Verteidiger fordert Freilassung von Motorsägen-Mann
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Kettensägen-Mann unschuldig:Verteidiger fordert Freilassung von Motorsägen-Mann

Gericht schickt Motorsägen-Mann in die stationäre Massnahme
F. W. will Urteil weiterziehen

Der Motorsägen-Mann von Schaffhausen muss nicht in den Knast – sondern in Therapie. Weil ihm wegen Schuldunfähigkeit keine Verbrechen im strafrechtlichen Sinne vorgeworfen werden können, kam keine Haftstrafe infrage. Damit ist W. aber nicht zufrieden.
Publiziert: 10.09.2019 um 23:40 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2019 um 10:27 Uhr
F. W. (52) stand vor dem Kantonsgericht Schaffhausen.
Foto: Andrea Brunner
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Marco Latzer, Beat Michel

Sein Blick ist fast so leer und gläsern wie auf den Fahndungsfotos der Polizei vor zwei Jahren. F. W.* (52), besser bekannt als Motorsägen-Mann von Schaffhausen, hinterlässt auch beim Prozess am Kantonsgericht Schaffhausen einen irren Eindruck.

Seine Taten vom 24. Juli 2017 bezeichnet der gebürtige Basler inzwischen als «Fehler». Damals schreitet F. W. mit einer laufenden Motorsäge bewaffnet in die Schaffhauser CSS-Filiale – attackiert dort mit rotierenden Klingen die beiden Versicherungsberater M. F.* (42) und A. B.* (47) (BLICK berichtete).

Glück, dass es keine Toten gab

Pures Glück, dass keiner der beiden Opfer getötet wird. «Ich entschuldige mich bei den beiden CSS-Mitarbeitern und bedaure sehr, was geschehen ist», beteuert F. W. in seinem Schlusswort.

Doch das wahre Ausmass seiner Taten scheint der an Schizophrenie erkrankte Angeklagte nicht zu erfassen. Geistesabwesend sitzt er da, als der Staatsanwalt die Details des zwar nur einminütigen, aber äusserst brutalen Angriffs nachzeichnet.

Wirre Aussagen zum Motiv

Er selbst gibt an, von «Geisteskräften» zu der Wahnsinnstat getrieben worden zu sein. Weil W. seine Prämien nicht bezahlt hatte, weigerte sich CSS-Mitarbeiter M. F., einer Forderung seines späteren Peinigers nachzukommen.

Damit war für F. W. klar, dass durch den Versicherungsberater hindurch der Teufel wirkt. «Ich hatte Todesangst. Mir ging es nur darum, mich zu wehren», so der Motorsägen-Mann zu seinem vermeintlichen Motiv.

«Es ging mir nicht darum, jemanden zu zerschneiden, sondern Distanz zu schaffen», so der einstige Dachdecker weiter. Nach einem Unfall mit einer Vespa vor 20 Jahren ist sich der selbsternannte «Weltenbummler» sicher, an einem Schädel-Hirn-Trauma zu leiden. Dass er stattdessen einfach einem Wahn verfallen ist, will er nicht glauben: «Ich hatte keine Krankheit, die mich ausflippen liess. Und töten wollte ich auch niemanden.»

Wahnhafte Ausführungen

Es störe ihn, dass seine «Geisteskräfte» als Wahn abgetan würden. Gleichzeitig erzählt er davon, wie Jesus Christus ihn einst in seiner Mansardenwohnung am Boden festgenagelt habe.

In einem selbstverfassten Manifest zum Ende der Verhandlung behauptet er gar: «Ich werde gezwungen, Medikamente einzunehmen. Das ist Folter!» Doch um wieder in Freiheit leben zu können, wird F. W. kaum um die von ihm gehassten Psychopharmaka herumkommen.

Therapie statt Knast

Denn das Kantonsgericht Schaffhausen stellt in seinem Urteil zwar die schuldlose Begehung der Tötungsversuche fest, ordnet aber stattdessen eine stationäre Massnahme an.

Thomas Fingerhuth, Anwalt von F. W., hatte dagegen darauf plädiert, diesen umgehend freizulassen. Im juristischen Sinn habe gar keine Tat stattgefunden. Daher kündigte er nach dem Urteil bereits Berufung an. Seine Androhung: «Wenn nötig gehen wir damit bis vor Bundesgericht!»

*Namen der Red. bekannt

Prozess im Ticker

KG Schaffhausen: Prozess um Motorsägen-Mann
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