Sixpack statt Dosenbier
Unsere Jugend steht auf Fitness

Mit Sixpack und starken Armen. So präsentieren sich immer mehr Junge in sozialen Medien. Dahinter stecken viel Hardcore-Training und Verzicht.
Publiziert: 05.03.2017 um 23:56 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 13:58 Uhr
Jugendliche verzichten wegen Sport auf Alkohol
2:25
Crossfit braucht Disziplin:Jugendliche verzichten wegen Sport auf Alkohol
Anian Heierli

Das Credo unserer Jugend? Ein Sixpack statt Dosenbier. Rauchen, Saufen und Kiffen sind out. Die Teenie-Cliquen treffen sich zum Training im aufgeräumten Fitnessstudio statt in einer dunklen Billard-Bar. Gerne verzichtet man auf überflüssige Genussmittel und verfolgt viel lieber Ernährungspläne. Live im Internet. Die Erfolge werden auf den Social-Media-Kanälen zelebriert. Die hochgeladenen Fotos bringen Anerkennung. Im Freundeskreis. Und in der Fitness-App. 

Crossfit-Trainer Michael Schumacher (30) aus Winterthur ZH lebt den Trend vor – täglich! Seine Kurse besucht, wer gewillt ist, zu leiden. Klimmzüge zur Zehenspitze, Rennen und Gewichte heben – alles auf Zeit bis zur totalen Erschöpfung! «Wir haben Programme, bei denen jeder nach fünf Minuten am Boden liegt», sagt Schumacher nicht ohne Stolz.

Wartelisten für das Hardcore-Training

Crossfit boomt. Die Sportart kommt aus den USA und wurde für militärische Spezialeinheiten entwickelt – eine Kombination aus verschiedenen Fitnessdisziplinen. Für Schumachers Hardcore-Drill existieren sogar Wartelisten. Denn: Crossfit gilt als perfekter Mix aus Kraft und Ausdauer.

Klassische Sportvereine haben hingegen mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen. Warum? «Die Jungen sehen online diverse Crossfit-Athleten, die fast Unmenschliches leisten», sagt Schumacher. «Das wollen sie dann auch können.» Doch die Gesundheit seiner Schützlinge ist dem Trainer wichtig: «Deshalb muss ich manche bremsen.»

Leistung steht im Vordergrund

Beim Crossfit steht Leistung im Vordergrund. Reiner Körperkult ist für Schumacher zweitrangig. Knallhart trainiert wird trotzdem. Im Studio mischt sich Stöhnen mit lauter Musik. Auffallend viele Frauen sind dabei – eine von ihnen ist Nadine Häfeli (20). «Ja, ich bin über Social Media zum Crossfit gekommen», sagt sie. Ihr Ziel: «Einfach gesund sein.»

Dafür arbeitet sie hart. Vier- bis fünfmal pro Woche trainiert die junge Frau. Auch auf die Ernährung achtet sie natürlich: «Kürzlich verzichtete ich drei Monate auf Salz, Zucker und Alkohol und ass vor allem Gemüse. Fastfood war in dieser Zeit tabu.»

«Auf Instagram suche ich Bestätigung»

Häfeli lässt sich beim Essen von der Foto-Plattform Instagram inspirieren. Stolz zeigt sie ihren durchtrainierten Körper: «Klar erntet man dafür Anerkennung.» Und weiter: «Auf Instagram suche ich schon auch Bestätigung und helfe Gleichgesinnten mit Tipps.»

Nicht jeder Sportfreund mutiert beim Crossfit zum Fanatiker. Bei Simon Schurter (26) sieht man zwar jede Sehne – auf den Social-Media-Kanälen ist er mehr ein Phantom.

Optisch gleicht Schurter einem Olympischen Siebenkämpfer, spielt aber Volleyball auf Nati-B-Niveau. Seine Motivation: «Ich mache vier- bis sechsmal pro Woche Crossfit, eigentlich weil mich Volleyball allein körperlich nicht genug fordert.» Der Software-Ingenieur räumt offen ein: «Da bleibt nicht viel Zeit für anderes!»

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