Das SP-Referendum gegen höhere Kinderabzüge steht
«Das ist ein unnötiger Steuerbonus für die Reichsten»

Das Stimmvolk entscheidet 2020 über höhere Kinderabzüge bei der direkten Bundessteuer. Die SP hat die benötigten 50'000 Unterschriften für ihr Referendum beisammen, wie Parteichef Christian Levrat im BLICK-Interview bestätigt.
Publiziert: 19.12.2019 um 00:24 Uhr
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Aktualisiert: 17.09.2020 um 10:40 Uhr
Ruedi Studer

Im Oktober musste SP-Chef Christian Levrat (49) eine Wahlschlappe verkraften. Seine Partei verlor zwei Prozent Wähleranteil und sieben Sitze im Parlament. Beim BLICK-Interview im Bundeshaus zeigt sich der abtretende Parteipräsident trotzdem gut gelaunt – nicht ohne Grund.

BLICK: Herr Levrat, bringt die SP das Referendum gegen höhere Kinderabzüge zustande?
Christian Levrat:
Ja, das Referendum steht. Wir haben 56'000 beglaubigte Unterschriften beisammen. Weitere 6000 Unterschriften sind im Beglaubigungsprozess – und wir sammeln weiter. Am 14. Januar 2020 reichen wir das Referendum ein.

Das Steuerentlastungs-Päckli von 350 Millionen Franken soll weg? Damit vermiesen Sie Tausenden von Familien das Weihnachtsfest!
Im Gegenteil. Wir verhindern den Raubzug unter dem Weihnachtsbaum. Die höheren Kinderabzüge sind nichts anderes als ein Steuergeschenk für jene, die es nicht nötig haben. Die 20 Prozent reichsten Familien mit Kindern würden den Löwenanteil der 350 Millionen einsacken, das sind gerade mal 6 Prozent aller Haushalte in der Schweiz. Die Hälfte der Familien mit Kindern hingegen hat überhaupt nichts davon, weil sie keine Bundessteuern bezahlt. Auch Kinderlose gucken in die Röhre.

Ursprünglich ging es um die Erhöhung des Abzugs für die Kinderdrittbetreuung – dann wurde der allgemeine Abzug erhöht.
Foto: Keystone
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Die SP rechnet selber vor: Eine vierköpfige Familie spart maximal 910 Franken pro Jahr. Das ist doch nur ein Taschengeld.
Nein, das ist ein unnötiger Steuerbonus für die Reichsten. Für die sind 910 Franken tatsächlich nur ein Taschengeld, aber bezahlen muss diesen Reichenbonus der Mittelstand, weil andernorts Leistungen abgebaut werden müssen, um das Steuerloch zu stopfen.

Sie übertreiben! Gerade hat das Parlament ein 75-Milliarden-Franken-Budget verabschiedet. Da kommt es auf 350 Millionen mehr oder weniger nicht an.
Das sehe ich anders. 350 Millionen Franken entsprechen einem Drittel der Krankenkassenprämien für Kinder. Wenn man den Familien wirklich helfen will, dann müssen wir die Prämien für Kinder streichen. Oder die Kinderzulagen erhöhen. Um den Mittelstand zu entlasten, sind die höheren Kinderabzüge wertlos. Sie sind vielmehr ein Diebstahl an den Mittelstandsfamilien.

Ausgerechnet die Grünliberalen, welche von der SP als «Grünasoziale» verspottet werden, unterstützen nun das Referendum. Haben Sie sich schon bedankt für den Support?
Ich freue mich über jede Unterstützung. Das Referendum haben wir aber innerhalb von zwei Monaten aus eigener Kraft zustande gebracht. Das macht mich stolz – und ist zugleich eine Warnung an die Bürgerlichen: Wenn ihr übertreibt, ist die SP auf Knopfdruck referendumsfähig.

Na ja, die Abstimmung ist noch nicht gewonnen.
Diese Abstimmung gewinnen wir, darauf wette ich! Ich bin bereits gespannt, wie die Bürgerlichen dem Stimmvolk die Reichensubvention erklären wollen.

Nach der Wahlschlappe ist das Referendum ja schon fast ein Abschiedsgeschenk für Sie als abtretenden Präsidenten.
(Lacht) Ja, genau. Es ist ein Erfolg und ein wichtiges Signal für unsere Mobilisierungskraft. Die SP kann und wird sich wehren, wenn die Bürgerlichen überborden.

Darum geht es beim höheren Kinderabzug

Ursprünglich hätten eigentlich nur die Steuerabzüge für die externe Kinderbetreuung erhöht werden sollen. Von heute 10'100 auf maximal 25'000 Franken – verbunden mit einem Ausfall von rund 10 Millionen Franken bei der direkten Bundessteuer.

Doch dann beantragte CVP-Nationalrat Philipp Kutter (44, ZH) zusätzlich eine Erhöhung des allgemeinen Kinderabzugs von 6500 auf neu 10'000 Franken pro Kind. Die Steuerausfälle schätzt der Bund auf 370 Millionen Franken.

Im Parlament war der Vorschlag stark umstritten. SP, Grüne und GLP lehnten die Idee ab. SVP, CVP und BDP stimmten dafür. Die FDP war zuerst dagegen, wechselte dann aber ins Ja-Lager.

Die SP ergriff daraufhin das Referendum. Dieses wird auch von den Grünen und Grünliberalen unterstützt. Die Vorlage kommt am 27. September 2020 zur Abstimmung. (rus)

Ursprünglich hätten eigentlich nur die Steuerabzüge für die externe Kinderbetreuung erhöht werden sollen. Von heute 10'100 auf maximal 25'000 Franken – verbunden mit einem Ausfall von rund 10 Millionen Franken bei der direkten Bundessteuer.

Doch dann beantragte CVP-Nationalrat Philipp Kutter (44, ZH) zusätzlich eine Erhöhung des allgemeinen Kinderabzugs von 6500 auf neu 10'000 Franken pro Kind. Die Steuerausfälle schätzt der Bund auf 370 Millionen Franken.

Im Parlament war der Vorschlag stark umstritten. SP, Grüne und GLP lehnten die Idee ab. SVP, CVP und BDP stimmten dafür. Die FDP war zuerst dagegen, wechselte dann aber ins Ja-Lager.

Die SP ergriff daraufhin das Referendum. Dieses wird auch von den Grünen und Grünliberalen unterstützt. Die Vorlage kommt am 27. September 2020 zur Abstimmung. (rus)

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