Trotz Raser-Verfahren kandidiert der Aargauer CVP-Politiker Paul Huwiler als Gemeindeammann
Mit 144 km/h an die Spitze von Wohlen!

Eines ist schon mal sicher: In Wohlen AG wird es den Bürgern nicht langweilig. Erst gerade mussten sie die Amtsenthebung ihres langjährigen Gemeindeammanns mitverfolgen. Und jetzt müssen sie gar selber entscheiden, ob sein Nachfolger ein Raser sein wird.
Publiziert: 16.08.2017 um 23:47 Uhr
|
Aktualisiert: 12.09.2018 um 13:16 Uhr
Paul Huwiler (56, CVP) ist amtierender Vizeammann von Wohlen AG. Er hat ein Strafverfahren wegen Raserei am Hals. Dennoch will er Gemeindeammann werden.
Foto: Zvg
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Ralph Donghi

In Wohlen AG wird zurzeit heftig diskutiert: Darf ein Raser Gemeindeammann werden? Bis am 24. September müssen die Wohler eine Antwort haben. Dann wird der neue Gemeindeammann gewählt. Doch es gibt nur zwei Kandidaten. Und einer von ihnen wurde mit 144 km/h erwischt. Ausserorts!

Der Temposünder: Paul Huwiler (56, CVP), amtierender Vizeammann. «Das ist doch nicht von nationalem Interesse», winkt Huwiler ab, als BLICK ihn zur Raserei und Kandidatur befragen will. Doch er sagt: «Ich beantworte dazu keine Fragen.»

Nur noch zu Fuss oder mit dem Velo unterwegs

In der «Aargauer Zeitung» sprach Huwiler Ende Juni über seine Tempo-Bolzerei, als er noch auf die Kandidatur verzichten wollte. Er sagte unter anderem, er wolle Gerüchten vorbeugen. «Man wird ja ohnehin feststellen, dass ich nur noch zu Fuss oder mit dem Velo unterwegs bin.» Er gab zu: «Ja, ich habe mich in Zeitnot auf dem Weg zu einem beruflichen Termin leider zu einer unüberlegten Handlung hinreissen lassen.»

Vom Lasergerät erfasst wurde Huwiler in seinem Auto am Nachmittag des 23. Juni 2017 – zwischen Oberlunkhofen AG und Arni AG. Die Polizei hielt ihn an und informierte wegen der massiven Tempoüberschreitung (netto 60 km/h) die Staatsanwaltschaft. Diese eröffnete eine Strafuntersuchung. Huwiler gilt laut Gesetz als Raser. Die Polizei nahm ihm das Billett ab und beschlagnahmte seinen Wagen, den er mittlerweile wieder hat.

Huwiler tut es sehr leid 

Huwiler sagt, er bereue den Sachverhalt, der ihm sehr nahe gehe, und bitte dafür öffentlich um Entschuldigung. Es sei absolut unvernünftig gewesen.

Doch er betonte auch: «Ich bin kein Raser und halte mich in aller Regel an die geltende Höchstgeschwindigkeit.» Zudem fahre er weder ein übermotorisiertes Auto, noch sei er bisher je wegen einer grösseren Geschwindigkeitsüberschreitung gebüsst worden. Fakt sei aber: «Ich war massiv zu schnell unterwegs. Das hat für mich harte Konsequenzen, und die werde ich tragen.»

Mindestens ein Jahr Gefängnis

Das Verfahren ist bei der Staatsanwaltschaft hängig. Und: Huwiler wird nicht mit einem Strafbefehl davonkommen. Grund: «Beim Rasertatbestand beträgt die Mindeststrafe ein Jahr Freiheitsstrafe», so Sprecherin Fiona Strebel. «Deshalb muss die Staatsanwaltschaft in einem solchen Fall immer Anklage erheben.» Dies ist noch nicht geschehen. Sicher ist: Huwiler muss vor Gericht.

Klar ist seit wenigen Tagen auch: Huwiler will nun doch Ammann werden. Was sagt sein einziger Konkurrent zur Raserei? «Ich möchte mich nicht dazu äussern», so Gemeinderatskollege Arsène Perroud (40, SP). Immerhin macht er eines jetzt schon besser als Huwiler: Betreffend seiner Ziele verweist Perroud freundlich auf seine Homepage.

