«90'000 Franken sind nicht überrissen»
So verteidigt die Parlamentsspitze die Kosten für das Stillzimmer

Das neue Stillzimmer im Bundeshaus sorgt wegen seiner Kosten für Kritik. Für die zuständigen Ratsbüros sind die Ausgaben von rund 90'000 Franken hingegen gerechtfertigt. Die Kritiker können sie aber nicht überzeugen.
Publiziert: 10.12.2019 um 10:00 Uhr
|
Aktualisiert: 10.12.2019 um 10:01 Uhr
Daniel Ballmer

Rund 90'000 Franken für ein Stillzimmer im Bundeshaus mit Wickelkommode, Waschtisch, Sofa oder Kühlschrank. Für die Büros von National- und Ständerat sind diese Kosten angesichts der historischen Bausubstanz «nicht überrissen». Das stellen sie auf Anfrage der Berner SVP-Nationalrätin Nadja Pieren (39) klar.

Das neue Stillzimmer wurde pünktlich zum Start der Wintersession eröffnet. Parlamentsmitglieder aus verschiedenen Parteien hatten sich dafür eingesetzt. Hier sollen sich Eltern mit ihrem Nachwuchs zurückziehen können. Immerhin gab es in jüngster Zeit immer mehr Mütter im Rat. Und seit den Wahlen am 20. Oktober sind es noch mehr.

15'400 Franken alleine für Möbel

Das Stillzimmer hat von Anfang an für Diskussionen gesorgt. Nachdem BLICK die Kosten öffentlich gemacht hatte, war rasch Kritik laut geworden. «Ich habe nichts gegen ein Stillzimmer», sagt Pieren. «Aber Kosten von 90'000 Franken sind abartig.» Das entspreche immerhin dem Jahreslohn einer Mittelstandsfamilie.

Für das neue Stillzimmer im Bundeshaus waren grössere Umbauten nötig. Gekostet hat das Ganze rund 90'000 Franken.
Foto: Keystone
1/7

Die Ratsbüros dagegen sehen die Kosten als gerechtfertigt an. Damit das Zimmer im denkmalgeschützten Parlamentsgebäude habe realisiert werden können, seien eben Umbauten nötig gewesen. Kostenpunkt: rund 61'600 Franken. Für die Planung seien nochmals etwa 12'300 Franken fällig geworden. Die Inneneinrichtung als solches hat knapp 15'400 Franken gekostet.

Für die Ratsbüros entspricht die Einrichtung des Stillzimmers jener in einem Unternehmen. Sie müsse einem höheren Anspruch genügen, «da die Intensität und Dauer der Nutzung in einem öffentlichen Gebäude höher ist». Zudem seien natürliche Materialien ohne schädliche Stoffe verwendet worden, die aus Schweizer Produktion stammen, betonen die Ratsbüros.

«Es braucht keine solche Luxuslösung»

Damit aber ist Pieren, die selber eine Kindertagesstätte leitet, nicht einverstanden. «Die Antwort ist fadenscheinig», findet sie. In dem Zimmer würden ja nicht mehr Kinder gestillt oder gewickelt als in einem Privathaushalt und erst recht nicht mehr als in einer Kindertagesstätte. «Deshalb braucht es keine solche Luxuslösung. Ich habe eine ganze Kindertagesstätte mit viel weniger Geld eingerichtet.»

Solch hohe Kosten seien ein Affront gegenüber jedem Steuerzahler. «Es ist Aufgabe des Parlaments, haushälterisch mit Steuergeld umzugehen. Das ist hier sicher nicht der Fall», findet Pieren deutliche Worte. «Vielleicht ist es dann zumindest eine Lehre, wenn die nächste Begehrlichkeit folgt.»

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?