Durchstarten für den Wahlkampf: FDP-Präsidentin Petra Gössi
«Das liesse sich mit Kindern kaum vereinbaren»

Als sie vor zwei Jahren Präsidentin der FDP wurde, hatte Petra Gössi bei Beobachtern wenig Kredit. Doch das hat die Schwyzerin nicht gross gekümmert. Mittlerweile ist sie in der nationalen Politik eine respektierte Figur.
Publiziert: 06.05.2018 um 15:45 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 17:45 Uhr
Weniger Sorgen als andere bürgerliche Parteichefs: Die Schwyzer FDP-Nationalrätin Petra Gössi.
Foto: KARL-HEINZ HUG
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Marcel Odermatt, Simon Marti

Vor zwei Jahren traten sie gemeinsam an, um die grossen bürgerlichen Parteien der Schweiz zu führen: Gerhard Pfister (55), Albert Rösti (50) und Petra Gössi (42). Bei Gössi waren die Beobachter, zurückhaltend formuliert, skeptisch. Ständerat Philipp Müller (65, AG) hatte die serbelnde FDP wieder auf die Erfolgsspur gebracht. Wie würde die junge Schwyzerin mit diesem Erbe ihres Vorgängers umgehen?

Das hat Gössi nicht gross gekümmert. «Ich habe mir kein Bild gemacht, wie es sein könnte als Präsidentin. Es kommt ja eh immer anders heraus, als man denkt», sagt sie rückblickend.

Wichtig sei ihr, authentisch zu sein. Dazu gehört eine gewisse Zurückhaltung. Die Chefs der Konkurrenz sind in den Medien um einiges präsenter.

Keine narzisstischen Neigungen

«Es gibt keinen Grund, mich bei jedem Thema in den Vordergrund zu drängeln», sagt Gössi. «Meine Aufgabe als Parteipräsidentin ist, zu zeigen, dass die FDP viele gute Köpfe hat. Nicht jeder kann sich mit mir identifizieren – und muss es auch nicht.» Sie sei halt keine Narzisstin, heisst es schon beinahe entschuldigend in der eigenen Fraktion.

Ganz anders fielen 2016 die Vorschusslorbeeren für ihre männlichen Kollegen aus: Rösti hatte erfolgreich den Wahlkampf geleitet, der die Rechtspartei im Jahr zuvor auf ein Allzeithoch hievte. Der umgängliche Berner Oberländer verfügt über eine glaubwürdige SVP-Biografie, zugleich versprach er als Akademiker sowie durch seinen versöhnlichen Auftritt, zusätzliche Wählerschichten anzusprechen.

Pfister wiederum markiert mit seinem konservativem Kompass einen Bruch mit der Ära Darbellay. Dennoch trauten auch die Vertreter des linken Parteiflügels dem intellektuellen Zuger zu, die Partei zusammenzuhalten und den jahrzehntelangen Krebsgang der CVP zu stoppen.

CVP und SVP stecken im Tief

Anders als bei Gössi kann zwei Jahre später weder bei Pfister noch bei Rösti von Erfolg die Rede sein. Diese Woche erklärte die Zürcher CVP-Nationalrätin Barbara Schmid-Federer (52) ihren Rücktritt – dazu feuerte sie im «Tages-Anzeiger» eine volle Breitseite auf Pfister ab, als sie das Schielen der CVP nach rechts scharf kritisierte.

Die jüngsten Wahlen in Gemeinden und Kantonen haben CVP wie SVP zugesetzt. Rösti verbringt derzeit einen grossen Teil seiner Zeit – wie jüngst in Zürich – mit Schlichtungsarbeit. Es murrt an der Basis, es murrt in Herrliberg.

Petra Gössi zeigt keine Häme – eher Mitgefühl, im Wissen darum, wie rasch der Wind an der Spitze einer Partei drehen kann.

Konkurrenzdenken sage ihr nichts. Sie wolle gewinnen, weil die FDP stark sei – nicht dank der Schwäche ihrer Gegner. «Die SVP ist noch immer mit Abstand die stärkste Partei. Es würde mich erstaunen, wenn die Partei tatsächlich geschwächt aus den nationalen Wahlen hervorgeht», erklärt sie mit Blick auf die jüngsten SVP-Turbulenzen.
Sie könne aber nur für die FDP reden, schiebt sie sogleich nach. Und verteilt grosszügiges Lob: «Wir treten geschlossen auf, haben klare Positionen. In der Europapolitik beispielsweise, die an unserer Delegiertenversammlung im Juni im Fokus stehen wird. Immer nur Nein zu sagen ist kein Weg für uns.»

«Der harte Teil der Arbeit geht mit dem Wahlkampf los»

Die Nationalrätin mag weniger im Scheinwerferlicht stehen als andere Politiker der ersten Liga, betont aber auch, wie viel Arbeit mit ihrem Amt verbunden und wie häufig sie unterwegs sei.

«Der richtig harte Teil geht aber erst jetzt mit dem Wahlkampf los.» Bis im Herbst habe sie fast jeden Samstag einen Wahltermin. Daneben bleibt die Juristin in der Wirtschaft tätig, will ihren Lebensunterhalt weiterhin unabhängig von der Politik bestreiten können. Da bleibe nicht viel Zeit, auch nicht fürs Privatleben: «Ich bin berufstätig und habe ein intensives politisches Amt. Das liesse sich mit Kindern kaum vereinbaren», sagt Gössi.

Sie sehe in ihrem Umfeld, wie schwierig es sei, alles unter einen Hut zu bringen. Wer wie sie «dieses liberale Feuer» in sich trage, solle auch ein paar Jahre in eine liberale Gesellschaft investieren. «Das werde ich nie bereuen.»

Plädoyer für eine FDP-Frau im Bundesrat

Ob sich ihre Terminplanung mit dem angekündigten Rücktritt von FDP-Bundesrat Johann Schneider-Ammann (66) bis zum Ende der Legislatur noch mehr verdichten wird? Für eine Bundesratskandidatur stehe sie nicht zur Verfügung, sagt Gössi, sie wolle die Partei in die Wahlen 2019 führen.

Zugleich habe das Parlament in der Vergangenheit zahlreiche Gelegenheiten gehabt, eine Freisinnige in die Landesregierung zu wählen. «Es würde der FDP aber gut tun, 30 Jahre nach Elisabeth Kopp wieder mit einer Frau im Bundesrat vertreten zu sein.»

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