Alexander Marx (28) brachte den Fleisch-Skandal um Carna Grischa ins Rollen
Er hat nichts zu verbergen!

Falsch deklariertes Fleisch ging aus dem Bündnerland in die ganze Schweiz. Nun steht der Mann hin, der den Skandal ins Rollen brachte. Mit Namen und Bild.
Publiziert: 28.12.2014 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 16:38 Uhr
Patrik Berger und Guido Schätti

Dies ist die Geschichte eines  Mannes, den bei der Arbeit das schlechte Gewissen plagte – und der quasi im Alleingang einen der grössten Fleisch-Skandale der Schweiz aufdeckte.

Alexander Marx (28) ist gelernter Koch. Nur fünf Monate arbeitete er beim Bündner Fleischhändler Carna Grischa. Dann hatte er genug. Genug gesehen, genug gehört.

Genug von den miesen Tricks, mit denen die Kundschaft über Jahre hinweg getäuscht wurde: Billiges Poulet aus Ungarn war für Schweizer Güggeli ausgegeben und Verfallsdaten geändert worden, statt Rindfleisch erhielten die Kunden auch mal Pferdefleisch.

Nach fünf Monaten hatte Alexander Marx genug gesehen.
Foto: Sabine Wunderlin
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Marx ging all das gegen den Strich. Als er sich weigerte, den Betrug fortzusetzen, erhielt er die Kündigung. Leider habe man keine Arbeit mehr für ihn, beschied ihm der Chef.

Sieben Stunden lang befragt

Also erstattete er im September Anzeige. Und brachte den Skandal an die Öffentlichkeit. SonntagsBlick berichtete am 23. November exklusiv, mit welchen Tricks Carna Grischa ihren Kunden über mindestens zehn Jahre hinweg falsch deklariertes Fleisch angedreht hatte. Damals wollte der Hauptbelastungszeuge seinen Namen noch nicht gedruckt sehen.

Heute arbeitet Marx mit der Bündner Staatsanwaltschaft zusammen. Vor 14 Tagen wurde er von zwei Kriminalpolizisten verhört. «Mehr als sieben Stunden lang haben sie mich zu den Geschäftspraktiken bei Carna Grischa befragt.»

Der Preis für seinen Schritt an die Öffentlichkeit war hoch. Noch immer hat er keinen neuen Job. «Es ist sicher kein Vorteil, wenn ich beim Bewerbungsgespräch sage, dass ich zuvor bei der Carna Grischa gearbeitet habe», sagt Marx.

Weilenmann wollte ihn mundtot machen

Der psychische Druck war enorm. Carna-Grischa-Präsident Ettore Weilenmann (55) versuchte mit allen Mitteln, seine Glaubwürdigkeit zu untergraben und die Publikation des Artikels zu verhindern. Er klagte vor dem Handelsgericht Aarau wegen Ehrverletzung und unlauterem Wettbewerb. Heuerte Anwälte und PR-Berater an.

Mit haarsträubenden Beschuldigungen ging Weilenmann gegen seinen früheren Angestellten los: Marx sei von der Konkurrenz eingeschleust worden, um Carna Grischa zu schaden. Zudem habe er selbst Dokumente manipuliert.

Es waren leere Behauptungen. Nichts davon konnte Weilenmann beweisen. Das Gericht wies seine Klage zurück, nachdem SonntagsBlick Dokumente eingereicht hatte, welche die Falschdeklaration glaubhaft belegten. 

Kunden und Lieferanten springen seitdem massenweise ab. Niemand will mehr etwas mit Carna Grischa zu tun haben. Der Präsident sucht inzwischen einen Käufer für seine Firma.

Auch wenn sich Weilenmanns Vorwürfe bald als falsch herausstellten, ging Marx durch die Hölle. Und doch würde er die Machenschaften wieder aufdecken. Schadenfreude verspürt er nicht. Ein wenig Stolz aber schon: «Es freut mich, dass ich da etwas ins Rollen gebracht habe. Sogar der Bundesrat hat zum Skandal Stellung genommen. Das zeigt mir, dass ich richtig gehandelt habe», sagt Marx.

Das Verfahren dürfte noch lange dauern. «Ich bin bereit, diesen Weg zu gehen, bis es zu einem Urteil kommt», sagt Marx. «Ich hoffe, dass jetzt endlich alles ans Licht kommt.»

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