Polizeichef spricht nach gewalttätigen Randalen bei der Reitschule von «Hinterhalt»
Stapi Tschäppät will Linken Geldhahn zudrehen

Dem Berner Stadtpräsidenten Alexander Tschäppät reichts. Der SP-Mann will die Debatte über die Reitschulverträge aussetzen. Es geht um 400'000 Franken pro Jahr.
Publiziert: 07.03.2016 um 12:46 Uhr
|
Aktualisiert: 11.09.2018 um 03:20 Uhr
Am Tag nach den Krawallen bei der Berner Reithalle ist die Empörung gross. Polizeichef Manuel Willi spricht von einem Hinterhalt, in den Polizei und Feuerwehr gelockt worden seien.
Foto: KEYSTONE/STR
Schliessung der Reitschule als letztes Mittel: Stapi Tschäppät.
Foto: Keystone

Bevor keine Klarheit bestehe über die Angriffe und wie man sie in Zukunft verhindern wolle, könnten die neuen Verträge mit dem autonomen Kulturzentrum nicht behandelt werden.

Die Berner Stadtregierung hatte die neuen Leistungsverträge Ende Dezember 2015 genehmigt. Auch die Reithalle hatte dem Vertrag zugestimmt. Nun sollte er demnächst dem Stadtparlament vorgelegt werden.

Der Vertrag enthält unter anderem ein Sicherheitskonzept und neue Bestimmungen, für den Fall dass die Reitschule Verpflichtungen missachtet. Konkret kann die Stadt dann ihre Zahlungen kürzen.

Mietkosten betragen rund 400'000 Franken pro Jahr

Der neue Vertrag für die Jahre 2016-2019 wäre die Grundlage dafür, dass die Stadt anstelle der Reitschule die Miete des Gebäudes von rund 318'000 Franken pro Jahr übernimmt und daneben rund 61'000 Franken Beiträge an die Nebenkosten zahlt. Die neuen Verträge enthalten schärfere Sanktionsmöglichkeiten als bisher.

Tschäppät verurteilte die jüngsten Angriffe von linksautonomen Gewalttätern auf Sicherheitskräfte bei der Berner Reitschule aufs Schärfste. Er hofft, dass diese ermittelt werden und sich vor Gericht verantworten müssen.

Für ihn ist klar, dass solche Angriffe nicht ohne Folgen bleiben können. Doch zunächst steht die Sanktionsfrage für ihn noch nicht im Zentrum. «Dafür ist es noch zu früh», sagte der Berner Stadtpräsident. Zuerst müsse klar sein, wie es zu diesen Ausschreitungen gekommen sei und wie sich so etwas in Zukunft verhindern lasse.

Nun brauche es zuerst eine Krisensitzung und Gespräche. «Man muss der Reitschule klar machen, dass sie in der Verantwortung steht», führte Tschäppät aus.

«Polizei in Hinterhalt gelockt»

«Es ging den Vermummten dem Anschein nach darum, mit der Strassensperre die Polizisten in einen Hinterhalt zu locken und zu verletzten», sagt der Berner Polizeichef Manuel Willi heute in einem Interview mit der Berner Tageszeitung «Der Bund». Die Täter hätten sich im Vorfeld der Randale vom Wochenende mit Steinen und Flaschen ausgerüstet und sich dann gezielt positioniert, unter anderem auf dem Dach der Reitschule.

Auf der Internetseite Indymedia schreibt eine anonyme Gruppierung in einem Eintrag von einem «selbstbestimmten und entschlossenen Schritt in die offene Konfrontation mit den herrschenden Zwängen.»

Die Ausschreitungen am Wochenende sind unter anderem eine Reaktion der linksautonomen Chaoten auf eine neue Strategie der Polizei mit verstärkter Präsenz im Umfeld der der Reitschule vorgelagerten Schützenmatte. Willi will dieses Vorgehen nun analysieren und danach über das weitere Vorgehen entscheiden.

Immer wieder kommt es in der Umgebung des autonomen Kulturzentrums zu gewalttätigen Auseinandersetzungen von Linksextremen mit der Polizei. Meist entziehen sich die vermummten Krawallmacher der Polizei durch Flucht in die Menge der nächtlichen Besucher des autonomen Kulturzentrums.

«Der Dialog hat uns nicht vorwärts gebracht»

Seit Jahren sucht die Stadt den Dialog mit der Reitschule - es ist ein dornenvoller, von Rückschlägen geprägter Weg. Anfang 2015 übernahm Stadtpräsident Tschäppät die Federführung.

«Der Dialog hat uns nicht vorwärts gebracht», sagte der Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause heute  im Regionaljournal Bern Freiburg Wallis von Radio SRF. Wenn elf Polizisten verletzt würden, könne das so nicht weitergehen.

Für Tschäppät ist klar, dass solche Angriffe nicht ohne Folgen bleiben können. Doch zunächst steht die Sanktionsfrage für ihn noch nicht im Zentrum. «Dafür ist es noch zu früh», sagte der Berner Stadtpräsident.

Eine Schliessung der Reitschule, wie das vorwiegend rechtsbürgerliche Kreise in Bern seit langem fordern, wäre für Tschäppät das letzte Mittel. Damit würde aber das Problem nicht gelöst, ist er überzeugt.

Mit einer Schliessung würden alle Jugendlichen bestraft, die Wochenende für Wochenende zu Tausenden ins Berner Nachtleben strömten. Die Probleme würden sich bei einer Schliessung der Reitschule auf die ganze Stadt verteilten.

Die Krawalle seien Wasser auf die Mühlen der Reitschulgegner, kommentierte die Tageszeitung «Der Bund» am Montag. Die «Berner Zeitung» forderte in ihrem Kommentar: «Politiker, wacht endlich auf!». Die Zeit sei reif für härtere Massnahmen.

Am Wochenende kam es zweimal zu Ausschreitungen vor der Berner Reitschule. Besonders heftig fielen sie in der Nacht auf Sonntag aus. Unbekannte errichteten Strassenbarrikaden und zündeten sie an. Als Polizei und Feuerwehr ausrückten, eskalierte die Situation. Elf Polizisten wurden verletzt.

Das autonome Kulturzentrum Reithalle polarisiert die Berner Bevölkerung seit einem Vierteljahrhundert. Die Institution ist eine feste Grösse im Kultur- und Nachtleben der Stadt, doch vom Treiben der linksautonomen Chaoten hat sie sich nie überzeugend zu distanzieren vermocht.

Die Berner haben sich in Abstimmungen bisher hinter die Institution gestellt. Rechtsbürgerliche Kreise haben darum auf kantonaler Ebene ein Initiative am Laufen. (SDA)

Fehler gefunden? Jetzt melden