Einer, der kein Blatt vor den Mund nimmt, ist der einheimische Grossrat Jean-Pierre Gallati (50, SVP). «Huwilers Raserei ist inakzeptabel», sagt er. Doch er scheint dennoch eher den CVP-Mann anstatt den SPler zu wählen. «Ich lasse dies noch offen», so Gallati. Nur so viel: «Die Raserei disqualifiziert Huwiler nicht für das Amt als Gemeindeammann.» Ob dies bei den Wahlen alle Wohler so sehen?

Wählbar trotz allem

Es ist nicht verboten, als bereits vorbestrafter oder verurteilter Politiker für ein Amt zu kandidieren. Auch ein laufendes Strafverfahren spielt rechtlich keine Rolle. Am Ende entscheiden die Wähler, ob sie einen solchen Hintergrund des Politikers akzeptieren wollen. In der Schweiz gab es immer wieder Vorfälle im Strassenverkehr mit Politikern. Der Tessiner CVP-Politiker Filippo Lombardi (61) musste zum Beispiel sechs Mal seinen Führerausweis abgeben.

Generell steht das Raser-Gesetz nach vier Jahren bereits zur Diskussion. Der Bundesrat schlägt vor, die Mindeststrafe für Raser abzuschaffen: «Es gibt Fälle, in denen die Überschreitung ohne Vorsatz erfolgt und das Strafmass von mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe als unverhältnismässig angesehen werden kann.» Die Verkehrskommission des Nationalrats wird den Vorschlag zur Revision der Via-Sicura-Massnahmen am 21. und 22. August diskutieren. Eine Woche später ist die Verkehrskommission des Ständerats an der Reihe.

Es ist nicht verboten, als bereits vorbestrafter oder verurteilter Politiker für ein Amt zu kandidieren. Auch ein laufendes Strafverfahren spielt rechtlich keine Rolle. Am Ende entscheiden die Wähler, ob sie einen solchen Hintergrund des Politikers akzeptieren wollen. In der Schweiz gab es immer wieder Vorfälle im Strassenverkehr mit Politikern. Der Tessiner CVP-Politiker Filippo Lombardi (61) musste zum Beispiel sechs Mal seinen Führerausweis abgeben.

Generell steht das Raser-Gesetz nach vier Jahren bereits zur Diskussion. Der Bundesrat schlägt vor, die Mindeststrafe für Raser abzuschaffen: «Es gibt Fälle, in denen die Überschreitung ohne Vorsatz erfolgt und das Strafmass von mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe als unverhältnismässig angesehen werden kann.» Die Verkehrskommission des Nationalrats wird den Vorschlag zur Revision der Via-Sicura-Massnahmen am 21. und 22. August diskutieren. Eine Woche später ist die Verkehrskommission des Ständerats an der Reihe.

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Immer wieder Ärger im Gemeindehaus

Auch der Ex-Gemeindeammann von Wohlen AG machte Schlagzeilen. Walter Dubler (62, parteilos) wurde vorgeworfen, er habe sich zu hohe Pensionskassenbeiträge einzahlen lassen. Zudem habe er Entschädigungen für seine Tätigkeit als Präsident eines Verbands in den eigenen Sack gesteckt.

Im Oktober 2015 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen Dubler. Vorwürfe: ungetreue Geschäftsbesorgung und mehrfacher Betrug. Einen Monat später musste Dubler gehen.

Im März 2016 verurteilte ihn das Gericht zu einer Busse von 5000 Franken unbedingt. Dubler zog das Urteil vor Obergericht. Es erhöhte die Busse um 1000 Franken. Dubler ging vor Bundesgericht.

Ende Juni 2017 hob das Bundesgericht das Urteil auf. Der Fall ging zur Neubeurteilung zurück ans Obergericht. Faktisch ist Dubler freigesprochen. Ammann will er nicht mehr sein.

Auch der Ex-Gemeindeammann von Wohlen AG machte Schlagzeilen. Walter Dubler (62, parteilos) wurde vorgeworfen, er habe sich zu hohe Pensionskassenbeiträge einzahlen lassen. Zudem habe er Entschädigungen für seine Tätigkeit als Präsident eines Verbands in den eigenen Sack gesteckt.

Im Oktober 2015 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen Dubler. Vorwürfe: ungetreue Geschäftsbesorgung und mehrfacher Betrug. Einen Monat später musste Dubler gehen.

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