Clubs und Bars, die es besser machen
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Corona-Debakel in Party-Szene:Clubs und Bars, die es besser machen

Tanzen hinter Plexiglas, kein Einlass ohne SMS
Diese Clubs machen es besser

Vom Extra-Handy fürs Datensammeln und Tanzen hinter Plexiglas bis Maskenpflicht auf dem WC. Während der Corona-Pandemie müssen Bars und Clubs kreativ werden, um die Bestimmungen einzuhalten – und das Vertrauen der Gäste zurückzugewinnen.
Publiziert: 30.06.2020 um 22:17 Uhr
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Aktualisiert: 01.07.2020 um 07:18 Uhr
Celina Euchner

Der Superspreader-Event im Zürcher Club Flamingo hat die Party-Szene ins Chaos gestürzt. Mindestens fünf Menschen haben sich am 21. Juni dort infiziert, mindestens 20 weitere Ansteckungen im Aargau sind auf die Partynacht zurückzuführen. Der Club soll vorübergehend geschlossen werden. Einige Gäste, darunter auch der It-Boy Reto Hanselmann (38), wurden wegen mangelhaft geführten Listen nie über die Gefahr informiert.

Viele Gäste wollten aber gar nicht informiert werden, gaben Fake-Adressen an. Lässt sich das vermeiden? Um Falschangaben von Gästen zu verhindern, lässt Rose Marie Obrist, Inhaberin der Splendid Piano Bar im Zürcher Niederdorf, ihre Gäste SMS schicken. Auf eine Handynummer, die es nur zu diesem Zweck gibt. «Um bei uns einzukehren, müssen die Gäste zeigen, dass sie ein SMS mit Vor- und Nachnamen geschickt haben», sagt sie. Kein SMS – kein Einlass. Ganz einfach.

Wer kein SMS sendet, muss wieder gehen

So können die Gäste kontaktiert werden, selbst wenn sie nicht den richtigen Namen angegeben haben. «Gleichzeitig muss niemand eine App zum Eintragen nutzen, bei der Datenschutz-Sorgen aufkommen können.» Denn das wird immer wieder zum Thema. Auch in der Splendid Piano Bar. Obrist: «Es gibt auch Gäste, die sagen, sie wollen keine Daten angeben. Sie machen es aber, wenn wir erklären, dass das Handy und die Nummer nur dazu verwendet werden.» Wer sich nicht überzeugen lässt, die Kurznachricht zu senden, muss wieder gehen. Denn: «Wir ziehen das durch.»

Rose Marie Obrist, Inhaberin der Splendid Piano Bar im Zürcher Niederdorf, hat sich etwas einfallen lassen, um Gästedaten zu sammeln.
Foto: Fabian Fuhrer
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Auch bei Clubs gibt es Konzepte, die offenbar wirken. Im Viscose Club in Emmen LU tanzt man hinter Plastik. Die Betreiber zogen eine Plexiglaswand quer über die Tanzfläche. «Wir wollen unsere Gäste schützen und tun alles, was uns möglich ist», sagt der Clubbesitzer. Die Tanzfläche ist in zwei Sektoren aufgeteilt. Pro Bereich gibt es verschiedenfarbige Bändchen. Die Security kontrolliert penibel, wer in welchem Sektor Spass hat.

Maskenpflicht auf dem Club-WC

Erwischt der Sicherheitsdienst jemanden, der sich in den falschen Bereich getanzt hat, wird er verwarnt und zurück hinter die Scheibe zitiert. «Wer aufs WC muss, und dafür den anderen Sektor passieren muss, kriegt von der Security eine Maske», sagt der Besitzer. Vor den WCs warten weitere Sicherheitsmitarbeiter. Denn: Auf den Toiletten herrscht ebenfalls Maskenpflicht. Das wird kontrolliert, weil an den Waschbecken der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann. Alle Corona-Regeln des Besitzers gelten auch, wenn Fremdveranstaltungen im Club stattfinden.

Fiebermessen an der Tür wäre grundsätzlich auch eine Option. Noch zögern Clubbesitzer aber. Der Viscose-Besitzer sagt: «Es könnte abschreckend wirken. Und mit alkoholisierten Gästen ist das vielleicht auch schwierig.» Dennoch wird darüber nachgedacht, wenn es zum Schutz der Partywütigen beiträgt.

Auch die Pasha Shisha Lounge Emmen, die dem Viscose-Inhaber gehört, musste ein Hygienekonzept vorlegen. «Die Shisha teilen ist jetzt verboten.» Das steht überall auf Schildern. Contact Tracing funktioniert hier per QR-Code. «Scannt man den Code, muss man seine Daten eintragen.» Dann wird ein SMS mit den Personendaten an die Betreiber gesendet. So ist klar, wer mit wem am Tisch sitzt. Und auch die Telefonnummer ist verifiziert.

Datenschützer skeptisch wegen ID-Daten

SMS-Tracking ist eine Möglichkeit, um zumindest an korrekte Handynummern der Kunden zu kommen. Die Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli wollte einen anderen Weg gehen. Am Sonntag hat sie angedroht, über eine ID-Pflicht für die Clubs nachzudenken. Der Datenschützer Adrian Lobsiger ist skeptisch: «Es geht nicht an, dass Private im Rahmen ihrer Schutzkonzepte den Hilfssheriff spielen. Und es ist problematisch, wenn eine Exekutive etwas wie eine ID-Pflicht per Notrecht durchsetzt.»

Wenn Behörden der Meinung seien, dass Daten gesammelt werden müssen, brauche es dafür eine politische Debatte und eine Gesetzesgrundlage. Zudem gibt er zu bedenken: «Bei einem Zwang besteht immer die Gefahr, dass es zu einer Trotzreaktion kommt. Ich halte es für zielführender, von den Mitbürgern ein solidarisches Verhalten einzufordern.»


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