Bund gibt zu: «Wir haben die Lage nicht mehr im Griff»
Tödliche Lungenkrankheit breitet sich in der Schweiz aus

Fast 500 Leute haben sich 2017 mit der tödlichen Legionärskrankheit angesteckt. Mit einer Taskforce will der Bund die Epidemie jetzt stoppen.
Publiziert: 27.01.2018 um 23:33 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 17:35 Uhr
Sie lauern in Duschen, in Schwimmbädern, in Luftbefeuchtern – und verursachen schwere Lungenentzündungen: Legionellen-Bakterien.
Foto: Science Picture Co
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Fabian Eberhard

Sie lauern in Duschen, in Schwimmbädern, in Luftbefeuchtern – und verursachen schwere Lungenentzündungen: Legionellen. Seit einigen Jahren breiten sich die gefährlichen Bakterien in der ganzen Schweiz aus. Jetzt räumt Daniel Koch, Leiter der Abteilung für übertragbare Krankheiten beim Bundesamt für Gesundheit (BAG), ein: «Wir haben die Lage nicht mehr im Griff.»

2017 registrierte der Bund knapp 500 Fälle der tödlichen Legionärskrankheit – 35 Prozent mehr als 2016.

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Fünf bis zehn Prozent der Erkrankten sterben

Die Infektion beginnt mit Husten, Durchfall und Fieber. Später kann es zu schweren Lungen- und Rippenfellentzündungen kommen. Besonders gefährdet sind Ältere, Raucher und Menschen mit geschwächtem Immunsystem. Trotz Antibiotika-Behandlung sterben fünf bis zehn Prozent der Erkrankten.

Die Bakterien werden über zerstäubtes Wasser eingeatmet. Infektionsquellen sind häufig Klimaanlagen, Duschen, Whirlpools oder andere Warmwasser­einrichtungen. Zu einer Übertragung von Mensch zu Mensch kommt es nur in äusserst seltenen Fällen.

Koch warnt: «Wir haben es mit einer gefährlichen, potenziell tödlichen Krankheit zu tun.» Er sei «beunruhigt» wegen des kontinuierlichen landes­weiten Anstiegs von Fällen.

Mehr noch: Die fast 500 Betroffenen aus dem Jahr 2017 seien nur die Spitze des Eisbergs. Das BAG gehe von einer hohen Dunkelziffer aus. «Uns werden nur Fälle mit schwerem Verlauf gemeldet. Dann, wenn die Leute im Spital landen.»

Legionellen mehren sich in stehendem, warmem Wasser 

Im Kampf gegen die Bakte­rien hat der Bund nun eine Taskforce gebildet. «Wir arbeiten ämterübergreifend daran, die Ausbreitung zu stoppen», so Koch. Das Bundesamt für ­Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen erarbeitet neue Richtlinien und gesetzliche Grenzwerte für die Legionellenkonzentration im Wasser. So können in Zukunft Kantons­chemiker Sanierungen oder Duschverbote in Hotels und öffentlichen Bädern durchsetzen. Flächendeckende Kontrollen von Privathäusern dagegen dürften nur schwer realisierbar sein.

Der Bevölkerung rät Koch, das Wasser in Boilern auf über 60 Grad zu erhitzen und die Leitungen regelmässig gut durchzuspülen. Der Grund: Legionellen vermehren sich in stehendem, warmem Wasser.

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