Christine Lagarde hält Zinsen tief
Die neue EZB-Chefin ist eine schlechte Wahl für Schweizer Sparer

Trotz ihrer hervorragenden Qualifikation: Die Wahl von Christine Lagarde ist schlecht für Schweizer Sparer und Pensionskassen. Denn damit wird die Tiefzinspolitik in Europa weitergeführt, und der Schweizer Nationalbank sind weiter die Hände gebunden.
Publiziert: 03.07.2019 um 19:38 Uhr
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Aktualisiert: 05.03.2020 um 08:25 Uhr
Herzliche Begegnung unter mächtigen Wirtschaftsfrauen: Christine Lagarde (l.) begrüsst Margarita Louis-Dreyfus am WEF 2014 in Davos.
Foto: Claudia Gnehm
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Christian Kolbe

Als ehemalige Synchronschwimmerin ist es Christine Lagarde (63) gewohnt, auch dann weiter zu lächeln, wenn unter der Wasseroberfläche die Beine bereits zu schmerzen beginnen. Mit dieser Erfahrung wird die Französin alle Kritiker weglächeln, die ihre Nominierung als Nachfolgerin von EZB-Präsident Mario Draghi (71) keine so überzeugende Idee finden. Die Chefin des Internationalen Währungsfonds IWF soll am 1. November die Nachfolge von Draghi antreten, ihre Wahl gilt als Formsache.

Zu diesen Kritikern gehört auch Urs Birchler (69), emeritierter Bankenprofessor an der Universität Zürich und langjähriger Nationalbanker. Nicht, dass Birchler etwas an der Qualifikation der ehemaligen französischen Finanzministerin auszusetzen hätte, die er an internationalen Konferenzen schon persönlich getroffen hat. Auch stört es ihn nicht, dass mit Lagarde künftig eine Juristin an der Spitze der EZB stehen wird. Ihr künftiger Amtskollege Jerome Powell (66) von der US-Notenbank ist ebenfalls kein gelernter Ökonom.

Kein Spielraum für Schweizer Geldpolitik

Was Birchler aber wirklich stört: Mit der Wachablösung an der Spitze der Europäischen Zentralbank zeichnet sich keine geldpolitische Wende ab. «Würde Lagarde für eine andere Geldpolitik stehen, dann hätte der Euro stark aufwerten müssen.» Das hat er aber nicht getan, gestern wie heute kostet der Euro 1.11 Franken.

Die Wahl von Lagarde hat Konsequenzen für die Schweiz: «Das Umfeld für die Schweizer Geldpolitik wird sich nicht ändern.» Das heisst, die Zinsen werden auf lange Zeit tief oder gar negativ bleiben. Schlechte Nachrichten für Sparer und Pensionskassen.

Auch wenn sich geldpolitisch nichts ändern wird: Lagarde steht für Erneuerung. Die Vegetarierin und Abstinenzlerin setzt sich sehr für die Sache der Frau und gemischte Teams ein, auch weil sie aus eigener Erfahrung weiss, wie es sich anfühlt, als einzige Frau einem Männergremium sagen zu müssen, wo es lang geht.

Denn Lagarde ist nicht nur die erste Frau an der Spitze der EZB, vor ihr gab es auch noch keine IWF-Chefin oder eine französische Finanzministerin. Und dank Lagarde hat der IWF zum ersten Mal in der Geschichte eine Chefökonomin. Von Lagarde stammt der Spruch, die Finanzkrise wäre anders ausgegangen, wenn die «Lehman Brothers» «Lehman Sisters» gewesen wären.

Entspannung bei Joga und Gartenarbeit

Die Absolventin französischer Eliteuniversitäten weiss, wovon sie spricht: Während der Finanzkrise hat sie sich einen Ruf gemacht als Krisenmanagerin. Legendär ist die sogenannte Lagarde-Liste: eine Aufstellung griechischer Steuerflüchtlinge, die in Athen für einigen politische Aufruhr sorgte.

Ebenfalls ein Pluspunkt für Lagarde: Seit ihrer Zeit an der Spitze der globalen Anwaltskanzlei Baker & McKenzie in Chicago– auch dort hat sie sich als Krisenmanagerin bewährt – pflegt sie ausgezeichnete Kontakte zu Entscheidungsträgern in der amerikanischen Politik und Wirtschaft.

Auch mit der Schweiz ist Lagarde bestens vernetzt. Regelmässig war die IWF-Chefin als Teilnehmerin am Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos. In die Schweizer Berge wird sie auch als EZB-Chefin zurückkehren. Besonders gut befreundet ist Lagarde mit dem ehemaligen obersten Schweizer Notenbanker Philipp Hildebrand (55) und seiner Partnerin, der Multimilliardärin Margarita Louis-Dreyfus (57). Wie engtdie Freundschaft der beiden mächtigen Wirtschaftsfrauen ist, belegt unter anderem eine sehr herzlichen Umarmung bei einem Treffen am WEF 2014, wie BLICK beobachten konnte.

Ganz ohne Kratzer verlief allerdings die Bilderbuch-Karriere der Mutter zweier Söhne nicht: Den tiefsten Kratzer hat die Affäre Tapie hinterlassen. Lagarde war als Ministerin für eine dubiose Zahlung von 400 Millionen Euro an Bernard Tapie im Zusammenhang mit dem Verkauf Sportartikelfirma Adidas verantwortlich. Das trug ihr Jahre später eine Verurteilung wegen «Fahrlässigkeit im Amt» ein. Auf eine Strafe allerdings haben die Richter verzichtet.

Auch diese Krise hat Lagarde mit einem Lächeln weggesteckt. Dabei hilft der eleganten und gross gewachsenen Französin, dass sie regelmässig Yoga treibt oder Entspannung bei der Gartenarbeit findet.


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