft. Und alle haben eine Ausrede.
Publiziert: 16.02.2021 um 14:06 Uhr
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Aktualisiert: 20.02.2021 um 04:43 Uhr

Milliardär und Richemont-Boss Johann Rupert (70) hatte keine Lust mehr, auf die Corona-Impfung zu warten. Anstatt sich in seinem Heimatland in die Warteschlange zu stellen, flog er mit dem Privatjet in die Schweiz und liess sich im Kanton Thurgau die erste Dosis verabreichen. Noch vor dem offiziellen Impfstart.

Der Fall sorgte in der Schweiz für Ärger. Die Reaktionen aus der Bevölkerung waren heftig. Schliesslich musste Urs Martin, Thurgauer Gesundheitsdirektor, klein beigeben. In einem Interview mit Blick TV gab er bekannt, dass Rupert in seinem Kanton keine zweite Dosis erhalte.

Johann Rupert bekommt zweite Impfung nicht im Thurgau
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Milliardär muss warten:Johann Rupert bekommt zweite Impfung nicht im Thurgau
Der südafrikanische Milliardär und Impfdrängler Johann Rupert (70) sorgte in der Schweiz für Schlagzeilen.
Foto: MARCO KESSELER/The New York Time/Redux/laif
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Auch Bern sorgt für Schlagzeilen

Der Milliardär aus Südafrika ist allerdings längst nicht der einzige Impf-Drängler. Im Kanton Bern erhielten Chefärzte noch vor dem Gesundheitspersonal an der Front den Piks. Und auch international scheinen sich Prominente und Schwerreiche nicht an die Reihenfolge halten zu müssen.

Der Bischof von Augsburg etwa erhielt seine Spritze in einem Seniorenheim, berichtet der «Spiegel». Er betont allerdings, sich nicht vorgedrängelt zu haben, sondern von einer «übrig gebliebenen Dosis» profitiert zu haben – eine Rechtfertigung, die immer wieder zu hören ist. Ausserdem habe er Anspruch auf die vorzeitige Impfung, schliesslich sei er in Altenheimen als Seelsorger tätig.

Die Impf-Drängler geben in Deutschland derzeit viel zu reden. So erhalten Politiker oder Klinikchefs auffallend oft «übrig gebliebene Impfdosen» verabreicht. In der Stadt Halle etwa wurden mindestens 585 Personen geimpft, die eigentlich noch kein Anrecht auf den Piks hätten, berichtet der «Tages-Anzeiger».

Oberster spanischer Militär muss zurücktreten

In Spanien sorgte der oberste Militär Miguel Angel Villarroya (63) für rote Köpfe. Die Reihenfolge des Impfplans, wonach zunächst das Gesundheitspersonal und Einsatztruppen Anspruch auf eine Impfung haben, kümmerte den Generalstabschef nicht.

Stattdessen reiste Villaroya zusammen mit anderen hochrangigen Offizieren nach Madrid, um sich dort die Impfung geben zu lassen. Medizinische Fachkräfte hingegen gingen leer aus. Nach massiven Protesten kostete die Impf-Drängelei Villaroya schliesslich den Kopf. Ende Januar musste er seinen Rücktritt als Generalstabschef einreichen.

Auch der Bischof von Mallorca musste sich öffentlich rechtfertigen, nachdem bekannt wurde, dass er bereits geimpft wurde. Sebastia Taltavull (73), noch immer im Amt und kein Prioritätsfall, griff zu einem Trick und meldete sich im Ruhesitz für pensionierte Priester direkt neben seinem Wohnsitz in Palma de Mallorca für den Piks an. «Ich dachte, ich würde ein Vorbild abgeben» rechtfertige sich Taltavull.

Ein Nachmittag Freiwilligenhilfe – als Belohnung die Impfung

Besonders dreist ist auch der Fall des britischen Abgeordneten Brendan Clarke-Smith (40). Einen Nachmittag lang half er in seinem örtlichen Krankenhaus als Freiwilliger aus und erhielt dafür die Impfung, wie er auf Facebook publik machte.

Eigentlich sind in England nur über 70-Jährige, Menschen mit schweren Vorerkrankungen sowie das Gesundheitspersonal zur Impfung zugelassen. Die Reaktionen auf den Post fielen entsprechend heftig aus. Clarke-Smith hatte selbstverständlich umgehend eine – wenig überraschende – Antwort parat: «Es handelt sich um eine übrig gebliebene Impfdosis», betonte er in einer Stellungnahme.

Dreiste Nacht-und-Nebel-Aktion in Polen

Leszek Miller (74) hielt sich ebenfalls nicht zurück. Bereits am Silvestermorgen 2020 postet der frühere Ministerpräsident Polens ein Foto seines Impfausweises in den sozialen Medien mit den Worten «Dies ist der beste Weg, um die Frage zu lösen: Impfen oder nicht impfen». Dabei sind zu diesem Zeitpunkt eigentlich ausschliesslich medizinisches Personal und die Eltern neugeborener Kinder für die Impfung zugelassen.

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Der Fall ging durch die Medien – und deckte bald einen Skandal riesigen Ausmasses auf. An der Medizinischen Universität Warschau wurden rund 200 polnische Prominente und Geschäftsleute in einer Nacht-und-Nebel-Aktion geimpft. Mediziner und Gesundheitspersonal gingen leer aus.

Die Uni versuchte sich zu rechtfertigen, sprach von einer Kampagne gegen die Impfskepsis. Polens Gesundheitsminister Adam Niedzielski sprach von Machtmissbrauch und forderte den Uni-Rektor zum Rücktritt auf. Der allerdings blieb im Amt, seiner Uni wurden umgerechnet rund 86'000 Franken Strafe auferlegt. (zis)


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