Syrien
Maas und Cavusoglu gehen auf Distanz zu Kramp-Karrenbauers Plan

Der deutsche Aussenminister Heiko Maas und sein türkischer Amtskollege Mevlüt Cavusoglu räumen dem Plan der deutschen Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer für eine Uno-Schutztruppe in Nordsyrien derzeit keine Chance ein.
Publiziert: 26.10.2019 um 20:14 Uhr
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Aktualisiert: 26.10.2019 um 20:44 Uhr
Wusste schon immer alles besser: der türkische Präsident Erdogan. Schon vor längerer Zeit soll er dasselbe vorgeschlagen haben, was nun der deutsche Aussenminister Maas in Ankara zur Sprache bringt. Aber man habe ihm nicht folgen wollen, jetzt sei es zu spät, hiess aus der türkischen Regierung.
Foto: Keystone

«Überall wird uns gesagt, das sei kein realistischer Vorschlag», sagte Maas am Samstag nach einem Treffen mit Cavusoglu in Ankara. In dem Gespräch habe der Vorschlag der CDU-Chefin für eine von Blauhelmsoldaten geschützte Sicherheitszone daher auch kaum eine Rolle gespielt. «Für Dinge, die im Moment eher theoretischen Charakter haben, hat uns die Zeit gefehlt, weil den Menschen in Syrien die Zeit für theoretische Debatten fehlt.»

Kramp-Karrenbauer ging nicht auf Maas' Äusserungen in Ankara ein, als sie sich am Samstagabend am Rande einer Wahlkampfveranstaltung in der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt äusserte. «Mir geht es um die Sache», sagte sie nur. Was Erdogan und Putin kürzlich in Sotschi verhandelt hätten, sei keine dauerhafte Lösung für Syrien. Die deutsche Regierung setze sich weiter dafür ein, dass eine bessere gefunden werde.

Kramp-Karrenbauer hatte Anfang der Woche im Alleingang die Sicherheitszone im Grenzgebiet zur Türkei vorgeschlagen. Die Türkei war am 9. Oktober in Nordsyrien einmarschiert, um die von ihr als Terrororganisation angesehene Kurdenmiliz YPG zu verdrängen.

Maas und seine SPD haben sich nicht hinter den Vorschlag Kramp-Karrenbauers gestellt. Auch Cavusoglu nannte den Plan während des gemeinsamen Auftritts am Samstag mit Maas «nicht realistisch".

Präsident Recep Tayyip Erdogan habe die Idee schon vor Jahren unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel vorgeschlagen. Aber nun seien am Boden andere Akteure aktiv, unter anderem das syrische «Regime» und Russland. «Insofern finden wir diesen Vorschlag mittlerweile nicht mehr sehr realistisch.» Cavusoglu empfahl, dass man sich in Deutschland erst einmal untereinander einig werde.

Kramp-Karrenbauer hatte ihren Vorschlag am Donnerstag auch an einem Nato-Treffen in Brüssel vorgestellt. Öffentlich hat sich noch kein Land dahinter gestellt.

Ein Ziel der international kritisierten türkischen Offensive war die Einrichtung eines Grenzstreifens unter türkischer Kontrolle, aus der sich alle Kurdenmilizen zurückziehen sollten. Dort will die Regierung zudem Millionen syrischer Flüchtlinge ansiedeln, die bisher in der Türkei leben und zunehmend als Bürde wahrgenommen werden.

Die Türkei und Russland haben sich inzwischen darauf verständigt, nordsyrische Grenzgebiete zur Türkei gemeinsam zu kontrollieren. Eine mit Russland vereinbarte 150-stündige Feuerpause zum Abzug der YPG-Kämpfer soll am Dienstagabend Ortszeit auslaufen.

Die Gespräche zwischen Maas und Cavusoglu fanden in gespannter Atmosphäre statt. Nachdem Maas am Donnerstag angekündigt hatte, dass er nach Ankara reisen werde, um dort unter anderem auf eine dauerhafte Waffenruhe zu dringen, hatte sein Amtskollege ihm - öffentlich - zu verstehen gegeben, dass er mit «erhobenem Zeigefinger» nicht willkommen sei.

Ein Treffen mit Präsident Erdogan gab es für Maas diesmal nicht. Erdogan hatte Maas dessen Äusserungen zu Syrien übelgenommen. Hinsichtlich wegen der Offensive verhängter deutscher Rüstungsexportbeschränkungen hatte er ihn türkischen Medienberichten zufolge vor rund zehn Tagen während eines Fluges heruntergemacht und ihn einen politischen «Dilettanten» genannt.

Noch während Maas im Land war, warnte Erdogan erneut, dass die Türkei den Millionen syrischen und anderen Flüchtlingen im Land die Türen Richtung Europa öffnen werde, sollte sie für ihre Pläne für die Pufferzone in Nordsyrien und die Ansiedlung von Flüchtlingen keine Hilfe bekommen. Dafür hatte die Türkei bei deutschen Politikern wiederholt geworben.

Aus Sicht des türkischen Verteidigungsministers Hulusi Akar läuft der Abzug von Kurdenmilizen aus dem nordsyrischen Grenzstreifen aber derzeit «nach Plan". Das sagte Akar Anadolu zufolge in Brüssel, wo sie die Aussenminister der Nato-Mitgliedsstaaten getroffen hatten.

Das russische Verteidigungsministerium warf währendessen US-Truppen massiven Diebstahl grosser Ölmengen aus Syrien vor. Das Öl werde gefördert, abgefüllt und ausser Landes gebracht, sagte Generalmajor Igor Konaschenkow einer vom Ministerium veröffentlichen Mitteilung zufolge. Es widersprach damit der Darstellung aus Washington, nach der die US-Truppen die Ölquellen unter anderem vor islamistischen Terroristen schützen.

(SDA)

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