Raiffeisen-Delegierter Sidler nennt Fuhrer-Rücktritt «Schnellschuss»
«Finden die Ermittler keine Macke bei Gisel, bleibt er CEO»

In Lugano kam es heute zum Raiffeisen-Showdown. Delegierte aus der ganzen Schweiz rechneten mit der Führung ab.
Publiziert: 15.06.2018 um 23:48 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 20:51 Uhr
Jetzt redet der oberste Raiffeisen-Delegierte
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Kurt Sidler im BLICK-Interview nach der Delegiertenversammlung:Jetzt redet der oberste Raiffeisen-Delegierte
Konrad Staehelin

Die heutige Delegiertenversammlung (DV) von Raiffeisen Schweiz in Lugano TI könnte ein schönes Ausflügli für die 164 Abgesandten sein: ein Rekord-Jahresergebnis 2017 im Rücken – und es herrscht Badi-Wetter.

Die Stimmung, wenn sich die Delegierten aus allen Ecken der Schweiz um 8.30 Uhr im Kongresszentrum direkt am See treffen werden, ist aber von Krise und Chaos geprägt. Sie müssen den Scherbenhaufen zusammenkehren, der sich nach dem Fall ihres Ex-Königs Pierin Vincenz (62) aufgetürmt hat.

Mit über 11'000 Mitarbeitern in der Schweiz belegt die Raiffeisen Bank den 10. Platz im GfK-Ranking der renommiertesten Unternehmen. Damit ist sie die einzige Bank, die es dieses Jahr auf die vorderen Plätze der 50 untersuchten Unternehmen geschafft hat. Laut Raiffeisen-Website verwaltet die drittgrösste Schweizer Bank 173 Milliarden Franken in Hypotheken.
Foto: Keystone
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Bloss, sind sie überhaupt die Richtigen dafür? «Vielen Delegierten fehlt die Unabhängigkeit, entweder weil sie Angestellte von Raiffeisenbanken sind, oder weil sie mit solchen Aufgaben schlicht überfordert sind», kritisierte Marc Kaeslin (65), Verwaltungsratspräsident der Raiffeisenbank Horw LU gestern im BLICK. Er boykottiert die DV in Lugano.

Stimmt, sofern sich das überprüfen lässt. Zwar wird die Liste der Delegierten unter Verschluss gehalten. Doch jene Delegierten, mit denen BLICK Kontakt hatte, sind in der Tat alle VR-Präsidenten oder Geschäftsleiter lokaler Raiffeisenbanken.

Viel Platz für die Delegierten: Im Luganeser Kongresszentrum kommts zum Showdown.

Vincenz erholt sich an einem geheimen Ort

Kurt Sidler (63), Präsident des Raiffeisen-Regionalverbandes Luzern, Ob- und Nidwalden und einer der wichtigsten Delegierten in Lugano, fand diese Vorwürfe im Gespräch am Seeufer gestern nicht fair: «Genau diese Mischung aus Bank-Angestellten und VR-Mitgliedern aus anderen Wirtschaftssektoren garantiert eben, dass der Bankspitze richtig auf die Finger geschaut wird.»

Pierin Vincenz erholt sich derweil an einem geheimen Ort von seinen über drei Monaten U-Haft. Erst vergangenen Dienstag wurde er freigelassen (BLICK berichtete). Er soll sich mit Hinterzimmer-Deals unter dem Raiffeisen-Dach die Taschen gefüllt haben. Es gilt die Unschuldsvermutung.

1. November 2017: Die Finma ermittelt gegen Pierin Vincenz.
Foto: KEYSTONE/GAETAN BALLY / GAETAN BALLY
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Alle brisanten Punkte heute drehen sich um sein Erbe: Erstens die Ergebnisse der Raiffeisen-internen Untersuchung der rund 100 Vincenz-Deals. Zweitens die Opposition gegen die 40-Prozent-Lohnerhöhung, die der VR trotz Imagekrise eingestrichen hat. Eine sogenannte Décharge, also eine Entlastung des VR und der Geschäftsführung durch die Delegierten, obwohl die Finanzmarktaufsicht (Finma) den VR am Donnerstag in ihrem Bericht als quasi blind dargestellt hat, soll es jedenfalls nicht geben. Das habe der Verwaltungsrat laut «Tagesanzeiger» am Freitag in einer ausserordentlichen Sitzung so beschlossen.

Korrektur: In einer ersten Version dieses Artikels hat es geheissen, dass der Kongress im Kulturzentrum Lugano Arte e Cultura (LAC) stattfindet.

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