Aus Ärger über die Umsetzung von Gesetzen
Parlament will den Bundesrat teilentmachten

Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats will, dass das Parlament ein Veto erhält, wenn ihm eine Verordnung des Bundesrats nicht passt.
Publiziert: 08.11.2017 um 19:20 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 00:11 Uhr
Bundesräte und Vertreter der Spitzen der Bundesratsparteien an einem Tisch: Offenbar will der Bundesrat das drohende Verordnungsveto bei den Von-Wattenwyl-Gesprächen am Freitag ansprechen (im Bild Von-Wattenwyl-Gespräche vom 11. November 2016).
Foto: Keystone
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Der Bundesrat fürchtet sich vor einer Teilentmachtung. Er hat für die am Freitag stattfindenden Von-Wattenwyl-Gespräche – das traditionelle Treffen zwischen den Mitgliedern der Landesregierung und den Spitzen der Bundesratsparteien – auch die «Gewaltenteilung zwischen Legislative und Exekutive» auf die Traktandenliste gesetzt. Hintergrund ist, dass die Staatspolitische Kommission des Nationalrats derzeit über einem Verordnungsveto brütet. Damit soll das Parlament die Macht erhalten, Verordnungen des Bundesrats für ungültig zu erklären. 

Denn mit verschiedenen Verordnungen – die festlegen, wie genau Gesetze in die Praxis umgesetzt werden – hat der Bundesrat den Unmut des Parlaments auf sich gezogen. Diese hätten nicht immer dem Willen des Gesetzgebers entsprochen, monieren Kritiker.

Deshalb hatte SVP-Nationalrat Thomas Aeschi (38, ZG) bereits 2014 eine parlamentarische Initiative eingereicht, die dem Parlament ein Veto gegen Verordnungen an die Hand geben sollte. Sein Vorstoss stiess im Nationalrat auf offene Ohren, nicht aber im Ständerat. Das galt bis im letzten Jahr. Dann stieg die Staatspolitische Kommission der kleinen Kammer doch noch auf das Anliegen ein. 

Alt Bundesrichter: Verfassungsrechtlich fragwürdig

Aeschis Idee: Wenn mindestens ein Drittel eines Rates innerhalb von 14 Tagen einen Antrag auf ein Veto einreicht, wird die betroffene Verordnung nicht in Kraft gesetzt und vom Parlament in der nächsten Session behandelt. Verstreicht die Frist von 14 Tagen oder lehnt ein Rat das Veto ab, kann die Verordnung in Kraft treten.

Das Veto würde die Machtverteilung zwischen Legislative und Exekutive durcheinanderbringen. Alt Bundesrichter Heinz Aemisegger (70) hält das Veto deshalb verfassungsrechtlich für «fragwürdig», wie er der «NZZ» sagt. Der Grundsatz der Gewaltenteilung, welche eine «übermässige Machtkonzentration» verhindere, würde angekratzt. Das ist auch die Haltung der Landesregierung.

Gegner befürchten Verzögerungen und Rechtsunsicherheit

Gegner des Vetos, die vor allem aus dem linken Lager (SP, Grüne) kommen, monieren ausserdem, dass ein Verordnungsveto zu mehr Verzögerungen führe und sich damit die Rechtsunsicherheit erhöhe. Zudem hätte das Parlament bereits heute Mittel, über Inhalte von Verordnungen mitzubestimmen. So kann der Gesetzgeber zum Beispiel explizit in Gesetzen festlegen, dass er die Ausführungsbestimmungen eines Gesetzes vor der Inkraftsetzung zur Genehmigung vorgelegt haben will. Aeschi hält dagegen, dass die jetzigen Mittel nicht effizient seien. Primär ginge es ihm darum, mit dem Veto eine präventive Wirkung zu erzielen.

Andrea Caroni (37) wägt ab: «Mit dem Veto könnten wir neu präventiv sagen, dass wir mit einer Verordnung gesamthaft nicht einverstanden sind.» Gleichzeitig betont der FDP-Ständerat (AR) in der «NZZ», dass gewisse Fragezeichen hinsichtlich der Umsetzung im Raum stünden. So sei zum Beispiel fraglich, ob sich das Parlament innert der kurzen Frist eine Meinung bilden könne.

Ob der Bundesrat das Verordnungsverbot tatsächlich am Freitag anspricht, ist nicht bestätigt. Die Bundeskanzlei wolle sich nicht dazu äussern. (duc)

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